'Die Welt' bezeichnet EKD-Papier als 'theologisches Armutszeugnis'

1. Juli 2013 in Kommentar


„Die eigentliche Katastrophe dieses Textes aber besteht darin, dass die Sprache des Glaubens in Schwammigkeiten abrutscht und nur noch der gesellschaftlichen Realität hinterherzuschlittern vermag.“


Berlin (kath.net) „Es steht nicht gut um die evangelische Kirche. Warum, macht die 'Orientierungshilfe' der Evangelischen Kirche Deutschland zum Thema Ehe und Familie deutlich: sie ist ein theologisches Armutszeugnis.“ Dies schrieb Matthias Kamann in der überregionalen Tageszeitung „Die Welt“. Er diagnostiziert beim derzeitigen Protestantismus zwei Krisensymptome: Der Text der neuen „Orientierungshilfe“ Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Thema Ehe und Familie bleibe unbestimmt, „wo es um Unterschiede zwischen der lebenslangen Ehe und anderen Partnerschaftsformen gehen müsste“, dies führe „ schweren Verwerfungen in der Kirche, nachdem sich Bischöfe, ein Ratsmitglied sowie Politiker in Union und FDP davon distanziert haben. Das zweite Krisensymptom ist der Befund des Religionsmonitors, dass die Religiosität bei Protestanten geringer ist als bei anderen Mitgliedern europäischer Religionsgemeinschaften.“ Dabei habe im Protestantismus die Tendenz verstärkt, „die Theologie immerzu in Einklang bringen zu wollen mit dem, was in Gesellschaft, Recht und politischer Philosophie etwa beim Thema Ehe und Familie an Wandel und Fortschritt vor sich geht“.

Der Glaube brauche aber Distanz, er lebe „von der Spannung zwischen Weltlichem und Theologischem“, wo es diese nicht mehr gebe, „weil vom Politik-Mitvollzug auf Kirchentagen bis hin zur Nacherzählung unseres Familienwandels in jener ‚Orientierungshilfe‘ unablässig die Differenzen aufgehoben werden sollen“, erlahme die Glaubenskraft. „Diese sucht das andere, das oft unerreichbar ist und gerade deshalb fordert, nicht hingegen das Gleiche, das stets nah und rasch zu haben ist. Das Licht, das Gläubige orientierend leitet, ist ein Licht von woanders her.“

Kamann schließt seinen Kommentar mit der Bemerkung: „Die eigentliche Katastrophe dieses Textes aber besteht darin, dass die Sprache des Glaubens in Schwammigkeiten abrutscht und nur noch der gesellschaftlichen Realität hinterherzuschlittern vermag. Theologisch ist dieser Text ein derartiges Armutszeugnis, dass es Zeit wird, sich daran zu erinnern, dass der Protestantismus von den christlichen Laien lebt. Wer, wenn nicht sie, sollte noch die theologische Neubesinnung der Kirche übernehmen können?“

Link zum vollständigen Kommentar in der „Welt“: „Das Armutszeugnis der evangelischen Kirche“


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