'Ich-AG': Unwort des Jahres 2002

21. Jänner 2003 in Deutschland


Platz zwei und drei für "Ausreisezentrum" und "Zellhaufen"


Frankfurt (kath.net/pte/red)
- Zum Unwort des Jahres 2002 ist der Terminus "Ich-AG" aus dem "Hartz-Papier" gewählt worden. Diese Wortbildung leide bereits sachlich unter lächerlicher Unlogik, da ein Individuum keine Aktiengesellschaft sein könne. Selbst als ironisches Bild sei das Wort nicht hinzunehmen, da sich die aktuelle Arbeitslosigkeit mit solcher Art von Humor kaum noch verträgt. Ausschlaggebend für die Wahl war allerdings die Herabstufung von menschlichen Schicksalen auf ein sprachliches Börsenniveau. "Ich-AG" ist damit einer der zunehmenden Belege, schwierige soziale und sozialpolitische Sachverhalte mit sprachlicher Kosmetik schönzureden, heißt es in der Begründung der Jury für das Unwort des Jahres 2002.

Auf Platz zwei setzte die Jury den Behördenterminus "Ausreisezentrum" für Sammellager, aus denen abgewiesene Asylanten abgeschoben werden. In der Begründung heißt es: "Dieses Wort soll offenbar Vorstellungen von freiwilliger Auswanderung oder gar Urlaubsreisen wecken. Es verdeckt damit auf zynische Weise einen Sachverhalt, der den Behörden wohl immer noch peinlich ist. Sonst hätte man eine ehrlichere Benennung gewählt."

Den dritten Platz belegt das Wort "Zellhaufen" für einen menschlichen Embryo. "Mit dieser sprachlichen Verdinglichung von menschlichem Leben versuchen Biotechniker die ethischen Vorbehalte gegen Manipulationen an und sogar Tötungen von Embryonen zu unterlaufen", heißt es in einer Aussendung des Jury-Sprechers Dieter Schlosser vom Institut für Deutsche Sprache und Literatur II der Universität Frankfurt.

Die Wahl eines "Unworts des Jahres" erfolgte zum zwölften Mal. Begründet wurde die sprachkritische Aktion 1991. Diesmal hatten sich 1.744 Einsender mit 806 verschiedenen Vorschlägen beteiligt.


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