Denken Christen nur an Sex?

23. April 2014 in Weltkirche


Vor allem ‚konservativen’ Christen wird oft vorgeworfen, sie seien vom Thema Sexualität beherrscht. Dass dies nicht so ist zeigt ein Beitrag von Nathaniel Givens.


Richmond (kath.net/jg)
Nathaniel Givens ist Informatiker und arbeitet als Softwareentwickler. Neben Technik und Science Fiction interessiert er sich auch für Theologie. Auf dem Blog First Things ist ein Beitrag von ihm veröffentlicht, in dem er sich mit der Frage auseinander setzt, ob „konservative“ Christen vom Thema Sex „besessen“ sind.

Immer wieder würde von der „christlichen Linken“ der Ermahnung kommen, „konservative“ Christen sollten sich nicht so sehr auf sexuelle Fragen konzentrieren, schreibt er einleitend. Dies sei ein kluger Schachzug, denn dadurch würde nicht nur die traditionelle Sexualmoral relativiert, sondern gleichzeitig denjenigen die sie vertreten unlautere Motive unterstellt, fährt Givens fort.

Tom Ehrich, ein einflussreicher Autor und Pastor der episkopalen Kirche, habe erst vor kurzem ein gutes Beispiel dafür geliefert. „Wir sind von Sex besessen, einem Thema, das Jesus ignoriert hat. Unser öffentliches Auftreten beschränkt sich auf Fragen zu Abtreibung und Homosexualität. Die ‚christliche’ politische Agenda besteht nur darin, Kandidaten mit der richtigen Einstellung zu Abtreibung und Homosexualität zu wählen“, zitiert er aus einem Artikel von Ehrich auf Religion News Service.

Im weiteren Verlauf zerpflückt Givens die Behauptungen Ehrichs.

Jesus habe die Sexualität nicht ignoriert, sondern klare moralische Anweisungen dazu gegeben, schreibt Givens. Er erinnert an die Lehre Jesu zur ehelichen Treue und daran, dass Jesus die Ehebrecherin aufgefordert habe, nicht mehr zu sündigen (Joh 8,11). Im Matthäusevangelium habe Jesus sogar gesagt, dass jeder der eine Frau auch nur lüstern ansieht, in seinem Herzen bereits Ehebruch mit ihr begangen habe.

Abtreibung sei für die Lebensschutzbewegung vor allem eine Frage des Lebens, nicht der Sexualität. Es seien die Befürworter der legalen Abtreibung, für die das Thema in erster Linie mit Sex zu tun habe. Sie seien es, die den folgenlosen Geschlechtsverkehr zu einem fundamentalen Grundrecht erhoben hätten. Sie seien es, die Sex ohne die Verantwortung für das dabei entstandene Leben haben wollten.

Ähnlich sei der Fall bei der politischen Debatte um die Homosexualität gelagert. Es gehe längst nicht mehr darum, wer mit wem ins Bett gehe, schreibt Givens. Es gehe in Wahrheit um die Definition der wichtigsten sozialen Einrichtung einer Gesellschaft, der Ehe.

Im Zentrum der christlichen Anliegen stehe nicht die Sexualität, sondern die Sorge um die Schwachen und Verwundbaren. Bei der Abtreibung seien das die Ungeborenen, bei der Homo-Ehe stünden die bereits geborenen Kinder im Mittelpunkt, die den „Reichtum und das Potential eines Vaters und einer Mutter benötigen“. In beiden Fällen gehe es den Christen darum, dass das Band der Verantwortung und der Verpflichtung zwischen Eltern und Kindern nicht durchtrennt werde.

Weder Abtreibung noch Homosexualität seien von (konservativen) Christen zu Themen der Politik gemacht worden, fährt Givens fort. Die Abtreibung sei (in den USA) 1973 durch ein Urteil des Obersten Gerichts legalisiert worden. Die Homo-Ehe sei seit den 1990-er Jahren von der Schwulenbewegung verlangt worden, nachdem diese ihre Ansicht dazu geändert habe. Sie verfolge jetzt eine Assimilationsstrategie, welche die Unterschiede zwischen der Homo-Kultur und der Mitte der Gesellschaft zu minimalisieren versuche.

Das Christentum habe nicht plötzlich seine Lehre geändert, schreibt Givens abschließend. Sie sei nicht in den letzten Jahren ins Extrem abgeglitten, sondern sei einer Gesellschaft unbequem geworden, weil sie sich geweigert habe, mit dem Zeitgeist zu gehen.


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