‚Die Heuchler, die das Volk Gottes in eine Sackgasse führen’

19. Juni 2013 in Aktuelles


Franziskus-Perle des Tages: Moralisten sind kleine, feige und talentlose Intellektuelle, die nichts von Güte, Liebe und Wahrheit wissen und nur Museumsschönheiten kennen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Das Christentum ist keine spitzfindige „Kasuistik“ von Geboten. Ein derartiges Verständnis verhindert es, zu begreifen und zu leben, dass Gott Freude und Großmut ist. Dies erklärte Papst Franziskus in seiner Predigt am Mittwoch der elften Woche im Jahreskreis (CI) bei der heiligen Messe in der Kapelle des vatikanischen Gästehauses „Domus Sanctae Marthae“.

Am Gottesdienst nahmen eine Gruppe von Mitarbeitern der Kongregation für die Bischöfe sowie der Präsident und Sekretär des Päpstlichen Rates für die Familie, Erzbischof Vincenzo Paglia und Bischof Jean Laffitte, teil. Es konzelebrierten der Präfekt und der Sekretär der Bischofskongregegation, Marc Kardinal Ouellet und Erzbischof Lorenzo Baldisseri.

„Die Heuchler, die das Volk Gottes in eine Sackgasse führen“: sie sind die Protagonisten des Evangeliums vom Tag (Mt 6,1-6.16-18) und der Predigt des Papstes über den Kontrast zwischen dem Verhalten der Pharisäer und Schriftgelehrten – die sich öffentlich zur Schau stellten, wenn sie Almosen gaben, beteten und fasteten – und jenem, auf das Jesus die Jünger als das rechte Verhalten verweist: das verborgene Tun, die Gott gefällige und von ihm belohnte Diskretion.

Jenseits der Eitelkeit der Pharisäer und Schriftgelehrten brandmarkte Franziskus, dass sie den Gläubigen „so viele Gebote auferlegten“, weshalb er sie als „Heuchler der Kasuistik“ bezeichnete: „talentlose Intellektuelle, die nicht die Einsicht haben, Gott zu finden, Gott einsichtig zu erklären“. Auf diese Weise hinderten sie sich selbst und die anderen, in das Reich Gottes einzutreten.

„Jesus sagt es“, so der Papst: „‚Ihr kommt nicht hinein und ihr lasst die andere nicht eintreten!’. Sie sind Moralisten ohne Güte, sie wissen nicht, was die Güte ist. Aber ja doch, sie sind Moralisten, nicht wahr? ‚Man muss das tun und das und das...’ Sie machen dich mit Geboten voll, aber ohne Güte... Und jene mit dem Band der Gebote am Arm, die sich mit so vielen kostbaren Tüchern kleiden, mit vielen Dingen, um ein wenig so zu tun, als seien sie majestätisch, vollkommen – sie haben keinen Sinn für Schönheit. Sie haben keinen Sinn für Schönheit. Sie gelangen nur zu einer Museumsschönheit. Talentlose Intellektuelle, Moralisten ohne Güte, Träger von Museumsschönheiten. Das sind die Heuchler, die Jesus so sehr tadelt“.

„Aber das ist noch nicht alles“, so Franziskus weiter: „Im heutigen Evangelium spricht der Herr von einer weiteren Klasse von Heuchlern, von denen, die auf das Heilige abzielen“:

„Der Herr spricht vom Fasten, vom Gebet, vom Almosengeben: von den drei Säulen der christlichen Frömmigkeit, von der inneren Umkehr, die die Kirche uns allen in der Fastenzeit vorschlägt. Auch auf dieser Straße gibt es die Heuchler, die sich zur Schau stellen, wenn sie fasten, Almosen geben und beten. Ich denke: wenn die Heuchelei bis zu diesem Punkt der Beziehung mit Gott vordringt, dann sind wir der Sünde gegen den Heiligen Geist ziemlich nahe. Diese Leute wissen nichts von Schönheit, sie wissen nichts von Liebe, sie wissen nichts von Wahrheit: sie sind klein, erbärmliche Feiglinge“.

Franziskus rief die Heuchelei in der Kirche in Erinnerung, die bei allen so viel Übel anrichte. Demgegenüber verwies der Papst gleichsam als nachzuahmende Ikone auf einen in einem anderen Abschnitt aus dem Evangelium beschriebenen Menschen: auf den Zöllner, der in demütiger Einfachheit bete und sage: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (vgl. Lk 18,13): „Das ist das Gebet, das wir alle Tage verrichten müssen, im Bewusstsein, dass wir Sünder sind, mit konkreten und nicht mit theoretischen Sünden“.

Dieses Gebet, so der Papst abschließend, möge uns helfen, die Straße einzuschlagen, die der Heuchelei – einer Versuchung, „der wir alle ausgesetzt sind“ – entgegengesetzt ist: „Wir alle aber haben auch die Gnade, die von Jesus Christus kommt: die Gnade der Freude. Die Gnade des Großmuts, der Weite. Der Heuchler weiß nicht, was Freude ist, er weiß nicht, was Weite ist, er weißt nicht, was Großmut ist“.

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