Der Apostel der Skeptiker

17. November 2013 in Kommentar


C. S. Lewis: Seit meiner Bekehrung zum Christentum schien mir der beste und vermutlich einzige Dienst für meine nicht gläubigen Mitmenschen der zu sein, den Glauben zu erläutern und zu verteidigen. Kommentar von Hans Steinacker/idea


Witten (kath.net/idea) Vor 50 Jahren – am 22. November 1963 – starb der irische Schriftsteller und Literaturwissenschaftler C. S. Lewis (Foto). Seine Kinderbuchserie „Die Chroniken von Narnia“ machten ihn weltberühmt. Lewis brachte besonders Skeptikern den christlichen Glauben nahe. Der Publizist Hans Steinacker (Witten) stellt im Folgenden einen der wichtigsten Apologeten (Verteidiger) des christlichen Glaubens im 20. Jahrhundert vor.

In dem weitläufigen Haus eines protestantischen Rechtsanwaltes wurde Clive Staples Lewis am 29. November 1898 in Belfast (Nordirland) geboren. Schon als 16-Jähriger wurde er durch seinen kritischen Privatlehrer zu einem bekennenden Atheisten. Bereits mit 27 erhielt er einen größeren Lehrauftrag für englische Sprache am ehrwürdigen Magdalen College in der berühmten englischen Universitätsstadt Oxford. Der etwas stämmige junge Mann vermag dank seiner witzig-präzisen Formulierungen seine Studenten zu begeistern.

Tolkien und sein Kultbuch „Der Herr der Ringe“

Schon bald kommt es zur entscheidenden Bekanntschaft mit dem brillanten Professor für Angelsächsisch, J. R. R. Tolkien, der durch sein Kultbuch „Der Herr der Ringe“ der Literaturgattung Fantasy eine große Bedeutung gab. Beide werden ein geistverwandtes Gespann, das eine Weltliteratur besonderer Art begründen wird.

In seiner Autobiografie bekennt Lewis offen seine Freundschaft mit Tolkien als „die Auflösung zweier alter Vorurteile. Als ich auf die Welt kam, hatte man mich (stillschweigend) gewarnt, niemals einem Papisten zu trauen, und als ich in die Englisch-Fakultät kam, warnte man mich (sehr ausdrücklich), niemals einem Philologen zu trauen. Tolkien war beides.”

Durch Tolkien und Chesterton zu Christus

Als Lewis mit Tolkien zusammentrifft, ist sein atheistisches Weltbild bereits beachtlich ins Wanken geraten. Tolkien drängt ihn argumentativ so in die Enge, dass er bis zum Sommer 1929 sich zumindest zu einem allgemeinen Gottesglauben durchzuringen vermag. Lewis wird weitergeführt, eingekreist und – wie er bekennt – letztendlich schachmatt gesetzt. Und das nicht zuletzt durch den brillanten Autor G. K. Chesterton (1874–1936, „Pater Brown“). In Chestertons „Der unsterbliche Mensch“ findet er zum ersten Mal die christliche Schau der Geschichte schlüssig dargestellt.

Die Bekehrung geschah im Bus

Lewis beginnt die Bibel zu lesen. Bei einem abendlichen Spaziergang mit Tolkien wird er in eine lange, seinen geistlichen Wendepunkt einleitende Diskussion über Geschichte, Mythos und Wahrheit des Evangeliums verwickelt. Während einer alltäglichen Busfahrt nach Oxford stellt sich der 31-Jährige kühl die Frage, ob er Gott weiter etwas „auf Abstand halten“ wolle. „Ich spürte, wie mir dort und in diesem Moment eine freie Wahl angeboten wurde. Ich konnte die Tür öffnen oder verschlossen lassen ... Ich entschied mich!“ Es war ein unerwarteter Überfall der Gnade und eine durchdachte Option auf Freude.

Ein weltbekannter Literaturclub in einer Kneipe

Zugleich wird Lewis Mitglied eines weltbekannten Literaturclubs. Dessen Mitglieder nennen sich selbstironisch Inklings, d. h. Schreiberlinge oder Tintenkleckser. Ab 1930 treffen sie sich über 17 Jahre zweimal wöchentlich zum fachsimpelnden Frühschoppen in dem heimeligen Pub „Eagle and Child“. Bei den freundschaftlichen Gesprächen am Kaminfeuer lesen sie sich gegenseitig vor und setzen ihre Werke der beißenden Kritik der anderen aus.

Die Freundschaft von Lewis und Tolkien erfährt eine kleine Abkühlung, als der Katholik Tolkien mit Schmerz feststellt, dass Lewis, der ihm so viel für seinen neugewonnen christlichen Glauben verdankt, die anglikanische Gemeinde zu besuchen beginnt und sich damit wieder der Kirche seiner Kindheit zuwendet.

Evangelistische und apologetische Schriften

Lewis vielseitiges Gesamtwerk entwickelt sich gleichermaßen in evangelischen und katholischen Verlagen, nicht nur im deutschsprachigen Raum, still und stetig von Auflage zu Auflage und bestätigt dessen ökumenische Dimension. Lewis denkt seinen Glauben als unbestechlich abwägender Philosoph.

Allein von dem 7-bändigen Narnia-Epos wurden – nicht zuletzt durch die Verfilmungen – bis heute fast 20 Millionen Exemplare verbreitet. Es ist die wunderschöne Fantasy-Geschichte mit dem majestätischen Löwen Aslan. Diese verschlüsselte Christus-Figur vermittelt nicht nur Kindern die Herrschaft Gottes in einer abgründigen Welt.

In der Geschichte „Dienstanweisungen für einen Unterteufel“ bringt Lewis die hinterlistigen Machenschaften des Teufels satirisch ans Licht. Philosophisch-theologischer Art sind Lewis apologetische Werke „Über den Schmerz“, „Wunder“, „Pardon, ich bin Christ“ sowie die seelsorgerlichen Briefe an Malcolm „Du fragst mich, wie ich bete”. In dem bewegenden Buch „Über die Trauer“ behandelt Lewis autobiografisch die tiefe Erfahrung vom Sinn des Leides angesichts seiner tragischen Liebesgeschichte mit der amerikanischen Journalistin Joy Davidman, die der Junggeselle 1957 im Alter von 59 Jahren heiratete. Sie starb bereits 1960 an Krebs.

In einem Atemzug mit Augustinus

Lewis Romane und Essays haben das 21. Jahrhundert schwerelos erreicht. Seine sympathische Wirkung als Apologet ist seiner sprachlichen Disziplin, dem geistvollen Biss und humorvoller Erzählfreude mit einer präzisen Bildhaftigkeit und dem notwendigen Quäntchen Heiliger Geist zuzuschreiben. Mag das der Grund sein, weshalb vor Jahren ein Papst sich nicht scheute, den Protestanten Lewis, der am 22. November 1963 in seinem fast lebenslang bewohnten Cottage The Kilns starb, in einem Atemzug mit dem Kirchenvater Augustinus zu zitieren?

Die treffende Selbsteinschätzung des anglo-irischen „Apostels der Skeptiker“, wie er einmal genannt wurde, gibt uns die Antwort: „Seit meiner Bekehrung zum Christentum schien mir der beste und vermutlich einzige Dienst für meine nicht gläubigen Mitmenschen der zu sein, den Glauben, der fast allen Christen zu allen Zeiten gemeinsam war, zu erläutern und zu verteidigen. Der Frontabschnitt, an dem ich, wie mir schien, meinen Mann am besten stehen konnte, war offensichtlich zugleich der am dünnsten besetzte. Und dorthin zog es mich.“

Foto: kathpedia



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