Küng zur Sterbehilfe: Todeswunsch ist oft ein 'Hilfeschrei'

13. Dezember 2013 in Österreich


St. Pöltner Bischof in Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" zu Euthanasie-Debatte: Absichtliche Tötung und Beihilfe zum Selbstmord "niemals erlaubt", aber auch Lebensverlängerung um jeden Preis ist nicht ethisch gefordert


Wien (kath.net/KAP) Schwerwiegende Einwände gegen die absichtliche Tötung Schwerkranker und Beihilfe zum Selbstmord hat der St. Pöltner Bischof Klaus Küng (Foto) vorgebracht. In einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" zur laufenden Debatte stellte Küng klar, dass ein Verbot der Euthanasie - derzeit läuft eine Debatte über dessen Verankerung in der Bundesverfassung - "nicht eine Einschränkung der Freiheit" bedeute, die Entscheidung über sein Lebensende selbst fällen zu dürfen. Vielmehr stelle es einen begrüßenswerten Schutz der Person und wichtiger Beziehungen, etwa des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Arzt oder Angehörigen dar.

Auf die Frage, ob bei der Beihilfe zum Selbstmord Ausnahmen von einem generellen Verbot denkbar wären, sagte Küng: "Mord ist niemals erlaubt, auch nicht die Beihilfe zum Selbstmord." Persönlich habe er im Laufe seines Lebens mehrmals die Dankbarkeit eines Menschen miterlebt, der sich das Leben nehmen wollte, aber rechtzeitig entdeckt und gerettet wurde. "Oft ist das Verlangen nach dem Tod ein verzweifelter Hilfeschrei, den wir nicht mit Töten, sondern mit Liebe beantworten sollen", appellierte der Bischof. Hier komme den Angehörigen eine wichtige Rolle zu, und auch die Hospizbewegung erweise sich bei der humanen Begleitung Sterbender als "wirklicher Segen".

Der österreichische "Familienbischof" (und ausgebildete Arzt) unterschied zwischen der ethisch abzulehnenden "aktiven" Sterbehilfe, bei der der Tod z.B. durch Verabreichung eines Präparates oder durch Unterlassung der notwendigen Hilfeleistung direkt herbeigeführt wird, und einer "passiven" Sterbehilfe; diese bezeichne den Verzicht auf eine aufwendige Therapie, deren Erfolg ungewiss oder nur kurzfristig ist, und die Verabreichung von schmerzstillenden oder sedierenden Medikamenten, auch dann, wenn dies möglicherweise lebensverkürzend wirkt.

Aus dieser Definition geht laut Küng hervor, dass es begriffliche Unschärfen gebe, denn manche "Unterlassungen" könnten eine direkte Tötung bedeuten, und "passive" Sterbehilfe sei oft durchaus "aktiv".

Küng äußerte Verständnis für die Angst vieler Menschen, einer langen, qualvollen Krankheit hilflos ausgeliefert zu sein. Schon die Päpste Pius XII. und Johannes Paul II. hätten sich dahingehend geäußert, "dass niemand moralisch dazu verpflichtet ist, immer alle heute verfügbaren medizinischen Mittel zur Lebensverlängerung auszuschöpfen, wenn keine Heilungschancen mehr bestehen oder diese sehr ungewiss sind, sodass durch solche Therapien möglicherweise nur der Leidensweg verlängert wird". Auch Mutter Teresa lehnte die Durchführung einer Herzoperation mit der Aussage ab, sie habe ihr Leben gelebt und ihre Aufgabe erfüllt, sie sei zum Sterben bereit.

Sterbende liebevoll begleiten

Bei der Hilfe für Menschen im Angesicht des Todes komme abgesehen von der medizinischen und oft auch professionellen pflegerischen Betreuung den Angehörigen eine große Bedeutung zu, sagte Bischof Küng. "Gerade in der letzten Phase des Lebens eines Menschen sollten wir keine Mühe scheuen, um Sterbende sehr liebevoll zu begleiten." Das erleichtere den Betroffenen diese leidvolle Phase sehr - und auch die Betreuenden "werden 'ewig froh' sein, wenn wir ihnen noch ein wenig Liebe erweisen konnten".

Leider seien heutige Familien oft sehr klein und viele Menschen gerade im Alter allein, so Küng weiter. Eine große Hilfe könnten Ehrenamtliche - etwa der Hospizbewegung - sein, die sich der Sterbenden annehmen. Zudem müsse es jeder Pfarre "ein Herzensanliegen sein, die alten und kranken Menschen, insbesondere Sterbende nicht nur nicht im Stich zu lassen, sondern sie sehr fürsorglich zu betreuen".

Dieser christlichen Weise des Umgangs mit Sterben und Tod stehe bedauerlicherweise ein "bedrohlicher" europäischen Trend zur Euthanasie gegenüber. Laut Küng spielten dabei wirtschaftliche Interessen eine nicht unwesentliche Rolle. Er habe in den letzten Jahren gegenüber Ärzten und Vertretern des Gesundheitswesens wiederholt die "Achtung vor der Würde des Menschen und der Integrität seines Lebens" unterstrichen.

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Foto Bischof Küng (c) Diözese St. Pölten


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