Bischof Küng: 40 Jahre Fristenregelung, aber 'keine Lösung'

29. November 2013 in Österreich


St. Pöltner Bischof in "Presse"-Kommentar: "Es gibt Jubiläen, die sollte man nicht feiern" - Warum Wartezeit bei Schönheitsoperationen, aber nicht bei ungleich existenziellerem Thema?


Wien (kath.net/KAP) Ein eindringliches Plädoyer für einen Kurswechsel bei der Fristenregelung hat der St. Pöltner Bischof Klaus Küng in einem Gastkommentar für "Die Presse" (Freitag) abgegeben. "Es gibt Jubiläen, die sollte man nicht feiern", hält Küng anlässlich des 40. Jahrestags des Nationalratsbeschlusses zur Fristenregelung am 29. November 1973 fest. Die Fristenregelung sei gerade "keine Lösung". Österreich versage in einer "Fortschrittsfrage par excellence" - dem bedingungslosen Schutz des menschlichen Lebens - "und schafft es nicht, eines der gravierendsten sozialen Probleme der Gesellschaft anzugehen", schrieb der in der Bischofskonferenz für Familienfragen zuständige gelernte Arzt.

Konkret verlangte Küng eine anonyme Statistik zu in Österreich durchgeführten Schwangerschaftsabbrüchen; laut Schätzungen werde ein geschätztes Drittel der ungeborenen Kinder abgetrieben. Und vehement forderte der Bischof eine vorgeschriebene zeitliche Pause zwischen Beratung und Abtreibung. "Die Kirche kann den Gesetzgeber nicht zwingen, sich für den Respekt vor der Menschenwürde aller einzusetzen, aber sie darf nicht aufgeben", so Küng. Christen wollten die "Sprachlosigkeit" und Tabuisierung des Themas Abtreibung durchbrechen.

Nach den Worten des Familienbischofs geht es bei diesem Thema gar nicht um eine Glaubensfrage oder einen "besonderen moralischen Standard für Katholiken". Vielmehr gehe es "um das Menschenrecht schlechthin" und es sei daher "auch keine Frage der politischen Orientierung".

Dass alleine die Stadt Wien "täglich eine Schulklasse" durch Schwangerschaftsabbrüche verliert, werde weithin ignoriert. Küng betrachtet die Abtreibung als "eines der letzten Tabus unserer Gesellschaft". Und wer es wage, Frauen in dieser Krise lebensbejahend zu beraten, über den würden "Sprechverbote" verhängt, auf den würden "Keulen niederfallen".

In Österreich ist Tabu größer als anderswo

In Österreich sei die Tabuisierung stärker ausgeprägt als anderswo, wies Küng hin: In fast allen Ländern Europas würden die genauen Zahlen der abgetriebenen Kinder erhoben, nicht so in Österreich. "Dafür haben wir Statistiken über die Legegewohnheiten von Freilandhühnern", ergänzte der Bischof bitter.

Auch eine gesetzlich festgelegte Bedenkzeit vor einer Abtreibung gebe es in vielen Staaten, "doch bei uns nicht". Sogar "bei einem so oberflächlichen Thema" wie der Schönheitschirurgie bestimme das Gesetz, dass eine ästhetische Operation "ohne Zeitdruck, auf Grund
einer bewussten Entscheidung und erst nach reiflicher Überlegung und Reflexion durch die Patientin (den Patienten)" erfolgen sollte. Die Wartefrist von mindestens zwei Wochen gebe zudem "die Möglichkeit der Einholung von weiteren Fachmeinungen", zitierte Küng aus dem Schönheitschirurgie-Gesetz.

Wenn in diesem Fall eine Wartefrist - laut Küng "ein massiver Eingriff in die Privatautonomie eines Menschen" - vorgeschrieben und akzeptiert werde, "warum nicht in dem ungleich existenzielleren Fall, in welchem ein Leben auf dem Spiel steht?"

"Keine Frau will im Tiefsten abtreiben"

Würde den Schwangeren Zeit gegeben nachzudenken, würde sich ein beträchtlicher Anteil doch für das Kind entscheiden. "Denn ich bin fest davon überzeugt", so Küng: "Keine Frau will im Tiefsten ihr Kind abtreiben." Der Bischof wisse um die häufige "massive Beeinflussung von außen", die mit dem zeitlichen Druck "letztendlich zur ungeliebten Entscheidung führen" würde.

Laut Küng wird "man uns einmal fragen, wie es möglich war, dass 40 Jahre lang Jahr für Jahr nicht einmal ehrlich darüber geredet wurde, wie man Frauen in unserer Mitte helfen kann".

Link zum Kommentar von Bischof Küng in der „Presse“: „Abtreibung ist niemals eine Lösung“.

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Foto Bischof Küng (c) Diözese St. Pölten


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