Neuanfang in Schwarz und Weiß

20. März 2013 in Weltkirche


Papstwahl eines Argentiniers mischt Staat-Kirche-Verhältnis neu. Von Tobias Käufer (KNA)


Buenos Aires (kath.net/KNA) Die konservative Tageszeitung «Clarin» hat es genau ausgerechnet: Mehr als 14 Mal hat Argentiniens Staatspräsidentin Cristina Kirchner einem von Kardinal Jorge Mario Bergoglio gewünschten Treffen im Präsidentenpalast von Buenos Aires eine Absage erteilt. Obendrein habe - so berichtet das kirchnerkritische Blatt weiter - das Lager der Präsidentin vor der Wahl des ersten katholischen Kirchenoberhauptes Lateinamerika sogar ein Dossier an die Kardinäle verteilen lassen, das vor einer Wahl des Erzbischofs von Buenos Aires gewarnt habe.

Kirchner, die aus einem linksradikalen Umfeld stammt und sich als legitime Nachfolgerin von Evita Peron (1919-1952) inszeniert, und der bürgerliche Bergoglio: Das hat bislang überhaupt nicht zusammengepasst.

Bergoglio kritisierte ihre Unterstützung von Abtreibung und sogenannter Homo-Ehe scharf, forderte einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel. Die Argentinier hätten sich mittlerweile an die «Dämone des Geld-Imperiums» wie Drogen- und Menschenhandel oder Korruption gewöhnt. Das führe zu einer Gewalt, die ganze Familien zerstöre. Besonders Kinder aus den ärmeren Bevölkerungsschichten seien von dieser Entwicklung betroffen, so der Erzbischof von Buenos Aires weiter. All das führe zu einer Vernichtung von würdevoller Arbeit und einer fehlenden Zukunftsperspektive.

Es war ein Frontalangriff auf den «Kirchnerismus», der seit 2003 regiert und sich als alleinige Vertretung der Rechte der Armen verstand. Zunächst führte Kirchners inzwischen verstorbener Ehemann Nestor das Land (2003-2007), dann folgte Cristina Kirchner mit zwei Wahlerfolgen. Die Nachricht der Wahl von Franziskus platzte mitten in die Vorbereitungen ihrer Partei, eine Verfassungsänderung für eine erneute Wiederwahl Kirchners vorzubereiten. Die ist laut aktueller Gesetzeslage eigentlich nicht möglich.

Papst Franziskus kann für Kirchners angestrebte dritte Amtszeit gefährlich werden. Sein Auftakt als ein bescheidener «Papst der Armen» ist ein klarer Kontrast zu Kirchner. Vor vier Jahren machten Korruptionsvorwürfe die Runde: Ihr Privatvermögen habe sich um insgesamt 572 Prozent gesteigert. In Patagonien gehören der Familie Kirchner mittlerweile ganze Landstriche. Die Einstellung der Untersuchungen wegen Korruption gegen die Kirchners sind in Argentinien bis heute höchst umstritten.

Umso erleichterter zeigte sich Kirchner nach dem ersten Treffen mit dem Papst. Argentiniens TV-Nachrichtensender zeigten die Impressionen in Endlosschleife. Kirchner hatte eine Spezialität aus der Heimat mitgebracht: Mate - jener argentinische Tee, den der Papst in seiner Heimat so gern getrunken hat. Franziskus bedankte sich auf seine Art: mit einem Küsschen für Cristina Kirchner (Foto), wie es in Argentinien zwischen Freunden üblich ist. «Ein Papst hat mich noch nie geküsst», witzelte Kirchner.

Die argentinischen Medien haben sich bereits auf die neuen Verhältnisse eingestellt: Schwarz gegen Weiß sind die neuen Farben der Politik, hieß es in einer Karikatur der konservativen Tageszeitung «Clarin». Kirchner trägt seit dem Tod ihres Mannes und Vorgängers Nestor (1950-2010) nur noch schwarz, Franziskus nun weiß. Kirchner hat den Papst bereits in sein Heimatland eingeladen. Seine voraussichtliche Teilnahme am Weltjugendtag Ende Juli im brasilianischen Rio de Janeiro wäre die Gelegenheit für einen Besuch im benachbarten Argentinien, sagte Kirchner nach der Begegnung vom Montag.

«Es ist sein klarer Wunsch, Argentinien zu besuchen, und er hat mir gesagt, dass er mit seinen Mitarbeitern prüfen wird, ob das machbar ist», so die Präsidentin. Kirchner bat den Papst nach eigenen Angaben auch um eine Vermittlung in der Frage der Falklandinseln. Die einzige Gefahr einer Militarisierung gehe von Großbritannien aus. Argentinien sei ein friedliches Land, das nur wolle, dass die UN-Resolutionen zu den Falklandinseln umgesetzt würden, so Kirchner. Es scheint, die Präsidentin wolle aus dem ehemaligen Widersacher in Rekordzeit einen Verbündeten machen.

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