Nach Wulff-Freispruch: Auch Glaubwürdigkeit der Medien hat gelitten

28. Februar 2014 in Deutschland


Evangelischer Landesbischof Ralf Meister für eine Debatte über Skandalisierung und die Folgen - Das Amt des Bundespräsidenten habe ebenso gelitten wie die Person Wulff und die Glaubwürdigkeit der Medien


Hannover (kath.net/idea) Eine gesellschaftliche Debatte über den Schutz öffentlicher Personen und ihre mögliche Beschädigung durch eine Skandalisierung in den Medien hat der hannoversche Landesbischof Ralf Meister gefordert. Er reagierte damit auf den Freispruch des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (Foto) am 27. Februar vom Vorwurf der Vorteilsannahme vor dem Landgericht Hannover. Wulff war vor zwei Jahren vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover Ermittlungen gegen ihn eingeleitet hatte. Vorausgegangen waren zahlreiche Berichte in den Medien über eine angebliche „Wulff-Affäre“. Sie erweckten den Anschein, dass der frühere niedersächsische Ministerpräsident käuflich gewesen sei. Landesbischof Meister sieht nach dem Prozess „nur Verlierer“. Das Amt des Bundespräsidenten habe ebenso gelitten wie die Person Wulff und die Glaubwürdigkeit der Medien, erklärte er auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea.

Wie ist Versöhnung möglich?

Meister plädiert deshalb für eine Debatte zu den Fragen: „Wie wird gesellschaftlicher Druck erzeugt und wie können wir vermeiden, dass solche Fälle derart schnell und ungehemmt eskalieren? Und wie kann sich eine Gesellschaft wieder mit einer Person versöhnen, die sie vorher beschädigt hat?“ Man kenne die öffentliche Anklage, aber nicht die öffentliche Geste einer Versöhnung. Wulff stand mit dem Filmproduzenten David Groenewold vor Gericht. Dieser hatte 2008 rund 720 Euro Hotel- und Bewirtungskosten während eines Besuchs des Ehepaar Wulff auf dem Oktoberfest in München übernommen. Zweieinhalb Monate später warb Wulff bei Siemens um einen von Groenewold produzierten Film. Richter Frank Rosenow sagte in seiner Urteilsbegründung: „Es gibt schlicht keine schlagkräftigen Beweise gegen die Angeklagten.“ Die Staatsanwaltschaft kann innerhalb eines Monats Revision gegen das Urteil einlegen.

Wolf Schneider: „Posse“ von Staatsanwaltschaft und Medien

Der Publizist und Journalist Wolf Schneider (Starnberg) kritisiert Anklagebehörde und Medien gleichermaßen scharf: „Der lächerlichen Posse der Staatsanwaltschaft ging eine widerliche Posse der Presse voraus“, sagte er gegenüber idea. Wulffs einziger Fehler bestehe darin, dass er versucht habe, die Berichterstattung über seine Person durch eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter von „Bild“-Chefredakteur Kai Diekmann zu beeinflussen: „So geht man mit der Presse nicht um. Ansonsten finde ich an Wulff überhaupt keinen Tadel und hoffe, dass er seines Lebens noch mal froh werden kann.“


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