Autopannen der Päpste

25. Juli 2013 in Chronik


Die Fahrt des Heiligen Vaters vom Flughafen in die Innenstadt von Rio de Janeiro gestaltete sich dramatisch. Doch päpstliche „Autopannen“ hat es auch schon früher gegeben. Von Ulrich Nersinger


Rom (kath.net/un) Auch Päpste blieben von den üblichen Missgeschicken einer Autofahrt nicht verschont. Als Pius XI. (1922-1939) erstmals nach dem Abschluss der Lateranverträge nach Castel Gandolfo in den Albaner Bergen fuhr, geschah das Unvermeidliche. Der päpstliche Wagen wurde auf der Via Appia Nuova von einer Reifenpanne heimgesucht. Der Papst stieg aus dem Wagen und schaute interessiert dem Wechsel der Reifen zu. Doch es sollte beim Zuschauen nicht bleiben, wie der damalige Privatsekretär des Heiligen Vaters und spätere Dekan des Kardinalskollegiums, Carlo Confalonieri, berichtete. Pius XI. habe seinem Chauffeur, dem Cavaliere Politi, immer wieder Ratschläge gegeben, die sich sogar als äußerst hilfreich erwiesen.

Abenteuerlich gestaltete sich eine Autofahrt Pius XII. (1939-1958) im Kriegsjahr 1943. Am 19. Juli warfen amerikanische Flugzeuge in vier Angriffswellen mehr als 680 Tonnen Bombenmaterial über Rom ab, hauptsächlich über dem Stadtviertel von San Lorenzo. Tausende von Toten und Verletzten waren zu beklagen; Eine kaum zu beziffernde Zahl von Römern verlor Hab und Gut. Viele Menschen standen ohne Unterkunft da. Der Papst hatte den Vatikan unmittelbar nach den Angriffen verlassen und war ohne Gefolge, nur begleitet von Monsignore Giovanni Battista Montini, dem späteren Papst Paul VI., und dem Chauffeur seines Automobils, zu der Trümmerlandschaft gefahren.

Mutter Pascalina Lehnert, die Haushälterin des Papstes, bemerkte zu der Autofahrt: „Das arme Volk umringte seinen Hirten und Vater, der als Erster zu ihnen kam, um ihnen Trost und Hilfe zu bringen. Wie Trauben hingen die Leute am Trittbett seines Wagens; sie stiegen auf den Kühler und das Dach. Auf einmal blieb das Auto stehen und war nicht mehr von der Stelle zu bringen. Der Heilige Vater stieg aus und mischte sich unter seine Söhne und Töchter, tröstete sie und kniete endlich auf dem rauchenden Trümmerhaufen vor der Basilika zum Gebete nieder. Das Volk betete und weinte mit ihm. Dann verteilte Pius XII. alles, was er mitgebracht hatte. Es war bereits Abend, als er in einem kleinen Wagen [einem Fiat Topolino] zum Vatikan zurückfuhr, weil sein Auto nicht mehr ging.“

Im Januar 1964 besuchte Papst Paul VI. (1963-1978) das Heilige Land. Über die Autofahrt des Papstes nach Jerusalem wusste eine Sonderausgabe der „Bunte“ zu berichten: „Seit den Vormittagsstunden warteten Tausende von Menschen auf die Ankunft des Papstes, die für vier Uhr nachmittags angekündigt war. Sie standen in Kälte und Wind: Araber und Europäer, Mohammedaner und Christen, Orthodoxe und Katholiken, Kopten, Armenier, Syrer und Maroniten. Noch verlief alles in voller Disziplin. Dann näherte sich die Autokolonne auf der Jerichostrasse. Als die Menge den Papst in seiner schwarzen Limousine erkannte, brachen die Menschen in Jubel aus. Sie schrieen in allen Sprachen: ‚Es lebe der Papst!’ Die hinten standen, drängten nach vorn. Es war kein Halten mehr. Im Nu war der Wagen des Papstes eingekeilt. Nur noch im Schritttempo kam er vorwärts. Mit dem sorgfältig vorbereiteten Empfang vor dem Damaskustor war es vorbei. So dicht standen die Menschen um, dass der Papst zwanzig Minuten lang nicht einmal aus dem Wagen aussteigen konnte.“

Dem Papst war während seiner Pilgerreise im Heiligen Land der schwarze Mercury des libanesischen Staatspräsidenten Fuad Chehab zur Verfügung gestellt worden. Das Autokennzeichen hatte man entfernt und durch ein Phantasieschild ersetzt, das keine Nummer aufwies, sondern auf gelbweißem Grund das Wappen Pauls VI. zeigte. Am Steuer des Wagens saß der persönliche Chauffeur des Papstes, Franco Ghezzi. Als der Papst von Jordanien aus in den israelisch besetzten Teil Jerusalems fuhr, verweigerte er sich dem Wunsch Israels, den Wagen zu wechseln. Zur „Strafe“ wurde der Mercury von vier Technikern des israelischen Geheimdienstes minutiös untersucht, jeder Winkel des Wagens durchleuchtet und die Weiterfahrt erheblich verzögert.

