Die Versuchung: nicht von Gott, sondern von den Wunden der Erbsünde

18. Februar 2014 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages — Die drei Merkmale der Versuchung: sie wächst, steckt an und rechtfertigt sich. Die Versuchung verschließt uns, sie nimmt uns jede Fähigkeit zum Weitblick, in der Verschlossenheit des Teufels. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Gott führt niemals in Versuchung. Die Versuchung präsentiert sich vielmehr zunächst als etwas Unschuldiges, das anziehend ist, um sich dann in einen Käfig zu verwandeln. Statt danach zu trachten, ihm zu entkommen, versucht man eher, in Taubheit gegenüber dem Wort Gottes die Versklavung durch diesen Käfig herabzuspielen.

Papst Franziskus ging am Dienstag der sechsten Woche im Jahreskreis in seiner Predigt bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ von der ersten Lesung aus dem Brief des Jakobus aus (Jak 1,12-18) und bekräftige eine Wahrheit sowie eine Aufeinanderfolge, wie sie der Apostel beschreibt. Die Wahrheit bestehe darin, dass Gott niemals den Menschen in Versuchung führe. Dies täten vielmehr dessen Begierden. Die Aufeinanderfolge sei jene, die von den Begierden erzeugt werde: „Wenn die Begierde dann schwanger geworden ist, bringt sie die Sünde zur Welt; ist die Sünde reif geworden, bringt sie den Tod hervor“ (V.15):

„Die Versuchung — woher kommt sie? Wie wirkt sie in uns? Der Apostel sagt uns, dass sie nicht von Gott kommt, sondern von unseren Begierden, von unseren inneren Schwächen, von den Wunden, die die Erbsünde in uns hinterlassen hat: von dort kommen sie, die Versuchungen, von diesen Begierden. Es ist schon merkwürdig — die Versuchung hat drei Merkmale: sie wächst, steckt an und rechtfertigt sich. Sie wächst: sie beginnt ganz harmlos, und wächst… Jesus selbst sagte dies in seinem Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen (Mt 13,24-30): der Weizen wuchs, doch auch das vom Feind gesäte Unkraut ging auf. Und die Versuchung wächst und wächst und wächst… Und wenn man sie nicht stoppt, nimmt sie alles ein“.

Die Versuchung suche dann einen Anderen, um in Gesellschaft zu sein: „sie steckt an“. In diesem Wachsen und Anstecken „verschließt uns die Versuchung in einem Umfeld, aus dem man nicht leicht herauskommen kann“. Dies sei die Erfahrung der Apostel, von der im Evangelium die Rede sei (Mk 8, 14-21). Die Zwölf beschuldigten sich gegenseitig unter den Augen des Meisters, da sie bei der Abfahrt des Bootes kein Brot mitgebracht hätten. Jesus habe vielleicht über diesen Streit gelächelt und sie dann gewarnt: „Gebt acht, hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und dem Sauerteig des Herodes!“ (V. 15) Doch die Apostel „machten sich Gedanken, weil sie kein Brot bei sich hatten“ (V. 16), ohne auf Jesus zu hören, denn „sie waren so sehr im Problem verschlossen, wer die Schuld habe, kein Brot mitgebracht zu haben, dass sie keinen Raum hatten, dass sie keine Zeit hatten, dass sie kein Licht für das Wort Gottes hatten“.

„Wenn wir also in Versuchung sind“, so der Papst, „hören wir das Wort Gottes nicht: wir hören nicht. Wir verstehen nicht. Und Jesus musste die Brotvermehrung in Erinnerung rufen, um sie aus diesem Raum herauskommen zu lassen, denn die Versuchung verschließt uns, sie nimmt uns jede Fähigkeit zum Weitblick, sie verschließt jeden Horizont, und so führt sie uns zur Sünde. Wenn wir in Versuchung sind, rettet uns allein das Wort Gottes, das Wort Jesu. Jenes Wort hören, das uns den Horizont öffnet…. Er ist immer bereit, uns zu lehren, wie man aus der Versuchung herauskommen kann. Und Jesus ist groß, weil er uns nicht nur aus der Versuchung herauskommen lässt, sondern uns mehr Vertrauen schenkt“.

Dieses Vertrauen, so Franziskus abschließend, „ist eine große Kraft, wenn wir in Versuchung sind: der Herr erwartet uns, er vertraut uns, die wir so sehr in Versuchung sind, uns Sündern“. Der Herr öffne immer Horizonte. Umgekehrt „verschließt der Teufel mit der Versuchung, er verschließt, verschließt… und lässt ein Umfeld wachsen, das dem des Bootes der Apostel ähnelt“. Sich nicht von dieser Art von Umfeld gefangen nehmen zu lassen, sei nur dann möglich, wenn man auf das Wort Jesu höre:

„Bitten wir den Herrn, dass er tue, wie er es mit den Jüngern tat, mit seiner Geduld, und uns immer sage, wenn wir in Versuchung sind: ‚Halt ein, sei ruhig. Erinnere dich daran, was ich mit dir in jenem Moment getan habe, zu jener Zeit: erinnere dich daran. Hebe den Blick, schau auf den Horizont, sei nicht verschlossen, verschließe dich nicht, geh weiter!‘. Und dieses Wort wird uns davor retten, im Augenblick der Versuchung in die Sünde zu fallen“.

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