Marx: Ausstieg aus der Kirchensteuer hätte massive Folgen

8. Februar 2014 in Deutschland


Münchner Kardinal warnte: Die Folgen eines Kirchensteuerausstiegs wären auch für den Staat massiver als die der Säkularisation von 1803


München (kath.net/KNA) Das deutsche System der Kirchensteuer hat sich nach Auffassung des Münchner Kardinals Reinhard Marx (Foto) bewährt. Es sei zwar kein Dogma, sagte Marx am Montagabend bei einer Kirchenrechtstagung in München. Es gebe aber auch keinen Anlass, «von heute auf morgen auszusteigen». Die Folgen eines solchen Schritts auch für den Staat wären massiver als die der Säkularisation von 1803, warnte Marx.

Damals wurde die katholische Kirche in Deutschland weitgehend enteignet, um deutsche Fürsten im Napoleonischen Zeitalter für Gebietsverluste zu entschädigen. Zugleich übernahm der Staat die Pflicht zu Unterhaltszahlungen für kirchliche Amtsträger. Auch heute noch erhalten die beiden großen Kirchen in Deutschland etwa 460 Millionen Euro an sogenannten Staatsleistungen, deren Zahlung politisch zunehmend umstritten ist. Marx sagte, in dieser Frage sei «der Staat am Zug». Die Kirchen wären froh, wenn es zu einer Ablösung käme, und hielten die Türen dafür stets offen.

Der Kardinal räumte ein, dass die Kirchensteuer «im Mittelpunkt innerkirchlicher Kritik» stehe. Kritiker von allen Seiten bedienten sich dazu des Wortes von der «Entweltlichung» aus der Freiburger Rede von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2011. Dieses Wort sei in Deutschland sofort zum Kampfbegriff gegen eine vermeintlich erstarrte Kirche geformt worden. Dabei habe es auch «merkwürdige Koalitionen» gegeben, etwa zwischen konservativen und linken Gruppen.

Marx wandte sich gegen Vereinfachungen in der Debatte um das Verhältnis von Kirche und Staat. Eine strikte Trennung vom Staat mache die Kirche nicht automatisch freier und vitaler. «Wenn das so wäre, dann müsste Frankreich das religiös lebendigste Land Europas sein.» Es sei auch eine «überzogene Erwartung» an die Kirche, dass in ihr «alles ganz anders» sei. «Das ist nicht menschenmöglich, denn das wäre das Paradies.» Der Staat sei für die Kirche auch nicht ein Feind, sondern eine «natürliche Institution». Weder Staatsreligion noch Laizismus seien Optionen.

Das Staatskirchenrecht werde in den nächsten Jahren weiter diskutiert werden, prognostizierte der Münchner Kardinal. Die Kirche stehe vor der Frage, ob sie es «wie im Häuserkampf» verteidige oder sich an der Debatte über eine Weiterentwicklung zu einem Religionsverfassungsrecht konstruktiv beteilige. Hier seien auch fundierte Beiträge der Kirchenrechtler gefragt. Die Offenheit für eine Präsenz der Kirche in der Öffentlichkeit entspreche jedenfalls dem breiten Willen der Bevölkerung in Deutschland. Die Beziehungen könnten so gestaltet werden, «dass es nicht zu wechselseitigen Vereinnahmungen kommt».

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Foto Kardinal Marx (c) Erzbistum München


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