Gegen das Vergessen von Zwangssterilisation und Euthanasie

21. Juli 2013 in Deutschland


Sozial-Verbände in Deutschland erinnern an "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" vor genau 80 Jahren und mahnen Beachtung der Würde jedes menschlichen Lebens an


Berlin (kath.net/Bistum Erfurt/CBP) Das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" (GezVeN) vom 14. Juli 1933 jährt sich dieses Jahr zum 80. Mal. Zur Begutachtung eines Sterilisationsverfahrens wurden damals so genannte "Erbgesundheitsgerichte" geschaffen. Folgende Krankheits- und Behinderungsformen waren unter anderem betroffen: Schizophrenie, bipolare Störungen, Epilepsie, geistige Behinderung und vererbte Blind- und Taubheit.

Bis Mai 1945 wurden etwa 400.000 Menschen zwangssterilisiert. Immer wieder starben Menschen bei den oft unprofessionell durchgeführten Operationen. Das Gesetz war im nationalsozialistisch beherrschten Deutschland ein wichtiger Teil der vom Regime propagierten "Rassenhygiene" und mündete unter anderem in die "Aktion T4" (die Vernichtung "lebensunwerten" Lebens).

Das GezVeN wurde nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945, wie ein Großteil der in der Zeit des Nationalsozialismus erlassenen Gesetze, nicht durch die Kontrollratsgesetze aufgehoben. Es galt in der Bundesrepublik noch lange fort, während es in der DDR aufgehoben war.

Seit Beginn der 1950er Jahre wurde in der Bundesrepublik zunehmend Kritik am Fortbestand des Gesetzes laut. Wegen der Fortgeltung des Gesetzes wurden die Opfer nicht offiziell als Opfer des nationalsozialistischen Terrors anerkannt und erhielten keine Entschädigungen. Das änderte sich erst im Jahr 1974, als das Gesetz vom Deutschen Bundestag für die gesamte Bundesrepublik außer Kraft gesetzt wurde. Aber erst 1988 ächtete der Bundestag das Gesetz.

Zwangssterilisation und Euthanasie auf der Basis rassenhygienischer und erbbiologischer Überlegungen geschahen bereits im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Der Nationalsozialismus hat dieses Gedankengut radikalisiert und grausam und systematisch in die Tat umgesetzt.

Die Sozial-Verbände erklären: „Die Verbände sehen sich in der Pflicht, sich gegen das Vergessen dieser schrecklichen Verbrechen und für ein Lernen aus der Geschichte in der Gegenwart einzusetzen und bedauern zutiefst das erfahrene Leid der Opfer. Gemeinsam treten die Verbände dafür ein, dass Menschenwürde und Menschenrechte von allen Mitgliedern der Gesellschaft gleichermaßen gelebt werden können.“

Die Verbände dieser gemeinsamen Erklärung sind Aktion Psychisch Kranke e.V., AWO Bundesverband e.V., Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde e.V., Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V., Bundesverband für körper- und mehrfach behinderte Menschen e.V. (bvkm), Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V., Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V., Deutsche Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband - Gesamtverbande.V., Deutsches Rotes Kreuz e.V. (DRK), Familien Selbsthilfe Psychiatrie Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker e.V., Verband für anthroposophische Heilpädagogik, Sozialtherapie und soziale Arbeit e.V.


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