Marx besorgt über Krim: 'Freies Europa nicht selbstverständlich'

21. März 2014 in Weltkirche


Münchner Erzbischof eröffnete ComCE-Frühjahrvollversammlung in Brüssel - EU-Bischöfe und ukrainischer Bischof Gudzyak erörterten Lage in Kiew und Krim


Brüssel (kath.net/KAP) Reinhard Kardinal Marx (Foto) hat als Präsident der Kommission der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (ComECE) zu einem stärkeren Engagement für Europa aufgerufen. Mit Blick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament vom 22. bis 25. Mai und einer zu befürchtenden geringen Wahlbeteiligung stelle sich "die Frage, ob wir nicht etwas müde und faul geworden sind, uns um die politischen Belange Europas zu kümmern", so der Münchner Erzbischof - er ist auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) - bei der Eröffnung der ComCE-Frühjahrvollversammlung am Mittwoch in Brüssel.

Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine - vor allem die "völkerrechtswidrige russische Invasion auf der Krim" - machten deutlich, "dass die Errungenschaften unseres freien und demokratischen Europas keine Selbstverständlichkeiten sind, sondern der beständigen Unterstützung der Bürger und der Völker bedürfen", betonte Marx in seinem Eröffnungsvortrag zur Vollversammlung: "Auch die europäische Demokratie braucht Tugenden. Das sollten wir uns anlässlich der bevorstehenden Wahl vergegenwärtigen."

Bei dem Aufruf der ComECE handle es sich nicht nur um einen Aufruf zur Stimmabgabe, stellte Marx klar, sondern es gehe auch "um inhaltliche Schwerpunkte, die uns aus der Sicht der katholischen Soziallehre am Herzen liegen". Kardinal Marx unterstrich die "Notwendigkeit von Solidarität in Europa gerade in den wirtschaftlichen Krisenzeiten, durch die viele unserer Länder derzeit noch gehen", und damit verbunden die Forderung nach "einer Sozialen Marktwirtschaft auf europäischer Ebene". Solidarität sei aber nicht nur innerhalb der Grenzen Europas erforderlich, sondern gerade auch "mit Blick auf das Thema Migration und Asyl", erklärte der Kardinal. Gerade weil die katholische Kirche "weltumspannend" sei, "denken wir nicht nur in der europäischen Kategorie, sondern darüber hinaus".

Marx erinnerte in diesem Zusammenhang auch an das Schreiben "Evangelii gaudium" von Papst Franziskus, das eine "Ermahnung und beständige Aufforderung" darstelle, sich "an einer gerechten Gestaltung Europas und an der Mitwirkung der Europäischen Union an einer solidarischen Weltordnung" zu beteiligen. Schließlich sei es Aufgabe der Kirche, "eine ethische Fundierung der Politik in Europa anzumahnen" und "die Gemeinwohlorientierung der Politik immer wieder in Erinnerung" zu rufen.

In Anwesenheit des ukrainischen griechisch-katholischen Bischofs Borys Gudziak wurde im Anschluss über die Ereignisse in Kiew und auf der Krim diskutiert. Gudziak gab den COmECE-Bischöfen einen bewegenden Einblick in Leid und Hoffnungen der Menschen eines Landes, das in der Zeit vom 1. Weltkrieg bis 1989 über 17 Millionen Menschen durch unnatürlichen Tod - Krieg, künstliche Hungersnot, Verfolgung - verloren hat.

Bischof Gudziak, der in Paris residiert, ist in der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche für die ausländischen Beziehungen zuständig. Er ist Augenzeuge der Besetzung des Maidan-Platzes in Kiew, wo er vor großen Menschenmengen gesprochen hat.

In einem Interview für das Hilfswerk "Kirche in Not" machte er dieser Tage deutlich, dass die Kundgebungen auf dem Maidan moralische Prinzipien verteidigt hätten, nicht die Interessen von Parteien. Im Laufe der über drei Monaten hätten Millionen von Menschen an den Kundgebungen teilgenommen, die aus der ganzen Ukraine hierher geströmt seien.

Für Bischof Gudziak war der größte Erfolg des "Maidan", dass mit ihm in der Ukraine der Übergang von einer Kultur der Angst zu einer Kultur der Würde möglich wurde. Von großer Bedeutung sei die Präsenz der Kirchen und Religionsgemeinschaften auf dem Maidan gewesen. In jeder Nacht habe stündlich eine ökumenische Andacht stattgefunden, und auch tagsüber seien die Konfessionen sehr präsent gewesen.

Koordiniert worden seien die Gebete vom Gesamtukrainischen Rat der Kirchen und religiösen Organisationen. Zentralanliegen seien Einheit und Dialog gewesen.

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