Syrien: Weltweit Sorge um von Jihadisten eroberte Christenstadt

9. September 2013 in Weltkirche


Maaloula, eine Bergstadt mit 2.000 Einwohnern, ist einer der wenigen Plätze der Welt, in denen Aramäisch, die Sprache von Jesus und seinen Jüngern, gesprochen wird


Damaskus-Beirut (kath.net/KAP) Die Einwohner der mehrheitlich christlichen Stadt Maaloula in Syrien fürchten das Schlimmste, nachdem ihr historisch bedeutsamer Heimatort am Samstagabend von der mit al-Qaida verlinkten Rebellengruppe Jabhat al-Nusra (Al-Nusra Front) erobert wurde. Maaloula, eine Bergstadt mit 2.000 Einwohnern, ist einer der wenigen Plätze der Welt, in denen Aramäisch, die Sprache von Jesus und seinen Jüngern, gesprochen wird.

Nach Berichten der US-Agentur AP und des US-Senders ABC marschierten zwei Rebellengruppen am Samstagabend in Maaloula ein. Der Eroberung waren heftige Kämpfe mit der Regierungsarmee vorangegangen.

Am Sonntag startete die Regierungsarme eine neue Offensive zur Rückeroberung der Stadt, berichtete die Moskauer Agentur RIA-Nvosti am Montag. "Wir werden die Stadt befreien", teilte der Befehlshaber der Befreiungsoperation mit.

Nach seinen Worten wird die Offensive dadurch erschwert, dass die Armee kein Feuer aus Panzern und Artillerie eröffnen dürfe, um die historischen Gotteshäuser nicht zu beschädigen.

Nach Angaben des Militärs befinden sich rund 2.000 Jihadisten der Gruppierungen Jabhat al-Nusra und Liwa-al-Islam in der Stadt. Ihre Scharfschützen haben sich unter anderem im Kloster der Heiligen Thekla verschanzt.

Die Islamisten hatten am Donnerstag begonnen, den christlichen Wallfahrtsort Maaloula anzugreifen. Am Samstag fiel er unter ihre Kontrolle. Nach Armeeangaben haben die Zivilisten am Samstag die Stadt größtenteils verlassen.

Maaloula ist für seine Kirchen und Höhlenklöster aus den ersten Jahrhunderten des Christentums berühmt. Der Ort ist einer der wichtigsten christlichen Pilgerorte Syriens, und er war vor dem Bürgerkrieg auch ein beliebtes Touristenziel.

Bei landesweiten Gottesdiensten machten die Christen im Libanon am Sonntag auf die gefährliche Situation ihrer Glaubensgenossen in Maaloula aufmerksam. Die Kirchen riefen zum Gebet für die christlichen Bewohner der historisch bedeutenden Ortschaft auf, die von islamistischen Rebellen eingenommen wurde.

Kirchenschändungen durch Jihadisten

Nach Angaben der katholischen Nachrichtenagenturen "Fides" und "AsiaNews" rissen Jihadisten nach dem Einmarsch in Maaloula das Kreuz von der Kuppel der Kirche des Sergios-Klosters herunter. Auch die Kirchen St. Leontios und die St. Kosmas und Damian wurden beschädigt. Ikonen wurden verbrannt, Kirchentore mit Maschinenpistolen durchlöchert, auf einem Video seien Jihadisten zu sehen und zu hören, die "Allahu akbar" (Gott ist groß) rufen. In den Ohren der ansässigen Christen sei dies Blasphemie.

"AsiaNews" zitierte einen Priester aus Maaloula, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben wollte: "Mit ihrem Vorgehen haben die Jihadisten eine Kriegserklärung gegen die Christen abgegeben."

Die von der "Free Syrian Army" auf Youtube verbreiteten Videos, in denen Milizionäre zu sehen sind, die Kirchen und Christen verteidigen, bezeichnete der Priester als "pure Propaganda". In Wahrheit gebe es immer wieder Drohungen gegen die Christen.

Als besonders bedauerlich bezeichnete es der Priester, dass sich einige muslimische Jugendliche aus dem Städtchen den al-Nusra-Milizionären angeschlossen hätten, obwohl der örtliche Imam erklärt habe, die Gewalttaten seien "gegen den Islam" gerichtet, und obwohl die meisten ortsansässigen Muslime die Christen unterstützten.

Die Beiruter Tageszeitung "Daily Star" zitierte eine Erklärung der "Orthodoxen Versammlung des Libanon", in der darauf verwiesen wird, dass die al-Nusra-Milizionäre bei der Eroberung Maaloulas ein Statement veröffentlichten, wonach es ihnen darum ging, das Städtchen "von den Kreuzfahrern zu befreien". Man müsse doch den Jihadisten endlich begreiflich machen, dass die arabischen Christen "keine Kreuzfahrer sind, sondern die Nachfahren der ursprünglichen Bewohner des Landes", regte die Zeitung an.

Das russische Außenministerium erinnerte am Wochenende in einer Erklärung, dass Maaloula "ein Symbol der christlichen Präsenz in Syrien" sei. In der Erklärung wird darauf verwiesen, dass die Einwohner von Maaloula in der Sprache redeten, in der Jesus Christus gepredigt habe. Die Kirchen der Stadt gehörten zu den ältesten und am meisten verehrten der ganzen Christenheit. Die "terroristischen Attacken" müssten sofort gestoppt werden.

Eine besondere Verantwortung komme in diesem Zusammenhang jenen Kräften "innerhalb und außerhalb der Region" zu, die "absichtlich oder unabsichtlich" die Terroristen ermutigen, so das Ministerium in Richtung Washington, Paris und Ankara.

In Damaskus war am Samstag bei einem Gebet in der Omayyaden-Moschee, zu dem Großmufti Ahmed B. Hassoun in Übereinstimmung mit der Friedensinitiative von Papst Franziskus eingeladen hatte, Solidarität "mit den tragischen Ereignissen von Maaloula" zum Ausdruck gebracht worden. Der Großmufti sagte, niemand hätte gedacht, dass es in Syrien so weit kommen würde, "dass Kirchen und Symbole des Christentums geschändet werden".

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