Erstmals ökumenischer Gottesdienst mit Nationalratsabgeordneten

30. April 2014 in Österreich


Kardinal Schönborn, Bischof Bünker und Metropolit Kardamakis feiern mit Parlamentariern aller im Nationalrat vertretenen Parteien Gottesdienst - Bünker: Kirchen nehmen Politiker ins Gebet, damit sie ihren Dienst mit "Festigkeit des Herzens, Leidensc


Wien (kath.net/KAP) Novum für Kirchen und Politik in Österreich: Erstmals haben Nationalratsabgeordnete aller sechs Parlamentsfraktionen an einem offiziellen ökumenischen Gottesdienst anlässlich der neuen Gesetzgebungsperiode teilgenommen. Dem Gottesdienst standen der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, der Vorsitzende der orthodoxen Bischofskonferenz, Metropolit Arsenios Kardamakis und der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker vor, der auch die Predigt hielt. 25 Abgeordnete aus allen Parteien hatten sich zur ökumenischen Feier angemeldet, die am Donnerstagabend in der Wiener Hofburgkapelle unweit des Parlamentsgebäudes stattfand.

Kardinal Christoph zeigte sich zu Beginn des Gottesdienstes mit den Abgeordneten erfreut über diese Premiere. "Danke für dieses Zeichen der Eintracht", so Schönborn wörtlich. Eine stabile gesellschaftliche Ordnung, soziale Gerechtigkeit und gegenseitiger Respekt seien Vorraussetzung für den Frieden. "Den Frieden zu erhalten, ist die wichtigste Ausgabe der Politik", so der Kardinal wörtlich und weiter: "Freiheit, Eintracht, Wohlergehen. - Das zu ermöglichen ist die Kunst der Politik." Dafür wolle man nun auch im Rahmen des Gottesdienstes bitten.

Es sei "für die Kirchen von alters her üblich, Menschen, die das politische Geschäft übernehmen und sich in den Dienst des Allgemeinen stellen, ins Gebet zu nehmen", betonte Bischof Bünker in seiner Predigt über eine Stelle aus dem 1. Korintherbrief. Dies sei nicht nur wegen einer "gewissen Gnadenlosigkeit" Politikern gegenüber angebracht, sondern weil es den Kirchen nicht egal ist, welche Entscheidungen Politiker treffen oder auch nicht treffen. Als besonders "neuralgische Punkte" seien dabei aus Sicht der Kirche die Themenbereiche Bildung, Soziales und Migration anzusehen. Wenn sich Kirchen, ihre Einrichtungen und Religionsgemeinschaften zu diesen Fragen äußern, "überschreiten sie nicht die Grenze der Trennung von Staat und Kirche. Sie tun es aber im Interesse der Menschen, das uns ja verbindet und Religion und Politik verbindet", so Bünker.

Ausgehend vom Korintherbrief des Apostel Paulus erinnerte der evangelische Bischof daran, Begabungen dazu da seien, "allen zu nutzen, in erster Linie nicht sich selbst und nicht den eigenen, sondern den anderen". Begabungen seien Gnadengaben, die im Griechischen mit "Charisma" übersetz werden, einem für den politischen Menschen wichtigen Begriff, mit dem sich schon der bedeutende Gelehrte Max Weber auseinandersetzte. Nur mit Verantwortungsgefühl, Leidenschaft und Augenmaß "lassen sich beharrlich und kräftig diese harten Bretter bohren, die nach Max Weber Politik bedeuten". Dies sei "nur auf einer guten und vertrauensvollen ethischen Basis möglich, nur mit einer Festigkeit des Herzens", so Bünker mit Verweis auf Weber.

Mit je unterschiedlichen Aufgaben und Gaben sei es "die gemeinsame Herausforderung, in unseren Wirkungsbereichen immer wieder damit zu beginnen, dass Frieden zwischen den Menschen herrscht, dass Gerechtigkeit geübt wird und dass Gottes gute Schöpfung bewahrt wird", schloss Bischof Bünker seine Schriftauslegung. Kardinal Schönborn, Metropolit Arsenios und Bischof Bünker spendeten gemeinsam den Segen am Ende des Gottesdienstes, für dessen musikalische Gestaltung mit Orgel und Schola Prof. Erwin Ortner verantwortlich war.

Die Initiative zum ökumenischen Gottesdienst mit den Parlamentariern ist vom Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, ausgegangen, der für Einladung und Vorbereitung zuständig war. Obwohl die konstituierende Sitzung des Nationalrats bereits am 29. Oktober 2013 erfolgt ist, war ein früherer Termin für den Gottesdienst nicht möglich. Die Wahlen für den Nationalrat hatten einen Monat davor am 29. September stattgefunden. Aufgrund des Wahlergebnisses sind derzeit sechs Fraktionen mit insgesamt 183 Mandataren im Parlament vertreten: SPÖ (52), ÖVP (47), FPÖ (40), die Grünen (24), die Liste Stronach (11) und die NEOS (9).

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