Leo XIII. und der Karneval

4. März 2014 in Chronik


Auch die Päpste wussten die „Tollen Tage“ zu feiern – auf ihre ganz eigene Art. Von Ulrich Nersinger


Vatikan (kath.net) In früheren Zeiten haben die Päpste großes Verständnis für das Narrentreiben gezeigt. Als sie noch die uneingeschränkten Herren Roms waren, duldeten sie ihn nicht nur, sondern förderten ihn sogar. Das Jahr 1870 läutete dann nicht nur das Ende des alten Kirchenstaates ein, sondern bescherte auch dem über Jahrhunderte gefeierten „Carnevale Romano“, dem Römischen Karneval, dem Goethe lange Beschreibungen gewidmet hatte, den Niedergang. Entgegen den neuen Herrschern in der Ewigen Stadt standen die Päpste dem Karneval jedoch weiterhin wohlwollend gegenüber.

Leo XIII. (Gioachino Pecci, 1878-1903) litt an chronischer Schlaflosigkeit. Und so arbeitete der Papst oft bis spät in die Nacht hinein. Seine Mitarbeiter waren dies gewohnt. Manchmal wurde es sogar Mitternacht. An einem der Karnevalstage saß der Heilige Vater in seiner Bibliothek mit dem Sekretär der lateinischen Breven zusammen und diktierte ihm aus dem Kopf heraus elegant formulierte Schreiben in der Sprache Ciceros. Der Prälat zeigte jedoch deutlich Anzeichen der Ermüdung und sehnte sich nach nichts anderem als die wohlverdiente Bettruhe. Dann kam er auf die Idee, den Papst mit einem Hinweis auf den Karneval zu einem Ende der Arbeitsaudienz zu bewegen. „Sie haben Recht, Monsignore“, stimmte Leo XIII. dem Sekretär bei. Der greise Pontifex erhob sich, ging zu einem Bücherschrank und entnahm ihm ein abgegriffenes Heft. Dann kehrte er zu seinem Schreibtisch zurück, setzte sich und schlug die vergilbten Seiten mit leuchtenden Augen auf: „Also gut, amüsieren wir uns ein wenig mit den Komödien des Plautus!“

Foto Leo XIII. © kathpedia


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