Die Kirche ist die eigentliche Protagonistin

4. Oktober 2012 in Chronik


Das Zweite Vatikanische Konzil: Vom Ereignis hin zu den Dokumenten. Zum besseren Verständnis dieses Sprungs nach vorn. Angelo Kardinal Scola, Erzbischof von Mailand / Osservatore Romano


Rom (kath.net/OsservatoreRomano) Die Hermeneutik der Konzilsgeschichte verdeutlicht uns, daß die missionarische Notwendigkeit (pastorale Natur) es erforderlich machte, auf die Frage zu antworten: »Wer ist die Kirche?« Diese Frage fand im Konzil (»Ereignis«) als repräsentativem Ausdruck der Kirche ihre Antwort: im Konzilsereignis »hat sich das Subjekt Kirche zum Ausdruck gebracht« (lehramtliches Korpus). In diesem Sinn sind die Konzilsdokumente nicht nur wesentlicher Bestandteil des Ereignisses, sondern sie gestatten auch den Zugang zum Ereignis selbst in seiner Wahrheit. Ereignis und Texte sind schlichtweg untrennbar miteinander verbunden. Es gibt keine Antinomie zwischen dem Ereignis und dem lehramtlichen Korpus, sondern Übereinstimmung.

Die untrennbare Beziehung zwischen dem Ereignis und dem lehramtlichen Korpus, die die Frage nach dem unvermeidlichen und heilsamen Vorsprung nicht umgeht, bringt erneut, durch das Gewicht der generativen Absicht, die unersetzliche Rolle der Protagonistin des Konzils und seiner Rezeption zum Vorschein: das »Subjekt Kirche«. Die Lektüre des Zweiten Vatikanischen Konzils macht, auch wenn sie auf die Zeit seiner Anfänge bis zur Eröffnung begrenzt wird, eine angemessene Hermeneutik der Geschichte erforderlich. Im Licht des Schlüssels der Pastoralität wird diese Polarität Ereignis-Korpus möglich gemacht, die in untrennbarer Einheit vom »Subjekt Kirche« auf dem Weg durch die Geschichte bewahrt wird.

Die Kategorie der »Reform« scheint mir, jenseits aller verkürzten Learten ihrer Bedeutung, auch weiterhin am besten geeignet zu sein für die Deutung des Wesens des Konzils-»Ereignisses« und für eine angemessene Hermeneutik seines Korpus unter dem Blickwinkel der Pastoralität. Die Kategorie der »Reform« hebt den Primat des Glaubens hervor – so wird der Zusammenhang zwischen dem Zweiten Vatikanischen Konzil und dem Jahr des Glaubens ersichtlich, den Benedikt XVI. in seinem Motu proprio Porta fidei aufzeigen wollte –, denn »der Glaube selbst in seiner Größe und Weite ist stets von neuem die kirchliche Reform, die wir brauchen«.

Foto Angelo Kardinal Scola: © http://www.chiesadimilano.it


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