'Ist Gott noch Mitglied der evangelischen Kirche?'

24. Februar 2014 in Kommentar


Journalistin übt scharfe Kritik an Gesichtslosigkeit und Leisetreterei der EKD


Hamburg (kath.net/idea/red) Scharfe Kritik an der „Gesichtslosigkeit“ und der „Leisetreterei“ der evangelischen Kirche übt die Journalistin Friederike Gräff in der aktuellen Ausgabe der ZEIT-Beilage „Christ und Welt“. Ihr Beitrag ist überschrieben mit der Frage „Ist Gott noch Mitglied der evangelischen Kirche?“

Hauptanliegen der protestantischen Volkskirche scheine es zu sein, „niemanden vor den Kopf zu stoßen, sei es mit den unerfreulichen Geschichten des Alten Testaments, mit Ideen, was ein gläubiger Christ nicht tun sollte, oder laut gesprochenen Gebeten in kirchlichen Einrichtungen“, schreibt sie.

Vielmehr sei die EKD für alles, wofür bürgerliche Mehrheiten seien: für den Klimaschutz und gegen Menschenhandel, gegen Massenvernichtungswaffen und für gerechten Handel.

Die wenigsten Pastorinnen oder Pastoren, die sie getroffen habe, seien konservativ oder radikal: „Ein paar suchend, einige rhetorisch sehr gewandt, einige gebildet, einige den Bedürftigen in der Gemeinde zugewandt.“

Aber bei keinem habe sie den Eindruck gehabt, dass sein Leben durch den Glauben ein erfahrbar anderes sei als das von Nichtgläubigen: „Sie sind interessiert an Glaubensfragen, sie haben einen Beruf, der sie damit in Berührung bringt, aber sie leben nicht daraus. Und sie vermitteln nicht das Gefühl, dass Jesus Christus, dass Gott ihnen Zuversicht oder Kraft schenken.“

„Es hat sich ergeben“, schilderte Gräff weiter, „dass ich Ordensleute privat kennengelernt habe, katholische Mönche und Nonnen. Bei der Begegnung mit ihnen hatte ich zum ersten Mal den Eindruck, dass hier die Beschäftigung mit dem Glauben die Essenz eines Lebens ist. Dass das Leben dieser Menschen durch ihren Glauben ein erfahrbar anderes ist als das von Nichtgläubigen.“

Wenn Pfarrerinnen das Glaubensbekenntnis nur ungern sprechen

Die Amtskirche mache vieles – angefangen von der Unterstützung bei Schulaufgaben bis zur Formularhilfe für Asylbewerber. Darüber drohe sie aber ihr „Innerstes“ zu vergessen. Inzwischen sei es selbst innerhalb der Volkskirche weithin unüblich geworden, über Glaubensdinge zu sprechen.

Da äußerten sich Pfarrerinnen im Gemeindebrief, wie ungern sie das Glaubensbekenntnis sprächen. Da zögerten Pfarrer, eine Kollekte für die bedrängten Christen in Syrien zu sammeln.

Dabei komme die evangelische Kirche sonst fast allen entgegen: „Sie findet so viele Bibelübersetzungen, bis alle mit dem Text zufrieden sind, sie traut Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, sie hängt das Kruzifix ab, weil der Anblick verstörend sein könnte.

Sie hat ihre Absolutheitsansprüche so weit über Bord geworfen, dass sie keinen erkennbaren Kurs mehr fährt. Sie ist unattraktiv, weil sie sich andient bis zur Gesichtslosigkeit.“

Und trotzdem sei es immer noch auffallend, wie gönnerhaft in der Amtskirche über die Freikirchen gesprochen werde. Das klinge oft so, als seien es „geistig wenig Bemittelte, die sich in lebhaften Gesang und enge Gruppenbindungen flüchteten“. Angesichts der Zuwachsraten bei den Freikirchen, von denen die Lutherischen, Reformierten und Unierten nur träumen könnten, sei das fehl am Platze.

Sie wünschte, so schließt Gräff, sie hätte in ihrer Kirche „ein Gegenüber. Eines, das sich nicht wegduckt, eines, das man respektieren kann“.

Link zum Artikel in „Zeit online“: Friederike Gräff: „Ist Gott noch Mitglied der evangelischen Kirche?“

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