Johannes Paul I. (1978), der 33-Tage-Papst, sollte nur ein einziges Mal das Auto in offizieller Funktion benutzen, als er vom Lateran Besitz ergriff. Für die Fahrt von Venedig zum Konklave nach Rom hatten sich Kardinal Albino Luciani und sein Sekretär eines nicht mehr ganz so neuen „Lancia 2000“ bedient. Nur mit Mühe und Not war man in der Ewigen Stadt angekommen, immer wieder hatte der Motor des Wagens ausgesetzt. In Rom bat Luciani seinen Sekretär, den Lancia sofort in eine Werkstatt zu bringen und auf eine schnelle Reparatur zu drängen: „Mitte nächster Woche werden wir wieder nach Hause fahren können“. Es kam anders.

Die beiden Vatikankorrespondenten des italienischen Nachrichtenmagazins „Panorama“, Stefano De Andreis und Marcella Leone, führten zu Johannes Paul II. (1978-2005) ein „Tagebuch seines Pontifikats“. Für den 25. Juli 1979 notierten sie: „Die heutige Audienz auf dem Petersplatz war ziemlich stürmisch: durch das Verschulden einer Nonne war der Papst in Gefahr geraten, von dem weißen Jeep zu fallen, mit dem er um den Platz fuhr, um die Gläubigen zu begrüßen. Die Ordensfrau hatte die Hand des Papstes ergriffen, während das Auto langsam weiterfuhr, und sie erst losgelassen, als sie merkte, daß der Papst nahe daran war, das Gleichgewicht zu verlieren. Nachdem die Gefahr überstanden war, gab der Papst der Nonne durch eine Geste seinen Tadel zu verstehen.“

Bei den Generalaudienzen liefen zur Sicherheit neben dem Wagen des Papstes Offiziere der Päpstlichen Schweizergarde und der vatikanischen Gendarmerie einher. Nicht selten verhinderten sie Unfälle. Besonders Camillo Cibin, der Chef der Gendarmen, tat sich dabei hervor. Andreas Englisch, der Vatikankorrespondent der „Bild“, berichtete in seinem Buch über Johannes Paul II., „wie Cibin, eine Frau oder einen Mann, die versuchten den Papst anzufassen, von dem Papamobil wegpflückte wie einen reifen Apfel. Der robuste Karatekämpfer Cibin rettete Hunderte von Menschen das Leben, die versuchten, sich vor, auf und unter das Papamobil zu werfen. Er fischte sie sich einfach wie ein Papiertaschentuch aus der Luft und stellte sie sicher neben den Absperrungen wieder ab.“

Für Johannes Paul II. war das Papamobil zu einem treuen Gefährt[en] geworden. Nur einmal enttäuschte es seinen hohen Fahrgast. Am ersten Weihnachtstag des Jahres 1999 begab sich der Papst zur Lateranbasilika, um die dortige Heilige Pforte für das Jubiläumsjahr 2000 zu öffnen. Dem Papamobil misslang die Auffahrt zum Atrium des Gotteshauses. Es kämpfte mit der Steigung – und kapitulierte schließlich. Der Wagen des Papstes blieb stehen. Der Heilige Vater war gezwungen auszusteigen und den weiteren Weg zu Fuß zurückzulegen; Johannes Paul II. sah man die damit verbundenen Anstrengungen deutlich an.

Am 18. August 2005 flog Papst Benedikt XVI. (2005-2013) zum XX. Weltjugendtreffen der katholischen Kirche nach Köln. Fast zwei Wochen zuvor, am 5. August, war das Papamobil in Deutschland eingetroffen. „Das vier Tonnen schwere Mercedes-Fahrzeug verfügt über 272 PS und kann auf bis zu 80 Stundenkilometer beschleunigen. Das perlmutfarbene, 2,80 Meter hohe Papst-Vehikel ist mit elektrischer Treppe sowie höhen- und seitenverstellbaren Sitz ausgestattet; die Karosserie ist gepanzert“, erfuhr man aus dem deutschen Fernsehen. Der Wagen wurde nach seinem Eintreffen zum Bundeskriminalamt (BKA) nach Meckenheim bei Bonn gebracht, dort genauestens untersucht und von Einsatzkräften des „BKA“ bewacht.

Bei dem Abschlussgottesdienst auf dem Marienfeld kam es dann dennoch zu einer kleinen technischen Panne am Papamobil. Als der Heilige Vater aussteigen wollte, versagte die Automatik der Treppe. Ein Angehöriger des Malteser Hilfsdienstes kam zur Hilfe. Mit einem Taschenmesser, einer Holzkiste und einer Sanitätsdecke baute er in aller Eile eine Ersatztreppe. Der Papst konnte problemlos aussteigen und mit der heiligen Messe beginnen. Als hätte er es gewusst, hatte der Malteser, dem das Messer gehörte, am Morgen den kontrollierenden Beamten des Bundeskriminalamtes die Herausgabe der „Waffe“ mit den Worten verweigert: „Das kann ich heute vielleicht noch brauchen!“

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