Wir dialogisieren uns ein neues Pfingsten herbei

1. Juli 2013 in Kommentar


Die Vorsitzende der Katholischen Aktion Österreich hat große Erwartungen an das ‚Zukunftsforum’. Es soll ein ‚neues Pfingsten’ bringen, das aber nicht durch den Heiligen Geist, sondern durch den Dialog gewirkt wird. Ein Kommentar von Johannes Graf


Mariazell (kath.net/jg)
Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) hat es geschafft. Die österreichischen Bischöfe haben den von ihr initiierten Dialogprozess unter dem Titel „Zukunftsforum“ im Rahmen der Sommervollversammlung in Mariazell beschlossen. Er ist als „strukturierter Gesprächsprozess zu den Themen und Herausforderungen der Zeit“ gedacht, wie die Bischöfe in ihrer Erklärung schreiben. Die heutige „Lebenswelt“ soll „im Licht des Evangeliums und im Gespräch mit der säkularen Gesellschaft reflektiert“ werden, heißt es weiter.

Das Zukunftsforum soll im Herbst 2014 beginnen und vier große Themenbereiche abdecken: „Familie und Beziehung“, „Bildung und Arbeit“, „Kirche und Gesellschaft in Österreich“ und „Gerechtigkeit und Ökologie weltweit“. Die Organisatoren wollen „angesichts großer Umbrüche in der Gesellschaft“ mit Betroffenen, Experten, Andersdenkenden und kirchenkritischen Personen ins Gespräch kommen.

Es seien daher alle eingeladen, „denen die Zukunft der Kirche ein Anliegen ist“, schreibt KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhofer in einer Erklärung. Sie wünscht sich „ein neues Pfingsten, ein neues Verstehen“. Dieses erhofft sie sich aber nicht durch den Heiligen Geist, sondern durch den Dialog. Ein neues Pfingsten „wird nur möglich sein, wenn wir den Dialog mit allen Menschen suchen und ihre Anliegen zu unseren machen“, heißt es wörtlich in der Erklärung.

Diese Aussage wirft einige Fragen auf. Warum braucht die Kirche ein neues Pfingsten? Reicht das historische Pfingstereignis nicht mehr aus? Hat der Heilige Geist die Kirche im Lauf der Jahrhunderte verlassen? Bemerkenswert ist auch die angebotene Lösung. Das neue Pfingsten wird durch den Dialog erreicht. Die göttliche Gnade brauchen wir dazu nicht mehr und das Gebet auch nicht. Wir dialogisieren uns das neue Pfingsten herbei. Wer hier Ansätze zu einer innerweltlichen Selbsterlösungslehre sieht, liegt wohl richtig. Diese Tendenzen sind der modernistischen Theologie nicht fremd. Wenn Gott zu einer anonymen, universalen Kraft erklärt wird, die allen alles sein kann, bleibt nur mehr die Flucht in die Welt. In diese Richtung geht auch der zweite Teil des Satzes, aus dem sich weitere Fragen ergeben.

Möchte Frau Schaffelhofer wirklich, dass sich die Kirche die Anliegen „aller Menschen“ zu eigen macht? Sind darin auch die Anliegen der Piusbruderschaft eingeschlossen? Selbst wenn man davon absieht, dass dieses Vorhaben unmöglich durchzuführen ist, würde es die Selbstaufgabe der Kirche bedeuten. Dahinter steht wohl – bewusst oder unbewusst – das Habermassche Ideal des herrschaftsfreien Dialoges. Wenn nur alle offen und ehrlich in einen „Dialog auf Augenhöhe“ eintreten würden, wären alle Probleme lösbar. Die neuen Todsünden heißen dann Intoleranz und „Dialogverweigerung“. Das Wort „extra ecclesiam nulla salus“ (außerhalb der Kirche ist kein Heil) wird beibehalten, bekommt aber eine völlig neue Bedeutung. Das Heil wird durch die Kirche gewirkt, weil sie dieses Dialogforum ist.


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