Todesstrafe für Muslimbrüder: Bischof Damian mahnt zur Besonnenheit

26. März 2014 in Weltkirche


Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche für Deutschland, Anba Damian: Zuerst alle anderen Mittel ausschöpfen


Höxter (kath.net/idea) Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche für Deutschland, Anba Damian (Foto), hat nach dem Todesurteil gegen 529 Mitglieder der radikal-islamischen Muslimbruderschaft in Ägypten zur Besonnenheit aufgerufen. Das Urteil war nach einem Prozesstag gefällt worden. 153 befinden sich in Haft, die anderen sind auf der Flucht. Sie waren unter anderem wegen Mordes an Christen angeklagt und sollen an gewalttätigen Demonstrationen nach dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi beteiligt gewesen sein. Eine Berufung gegen das Urteil, das nach einem Tag gefällt wurde, ist möglich. So viele Todesurteile in einem Verfahren sind in Ägyptens Geschichte einzigartig. Die Verfahren gehen weiter; insgesamt sind 1.200 Personen angeklagt. Bischof Damian kündigte gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea an, noch am 25. März Kontakt zur Botschaft der Arabischen Republik Ägypten in Berlin Kontakt aufzunehmen: „Als Ägypter und als Diener der koptischen Kirche in Deutschland werde ich mich dafür einsetzen, dass erst alle anderen Mittel ausgeschöpft werden, bevor man zur Todesstrafe greift.“ Dazu zähle für ihn eine genaue Überprüfung der verurteilten Personen, eine Untersuchung der Fälle durch Kriminalfachleute und eine Analyse von Experten, welche positiven Auswirkungen Erziehungsmaßnahmen und Gefängnisstrafen auf die Angeklagten haben könnten.

Nicht deutsche Maßstäbe anlegen

Bischof Damian will sich nicht konkret zu den einzelnen Fällen äußern, da er die Details nicht kenne. Es müsse Gerechtigkeit geben für die Taten der Muslimbrüder, doch dürfe nicht erneut Gewalt angewendet werden: „Man kann zwar einen Menschen töten, aber niemals eine Ideologie.“ Nach seinen Worten darf man nicht deutsche Maßstäbe an das ägyptische System anlegen: „Das Recht sieht die Todesstrafe vor. Dann muss man einem islamisch orientierten Gericht auch einräumen, eine solche Entscheidung zu treffen.“ Gleichwohl betonte der Bischof, dass das Christentum eine Religion der Liebe und nicht des Hasses und der Strafe sei: „Ich habe keine Freude daran, meinen Feind tot vor meinen Augen zu sehen. Christus sagte schließlich: ,Liebet Eure Feinde.‘“

Volker Kauder: Todesurteile schaden Ägypten

Nach Ansicht des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder (Berlin), schaden die Todesurteile Ägypten. Sie könnten eine neue Spirale der Gewalt auslösen. Zwar habe jeder Staat das Recht, sich gegen Terror zur Wehr zu setzen, doch dabei müsse er rechtsstaatliche Prinzipien beachten und dürfe nicht unverhältnismäßig vorgehen. Das Urteil lege den Verdacht nahe, dass die Grundsätze nicht beachtet worden seien, erklärte Kauder, der in den vergangenen Jahren mehrfach nach Ägypten gereist war und sich für den Schutz der christlichen Minderheit eingesetzt hat. Er erwartet in der nächsten Instanz in einem fairen Verfahren eine Korrektur. Es müsse gelingen, die friedlichen Anhänger der Muslimbrüder wieder am politischen Dialog zu beteiligen. Gerechte Prozesse gegen die radikalen und gewaltbereiten Anhänger der Muslimbrüder seien dafür Voraussetzung, so Kauder.

Das ägyptische Militär hatte im Juli 2013 Mursi für abgesetzt erklärt und eine Übergangsregierung eingesetzt. Im Dezember waren die Muslimbrüder zu einer terroristischen Vereinigung erklärt worden. Seit Mitte Januar ist eine neue Verfassung in Kraft, die der christlichen Minderheit mehr Rechte gibt. So ist Diskriminierung aufgrund des Glaubens verboten. Zudem ist die „absolute Glaubens- und Gewissensfreiheit“ ebenso verankert wie das Verbot von Parteien auf religiöser Grundlage, etwa die Muslimbrüder. Die meisten der 83 Millionen Ägypter sind Muslime. Die schätzungsweise bis zu zehn Millionen orthodoxen Kopten bilden die größte Kirche. Hinzu kommen etwa 300.000 Mitglieder der koptisch-evangelischen Kirche, 200.000 Katholiken, mehr als 100.000 Mitglieder von Pfingstgemeinden, Brüdergemeinden und anglikanischen Gemeinden sowie 40.000 griechisch-orthodoxe Christen.

Der koptisch-orthodoxe Bischof Anba Damian erklärt das koptische Kreuz


Foto Bischof Anba Damian © www.koptisch.wordpress.com


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