Scholl-Latour: In Teilen Afrikas wütet ein Religionskrieg

3. März 2014 in Weltkirche


Blutige Konflikte zwischen Muslimen und Christen in Nigeria und Zentralafrika


Kassel (kath.net/idea) In Teilen Afrikas ist nach Ansicht des Journalisten und Bestsellerautors Peter Scholl-Latour ein Religionskrieg im Gange. Als Beispiele nennt er die blutigen Konflikte zwischen Muslimen und Christen in Nigeria und der Zentralafrikanischen Republik. Er befürchte, dass ein „Terror-Korridor“ entstehe, der sich von Zentralafrika und Mali bis nach Libyen an das Mittelmeer erstrecke, sagte er in einem Interview mit der Zeitung HNA (Hessische/Niedersächsische Allgemeine) in Kassel. Am 9. März wird der weit gereiste Journalist 90 Jahre alt. Nach seiner Einschätzung ist das westafrikanische Nigeria von Anfang an eine „Fehlkonstruktion“ gewesen.

Der ölreiche, christlich-naturreligiöse geprägte Süden sei mit den streng muslimisch ausgerichteten Sultanaten und Emiraten im Norden verbunden. Dort mache sich eine Radikalisierung breit. So habe sich die Bewegung Boko Haram (Westliche Bildung ist Sünde) herausgebildet, die mit den Taliban in Afghanistan zu vergleichen sei. Sie will mit Gewalt einen islamischen Gottesstaat durchsetzen, in dem sich alle Bürger das Religionsgesetz, der Scharia, unterwerfen müssen. In den vergangenen drei Jahren hat die Terrororganisation mindestens 5.000 Menschen umgebracht und gezielte Anschläge auf Kirchen verübt. Von den 169 Millionen Einwohnern Nigerias sind etwa 50 Prozent Muslime und 48 Prozent Christen. Die übrigen sind Anhänger von Naturreligionen.

„Extrem grausamer Krieg“ in Zentralafrika

In der Zentralafrikanischen Republik werden die weiter existierenden Stammesunterschiede laut Scholl-Latour zunehmend durch religiöse Konflikte verdrängt. Sie spielten sich nicht nur zwischen Christen und Muslimen ab; auch innerhalb des Islam sei eine Spaltung im Gange. Der Krieg zwischen Christen und Muslimen werde mit „extremer Grausamkeit“ ausgetragen. Christen, die größte religiöse Bevölkerungsgruppe, seien unterdrückt und teilweise massakriert worden. Sie hätten sich dagegen erhoben und eine Gegenregierung gebildet. Die Truppen der früheren Kolonialmacht Frankreich stünden in diesem Konflikt ziemlich hilflos da. Trotz des Reichtums an Rohstoffen, besonders Diamanten, gehört die Zentralafrikanische Republik zu den ärmsten Staaten Afrikas. Katholiken und Protestanten stellen jeweils rund 25 Prozent der rund fünf Millionen Einwohner; 15 Prozent sind Muslime und der Rest Anhänger von Naturreligionen.

Stammeskrieg im Südsudan

Scholl-Latour zufolge ist die ganze Region im Aufruhr. Im Südsudan sei ein Stammeskrieg im Gange, der aber nicht religiös motiviert sei. Der Journalist zeigte sich ratlos im Blick auf mögliche Lösungen der Konflikte. Europäische Truppen könnten dies nicht leisten, und die afrikanischen seien in keiner Weise kriegstauglich. Sie verhielten sich zudem gegenüber der Bevölkerung wie Bürgerkriegsparteien.

Der Südsudan ist seit 2011 ein unabhängiger Staat und gilt ebenfalls als eines der ärmsten Länder der Welt. Von den etwa zehn Millionen Einwohnern sind rund drei Viertel Mitglied einer christlichen Konfession, 2,2 Prozent sind Muslime, und die meisten anderen sind Anhänger zentralafrikanischer Stammesreligionen.

Foto Peter Scholl-Latour: (c) Wikipedia/Bernd Andres
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