Gewalt an Kindern im Namen Satans

5. April 2013 in Weltkirche


Experten fordern: Das Schweigen über rituelle Misshandlungen brechen


Münster (kath.net/idea) Wer den Begriff „Satanismus“ hört, denkt an schwarze Messen, okkulte Praktiken und Tieropfer. Doch ein grausiger Aspekt befindet sich bisher weitgehend in einer Tabuzone: die rituelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen.

Fachleute, die Opfern helfen, fordern Politik und Kirche auf, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. „Das Wichtigste ist, das Schweigen zu brechen“, sagte die Psychotherapeutin Michaela Huber (Göttingen).

Nach ihren Worten handelt es sich im Kern um Zwangsprostitution in sadistischen Täterkreisen. Kinder und junge Frauen würden von bestimmten Tätergruppen, darunter „Hardcore-Satanisten“, systematisch gefügig gemacht. „Das ist harte Folter durch in erster Linie männliche Täter mit weiblichen Helferinnen, die sadistische Gewalt ausüben bzw. gegen Geld die so ‚Abgerichteten‘ anderen Sadisten zur Verfügung stellen“, so die Trauma-Expertin.

Ein Teil der Täter bezeichne die Perversionen und rituellen Vergewaltigungen als Religion. „Tu, was du willst“ sei das einzige Gesetz, dem sie folgten. „Der Satanismus bietet diesen Männern eine Legitimation, ihre Bösartigkeit auszuleben“, sagte Huber gegenüber der Evangelischen Nachrichtenagentur idea.

Extreme Sadisten quälen bis zum Tod

Laut Huber werden die Opfer „so eingeschüchtert, in einen solchen Schockzustand versetzt, dass sie dissoziieren“. Das bedeute, dass sie ihre normale Wahrnehmungs- und Gedächtnisfunktion unterbrechen müssten, um die Misshandlungen zu überleben. Viele Opfer hätten tagelange Erinnerungslücken, was auch Aussagen vor Gericht erschwere. Huber – sie ist auch Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation: „Zum Zweck der Benutzbarkeit werden die Kinder unter der Folter mit einem anderen Namen angesprochen. Sie geraten in einen anderen Zustand und tun dann alles, was die Täter wollen.“ Für extreme Sadisten sei es das Höchste, ein Kind zu Tode zu quälen.

Nach Hubers Erfahrungen sind die Täter, die ihre grausamen Fantasien auslebten, meist gut betucht oder hätten eine hohe gesellschaftliche Position. Darunter seien nach Berichten von Opfern auch Manager, Staatsanwälte und sogar Geistliche.

Huber berichtete von einer Kita-Erzieherin, die zwei ihrer Schutzbefohlenen in einen abgelegenen Ort mitgenommen und dort „abartige Filme“ gedreht habe. Der Junge und seine Cousine waren drei und vier Jahre alt. Als die Eltern von dem Unfassbaren erfuhren und Anzeige erstatteten, hätten sie den Glauben an den Rechtsstaat verloren, so Huber. Die Aussagen der Kinder seien von der Staatsanwaltschaft angezweifelt worden. Sie erzählten Fantasiegeschichten, so die Begründung. „Diese Erzieherin arbeitet heute noch im Kindergarten“, bedauert Huber.

Opfer wenden sich aus Angst selten an die Polizei

Nach ihren Erfahrungen trauen sich Opfer selten, Strafanzeige zu stellen, weil sie Todesangst hätten. Die Täter verlangten von ihnen, ihr Geheimnis zu hüten. Außerdem werde ihnen eingetrichtert, dass sie selbst schuldig und böse seien und ihnen niemand glauben werde. Der Ausstieg von Opfern dauere oft Jahre, so Huber.

Dabei würden Helfer extrem beansprucht. Sie „sollten ihr persönliches Engagement zeitlich und energetisch dosieren, sonst brennen sie aus“, so die Psychotherapeutin. Sie empfiehlt Helfern, sich zu vernetzen. Laut Huber sind rituelle Misshandlungen verbreiteter als weithin angenommen. Nach einer Befragung hätten 13 Prozent der niedergelassenen Kassen-Psychotherapeuten schon Klienten behandelt, die Gewalt im Zusammenhang mit Okkultismus und Satanismus erfahren hätten. Nach Schätzungen soll es in Deutschland rund 40.000 Satanisten geben.

Therapie wird mit Gebet begleitet

Seit zehn Jahren engagiert sich die Baptistin und Psychotherapeutin Gerhild Specht (Meschede/Sauerland) im Wittener Netzwerk „Rituelle Gewalt“. Sie betreut derzeit zehn Opfer satanistischer Gruppen. Die Therapien dauern oft mehrere Jahre. Specht behandelt Klienten nach eigenen Angaben nur, wenn mindestens zwei Personen sich schriftlich festlegen, für die Betroffenen während des Therapieprozesses zu beten. Sie bietet Einzelgespräche und Gruppensitzungen an. Weil dabei die Patienten füreinander beten, erlebe sie immer wieder, dass Betroffene zum christlichen Glauben gefunden hätten, sagte Specht gegenüber idea. Sie bedauert, dass viele christliche Gemeinden Berührungsängste mit dem Thema „Satanismus“ hätten. Die 75-Jährige ruft dazu auf, vermehrt darüber aufzuklären und für die Opfer und deren Therapeuten zu beten. Die Leiterin des „Arbeitskreises Rituelle Gewalt“ der (katholischen) Bistümer Essen, Münster und Osnabrück, Brigitte Hahn (Münster), fordert „eine viel größere Aufmerksamkeit für das Thema“. Politik und Kirche müssten den Berichten über Gewalt in satanistischen Sekten stärker nachgehen. Für die Aussteiger brauche man mehr fachkundige Therapeuten, Mediziner und Polizisten.


© 2013 www.kath.net