Bischof Clemens Pickel kritisiert Kontrollen durch russische Behörden

7. April 2013 in Weltkirche


Bischof: Die Überprüfungen der katholischen Einrichtungen seien zwar «rechtens», doch «was betrübt, ist die Art und Weise: Ohne Anmeldung überprüfen - das macht man eigentlich nur mit Verdächtigen.»


Saratow/Köln (kath.net/KNA) Der stellvertretende Vorsitzende der katholischen Russischen Bischofskonferenz, Bischof Clemens Pickel, hat die Kontrollen von zahlreichen katholischen Einrichtungen durch Behörden des Landes kritisiert. Die Überprüfungen seien zwar «rechtens», sagte Pickel am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). «Was betrübt, ist die Art und Weise: Ohne Anmeldung überprüfen - das macht man eigentlich nur mit Verdächtigen.» Die katholische Kirche werde durch die Kontrollen «in den Augen der Bevölkerung - gewollt oder ungewollt - in ein schlechtes Licht» gerückt, so der Bischof von Saratow im Südwesten Russlands.

Er könne sich nicht vorstellen, dass das Absicht sei, fügte Pickel hinzu. Das Verhältnis von russischem Staat und katholischer Kirche sei in Ordnung. In Pickels Bistum gibt es nach seinen Angaben «vielerorts» Kontrollen. Weil diese noch nicht abgeschlossen seien, würden die Prüfer bisher wenig oder unterschiedliche Auskunft über Grund und Ziele geben. Einzelheiten nannte der Bischof nicht.

Laut russischen Medienangaben verhängten die Behörden ein Bußgeld von umgerechnet rund 11.000 Euro gegen eine katholische Pfarrei in Nowotscherkassk in Pickels Bistum, weil deren rund hundert Jahre alte Kirche die Brandschutzauflagen nicht erfülle. Der Pfarrer sagte demnach, er könne das Bußgeld nicht zahlen. Nun droht die Schließung der Kirche. Die Staatsanwaltschaft, die Brandschutzaufsicht und weitere Behörden kontrollierten am Mittwoch auch das Büro der Caritas in Sankt Petersburg auf die Einhaltung aller Vorschriften – vom Zustand der Toiletten bis zu den Dokumenten. Das Ergebnis der Untersuchung soll laut dem katholischen Sozialverband am Montag mitgeteilt werden.

Unterdessen rügte der Russland-Koordinator der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), das Vorgehen der russischen Behörden gegen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) scharf. Eine solche Konfrontation zwischen Staat und Bürgern sei «ein Anschlag zu allererst auf Russlands eigene Zukunftsfähigkeit», sagte er am Freitag im Deutschlandfunk. Die Grundlagen für die Überprüfungen seien völlig unklar. Es gehe ganz offensichtlich «vor allem um Verunsicherung und Einschüchterung von zivilgesellschaftlichem Engagement». Auch das Vorgehen gegen die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung und die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung habe den deutsch-russischen Beziehungen geschadet, so Schockenhoff.

Der Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Wolfgang Gerhardt (FDP), verlangt von Russlands Staatspräsident Wladimir Putin eine Garantie, dass Razzien russischer Behörden gegen Nichtregierungsorganisationen (NGO) in Zukunft ausgeschlossen sind. In hr-iNFO schloss der frühere FDP-Vorsitzende auch einen Rückzug der Stiftung aus Russland nicht aus.

Die russischen Behörden haben seit März tausende NGOs überprüft und vorübergehend Computer beschlagnahmt. Die Behörden verhängten laut Menschenrechtlern bisher gegen insgesamt rund zehn NGO Sanktionen. Gefahndet wurde offenbar nach ausländischen Geldgebern. Hintergrund ist ein seit 2012 geltendes russisches Gesetz, nach dem sich Organisationen mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland als «ausländische Agenten» registrieren lassen müssen.

Amnesty International, die Gesellschaft für bedrohte Völker und die niedersächsischen Grünen wollen am Sonntag und Montag in Hannover gegen die Maßnahmen demonstrieren, während Putin Ehrengast auf der dortigen Industriemesse ist.

kathTube-Film: Der gute Mensch von Saratow: Bischof Clemens Pickel


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