Papst: Europas Bischöfe sollen moderne Säkularität ergründen

3. Oktober 2013 in Aktuelles


Rat der Europäischen Bischofskonferenzen tagt bis Sonntag zum Thema "Gott und Staat. Europa zwischen Säkularisierung und Säkularismus" - Kardinal Erdö: Europas Identität hat sich seit Anfängen der Union vor 60 Jahren stark verändert


Pressburg (kath.net/KAP) Papst Franziskus hat am Donnerstag die in Bratislava versammelten Vorsitzenden der Bischofskonferenzen Europas aufgerufen, sich intensiv mit dem Thema Säkularisierung und Laizität auseinanderzusetzen, um einen Beitrag für eine tragfähige neue europäische Kultur zu liefern. In einem Telegramm an den ungarischen Primas und Präsidenten des Rates der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE), Kardinal Peter Erdö, hebt Franziskus die Notwendigkeit hervor, dass die Kirchen den Menschen in Europa dienen, indem sie das Projekt einer Harmonie von Glauben und Vernunft, von Freiheit und Wahrheit vermitteln. Das Telegramm ist von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone gezeichnet.

Thema der bis Sonntag dauernden CCEE-Vollversammlung ist "Gott und Staat. Europa zwischen Säkularisierung und Säkularismus". Die Kirche in Europa müsse lernen, in einer "zwischen Laizität und Laizismus" positionierten Gesellschaft und Politik ihre Anliegen zu vertreten, hatten die Organisatoren der am Donnerstag beginnenden Vollversammlung des Rates der Europäischen Bischofskonferenz (CCEE) im Einladungstext betont.

Tagungsort der Jahresvollversammlung ist aus Anlass des 1.150-Jahr-Jubiläums der Christianisierung des Westkarpatenraums die slowakische Hauptstadt Pressburg (Bratislava). Aus Österreich nimmt Kardinal Christoph Schönborn an den Beratungen teilnehmen. Mehrere Bischöfe, darunter Erzbischof Robert Zollitsch, waren verhindert. Gekommen sind hingegen Vertreter der Kirchen des Nahen Ostens. Im Blick auf die Opfer der dortigen Konflikte leitet der Jerusalemer Weihbischof William Shomali laut Programm am Donnerstagabend (21.30 Uhr) in der Pressburger Dreifaltigkeitskirche (Kostol Najsvätejsej Trojice) eine große Gebetsvigil für den Frieden in der Region.

Erdö: Säkularität schließt Religion nicht aus

Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag ging Kardinal Erdö auf das Problem des Aufeinanderprallens von Werten bzw. von echten - oder vermeintlichen - Grundrechten ein. Auch ein Staat, in dem eine Trennung von Kirche und Staat festgelegt ist, müsse das Grundrecht der Religionsfreiheit achten. Es müsse Freiraum geben für religiöse Überzeugungen, und es müssten Vorkehrungen getroffen werden, dass diese Überzeugungen nicht miteinander in Konflikt geraten. Die neuen Erfahrungen in dieser Hinsicht führten zu Weiterentwicklungen der Demokratie und zu einem "Reifen". Um in der Frage weiterzukommen, müsse man fragen, wo es positive Best-practise-Beispiele gebe, so Erdö.

Der Kardinal verwies auch darauf, dass die Kirche mit einer Europa-Entwicklung konfrontiert sei, in der sich viel gegenüber den Visionen der Zeit des Beginns des Einigungsprozesses vor 60 Jahren verändert habe. Dies könne mit der völligen Veränderung der europäischen Situation zwischen 1683 und 1750 verglichen werden. "1683 gab es so etwas wie eine europäische 'Christenheit'. Fürsten und Völker aus allen Teilen Europas - Katholiken und Protestanten - konnten sich damit identifizieren und sich damit dem gemeinsamen Feind stellen, der damals vor Wien stand", erläuterte der Budapester Erzbischof: "Das war 50 Jahre später ganz anders. Das Wort 'Christenheit' hatte seine Bedeutung verloren. Jetzt ging es um Aufklärung und Vernunft."

Jugend ist Hauptsorge der Kirche

CCEE-Vizepräsident Erzbischof Jozef Michalik wies bei der Pressekonferenz auf das Anliegen der Neuevangelisierung und der Gewinnung der Jugend hin. Er erwarte sich diesbezüglich viel vom nächsten Weltjugendtag, der 2015 in Krakau stattfindet. Auch der neue Papst sei für die Jugend eine anziehende Persönlichkeit, wie sich das in Rio de Janeiro gezeigt habe.

Der Pressburger Erzbischof Stanislav Zvolensky betonte ebenfalls, dass die Jugend die eigentliche Hauptsorge der Kirche sei, auch in der Slowakei. Das Land sei eine junge Demokratie, und die Jugendlichen stünden vor vielen Angeboten und Heilsversprechen. Die Kirche stehe vor der Herausforderung, die Mentalität der Jugend kennenzulernen und ihr in der richtigen Sprache die besseren Werte zu vermitteln.

Unter den Teilnehmern der CCEE-Vollversammlung sind auch vatikanische Repräsentanten, so etwa der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, der Apostolische Nuntius in der Slowakei, Erzbischof Mario Giordana, der Apostolische
Nuntius bei der Europäischen Union, Erzbischof Alain Paul Lebeaupin, und der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhls beim Europarat, Prälat Aldo Giordano.

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