Das zweifach maskierte Christentum ohne Christus

27. Juni 2013 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages: Die Fehler der übermäßigen Oberflächlichkeit eines ‚flüssigen Christentums’ und der verbissenen Rigidität. Die ‚Christen der Worte’ – Neu-Gnostizismus und Neu-Pelagianismus jenseits des Felsens. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Es gibt Menschen, die sich als Christen maskieren und entweder den Fehler übermäßiger Oberflächlichkeit oder zu großer verbissener Rigidität begehen. Dabei vergessen sie, dass ein wahrer Christ ein Mensch der Freude ist, der seinen Glauben auf den Felsen Christi baut. Mit diesen Worten wandte sich Papst Franziskus in seiner Predigt am Donnerstag der zwölften Woche im Jahreskreis (CI) bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“ an die versammelte Gemeinde.

Es konzelebrierte der Erzbischof von Aparecida, Raimundo Kardinal Damasceno Assis, zusammen mit weiteren Bischöfen. Am Gottesdienst nahmen Vertreter des Personals des vatikanischen Gesundheitsamtes in Begleitung des päpstlichen Arztes Dr. Patrizio Polisca teil.

Verbissen und traurig. Oder heiter, doch ohne eine Vorstellung von der christlichen Freude zu haben. So beschrieb der Papst die in einem gewissen Sinne einander entgegengesetzten „Häuser“, in denen zwei Kategorien von Gläubigen wohnen und die in beiden Fällen einen schweren Mangel haben: sie gründen auf einem aus Worten gemachten Christentum und nicht auf dem „Felsen“ des Wortes Christi. Franziskus erkannte diese beiden Gruppen ausgehend vom Evangelium vom Tag, in dem der Unterschied zwischen „auf Sand gebaut – auf Fels gebaut“ dargelegt wird (Mt 7,21-29).

„In der Geschichte der Kirche hat es zwei Klassen von Christen gegeben“, so Franziskus: „die Christen der Worte – jene des ‚Herr, Herr, Herr’ – und die Christen, die in Wahrheit handeln. Immer hat es die Versuchung gegeben, unser Christentum jenseits des Felsens zu leben, der Christus ist. Der einzige, der uns die Freiheit schenkt, zu Gott ‚Vater’ zu sagen, ist Christus oder der Fels. Er ist der einzige, der uns in den schwierigen Augenblicken trägt, nicht wahr? Wie Jesus sagt: es kommt der Wolkenbruch, die Wassermassen fluten heran, die Stürme toben, doch wenn der Fels da ist, ist Sicherheit gegeben. Handelt es sich aber nur um Worte, so fliegen diese Worte weg, sie nützen nichts. Das aber ist die Versuchung dieser Christen der Worte, eines Christentums ohne Jesus, eines Christentums ohne Christus. Und das ist geschehen und geschieht auch heute in der Kirche: Christen ohne Christus zu sein“.

Der Papst analysierte diese „Christen der Worte“ weiter und stellte ihre spezifischen Merkmale heraus. Einen ersten Typ bezeichnete Franziskus als den „gnostischen“, „der - statt den Felsen zu lieben - der schönen Worte frönt und lebt, indem er auf der Oberfläche des christlichen Lebens daherschwimmt“. Eine weitere Art dieser „Christen der Worte“ kennzeichnete der Papst als „pelagianisch“. Sie zeichneten sich durch einen überernsten und verspannten Lebensstil aus: Christen, so der Papst ironisch, „die auf den Boden schauen“:

„Und diese Versuchung ist heute gegeben. Oberflächliche Christen, die wohl an Gott, an Christus glauben, dies aber in zu zerstreuter Art tun: nicht Jesus Christus ist es, der das Fundament gibt. Das sind die modernen Gnostiker. Die Versuchung des Gnostizismus. Ein ‚flüssiges’ Christentum. Auf der anderen Seite gibt es jene, die glauben, dass das christliche Leben derart ernst genommen werden müsse, dass sie dabei enden, Solidität und Festigkeit mit verbissener Rigidität zu verwechseln. Sie sind steif! Sie glauben, dass es für das Christsein notwendig ist, ein Trauergewand anzulegen, immer“.

Tatsache sei, dass es viele von solchen Christen gebe. Doch „sie sind keine Christen, sie maskieren sich als Christen. Sie wissen nicht, was der Herr ist, sie wissen nicht, was der Fels ist, ihnen fehlt die Freiheit der Christen. Und, um es ein wenig einfach zu sagen: sie haben keine Freude“:

„Den ersten eignet eine gewisse oberflächliche ‚Heiterkeit’. Die anderen leben in einer ständigen Totenwache, doch sie wissen nicht, was die christliche Freude ist. Sie wissen es nicht, das Leben zu genießen, das Jesus uns gibt, da sie es nicht verstehen, mit Jesus zu sprechen. Sie fühlen sich nicht ‚auf’ Jesus gestellt, mit jener Festigkeit, die die Gegenwart Jesu schenkt. Und sie haben nicht nur keine Freude: sie haben keine Freiheit. Die einen sind Sklaven der Oberflächlichkeit, dieses zerstreuten Lebens, die anderen sind Sklaven der Rigidität, sie sind nicht frei. In ihrem Leben ist kein Platz für den Heiligen Geist. Der Geist ist es, der uns die Freiheit schenkt! Der Herr lädt uns heute ein, unser christliches Leben auf ihn zu bauen, auf den Felsen, der uns die Freiheit schenkt, der uns den Geist sendet, der dich voll Freude auf dem Weg, in seinen Vorschlägen vorwärts gehen lässt“.

Dem Autor auf Twitter folgen!



© 2013 www.kath.net