Der letzte heidnische Römerherrscher

25. Juni 2013 in Chronik


Vor 1.650 Jahren starb Kaiser Julian Apostata. Von Thomas Jansen (KNA)


Rom (kath.net/KNA) «Galiläer, du hast gesiegt». Mit diesem Eingeständnis auf den Lippen soll jener Mann entschlafen sein, der als der «letzte heidnische Herrscher» und einer der großen Widersacher des jungen Christentums in die Geschichte einging: Der römische Kaiser Julian (331-363). «Apostata», «der Abtrünnige» nannten die alten christlichen Schriftsteller ihn abschätzig. Denn so einer war aus ihrer Sicht ein Betriebsunfall der Heilsgeschichte: Julian, der vor 1.650 Jahren gestorbene Neffe von Konstantin dem Großen, entsagte dem Christentum und wandte sich wieder den antiken römischen und griechischen Kulten zu.

Wie so viele letzte Worte enthält auch Julians angeblicher Ausruf auf dem Sterbebett zumindest einen wahren Kern: Sein Versuch, das junge Christentum zurückzudrängen und die antiken heidnischen Religionen wiederzubeleben, war im Nachhinein betrachtet offensichtlich gescheitert. Der Botschaft von Jesus Christus, dem Mann aus Galiläa, hatte er, der sich für den Auserwählten des Sonnengottes Helios hielt, nicht mehr Einhalt gebieten können. Die antiken Religionen starben bis zum Mittelalter ab; das Christentum wurde rund 30 Jahre nach seinem Tod zunächst Staatsreligion im Römischen Reich und schließlich Weltreligion.

Bis zu seinem 20. Lebensjahr deutete nichts darauf hin, dass Julian einmal als Widersacher des Christentums gelten würde. Als Sohn des Julius Konstantius, einem Stiefbruder Konstantins des Großen und der Basilinia 331 in Konstantinopel geboren, erhielt er die Taufe, genoss eine christliche Erziehung und übte schließlich das Amt des Lektors aus. Seine Eltern verlor er im Alter von sechs Jahren im Zuge des Blutbads, das Konstantins Söhne nach dessen Tod 337 anrichteten. Fortan lebte Julian zunächst in Nikomedia, dem heutigen Izmit in der Türkei, im Exil und später auf einer kaiserlichen Domäne in Kappadokien unter strenger Aufsicht.

Zum Bruch mit dem Christentum kam es nach Julians eigener Darstellung 351, als er in Ephesus ein Mithras-Heiligtum betrat. Darin soll ihm der Sonnengott Helios in einer Vision erschienen sein. Er, Julian, solle das Griechentum und das römische Kaiserreich retten. Wie er das zu tun beabsichtigte, zeigte Julian schon bald nach seinem Amtsantritt als Alleinherrscher im Römischen Reich 361. Noch im gleichen Jahr erklärte er alle heidnischen Kulte wieder für rechtmäßig. Zudem erlaubte er allen im Zuge von Streitigkeiten über die christliche Lehre verbannten Christen die Rückkehr aus dem Exil. Die Absicht dahinter war offensichtlich: Die christlichen Gemeinden sollten durch internen Zwist geschwächt werden. Wo immer Julian hinkam, befahl er die Widererrichtung von Tempeln und feierte heidnische Kultfeste mit.

Julian kehrte nicht wieder zur Praxis der systematischen Christenverfolgung zurück, wie sie zuletzt Diokletian (285-304) im großen Stil betrieben hatte. Gleichwohl billigte er in vielen Fällen Ausschreitungen gegen Christen sowie deren Vertreibung. Julian selbst ernannte sich zum Propheten des Gottes Apoll. In der Schrift «Gegen die Galiläer» zeichnete er ein überaus gehässiges Porträt von Jesus Christus. Dieser sei anders als die Heldengestalten Herakles und Asklepios, die für das Wohl der Menschen gelitten hätten, wie ein Sklave hingerichtet worden. Auch mit der Kirche ging er hart ins Gericht; sie sei intolerant und bildungsfeindlich.

Wie kaum ein zweiter römische Kaiser lädt Julian zu Gedankenspielen ein. Was wäre passiert, wenn er nicht schon nach zwei Jahren im Amt mit nur 32 Jahren gestorben wäre, sondern 20 Jahre regiert hätte? War seine Religionspolitik ein zum Scheitern verurteilter Versuch, das Rad der Geschichte zurückzudrehen? Oder blieb Julian einfach nicht genug Zeit? Ja, stünde heute vielleicht ein Apollo-Tempel an der Stelle des Petersdoms, wenn Julian ein hohes Alter vergönnt gewesen wäre? Das Urteil der meisten Historiker fällt vorsichtig aus: Dass die Weltgeschichte tatsächlich einen anderen Verlauf genommen hätte, behauptet kaum einer ernsthaft. Doch soviel steht für viele fest: Für das Christentum wären schwierige Zeiten angebrochen.

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