Motu proprio 'Omnium in mentem': Einmal katholisch – immer katholisch

27. September 2012 in Weltkirche


Über den Diakonat und die kanonische Form der Ehe. Die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche. Eine Erinnerung und ihr Beitrag für die Aktualität. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Eine Präzisierung zum Diakonat und die Eliminierung einer Klausel in drei die Ehe betreffenden Canones der Codex des Kirchlichen Rechts (CIC): dies sind die Inhalte des am 15. Dezember 2009 veröffentlichten Motu proprio „Omnium in mentem“. Die durch das Motu proprio Benedikts XVI. vorgenommenen Änderungen am CIC waren seit langem Gegenstand der Untersuchung durch die zuständigen Dikasterien der Römischen Kurie sowie der Bischofskonferenzen.

Das Motu proprio ist in fünf Artikel unterteilt, die fünf Canones des CIC modifizieren. Die beiden ersten Artikel betreffen das Weihesakrament und dabei insbesondere die Weihe zum Diakon (Can. 1008 und 1009).

Can. 1008 hatte bisher gelautet: „Durch das Sakrament der Weihe werden kraft göttlicher Weisung aus dem Kreis der Gläubigen einige mittels eines untilgbaren Prägemals, mit dem sie gezeichnet werden, zu geistlichen Amtsträgern bestellt; sie werden ja dazu geweiht und bestimmt, entsprechend ihrer jeweiligen Weihestufe die Dienste des Lehrens, des Heiligens und des Leitens in der Person Christi des Hauptes zu leisten und dadurch das Volk Gottes zu weiden“.

Er wurde wie folgt abgeändert: „Durch das Sakrament der Weihe werden kraft göttlicher Weisung aus dem Kreis der Gläubigen einige mittels eines untilgbaren Prägemals, mit dem sie gezeichnet werden, zu geistlichen Amtsträgern bestellt; sie werden ja dazu geweiht und bestimmt, entsprechend ihrer jeweiligen Weihestufe unter einem neuen und besonderen Titel dem Volk Gottes zu dienen“.

Demzufolge änderte das Motu proprio auch Can. 1009, dem ein dritter Artikel hinzugefügt wird:
„Diejenigen, die zu Bischöfen und Priestern geweiht worden sind, empfangen die Aufgabe und die Möglichkeit, in der Person Christi des Hauptes zu handeln, die Diakone hingegen erhalten die Aufgabe, dem Volk Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Nächstenliebe zu dienen“.

Aus diesen Änderungen ergibt es sich mit größerer Klarheit, dass nur die Bischöfe und Priester „in persona Christi capitis“ (in der Person Christi des Hauptes) handeln, während den Diakonen der Dienst der Liturgie, der Verkündigung des Wortes und der Nächstenliebe zukommt.

Durch die anderen drei Artikel des Motu proprio wurde der Ausdruck eliminiert, durch den im Bereich der Eheschließung die Katholiken, die mit einem formellen Akt aus der Kirche ausgetreten waren, wie Ungetaufte oder Zugehörige zu anderen Kirchen oder kirchlichen Gemeinschaften behandelt wurden. Im Einzelnen handelt es sich um die Canones 1086, 1117 und 1124 CIC.

Can. 1086, Art.1 lautete bisher: „Ungültig ist eine Ehe zwischen zwei Personen, von denen eine in der katholischen Kirche getauft oder in sie aufgenommen wurde und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen ist, die andere aber ungetauft ist.“

Er wurde mit folgendem Text ersetzt: „Ungültig ist eine Ehe zwischen zwei Personen, von denen eine in der katholischen Kirche getauft oder in sie aufgenommen wurde, die andere aber ungetauft ist“.

Can. 1117 lautete bisher: „Die oben vorgeschriebene Eheschließungsform muss unbeschadet der Vorschriften des Can.1127, § 2 eingehalten werden, wenn wenigstens einer der Eheschließenden in der katholischen Kirche getauft oder in sie aufgenommen wurde und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen ist“.

Er wurde ersetzt mit dem neuen Text: „Die oben vorgeschriebene Eheschließungsform muss unbeschadet der Vorschriften des Can.1127, § 2 eingehalten werden, wenn wenigstens einer der Eheschließenden in der katholischen Kirche getauft oder in sie aufgenommen wurde“.

Die bisherige Formulierung des Can. 1124 lautete: „Die Eheschließung zwischen zwei Getauften, von denen der eine in der katholischen Kirche getauft oder nach der Taufe in sie aufgenommen worden ist und nicht durch einen formalen Akt von ihr abgefallen ist, der andere Partner aber einer Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft zugezählt wird, die nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche steht, ist ohne ausdrückliche Erlaubnis der zuständigen Autorität verboten“.

Er wurde wie folgt ersetzt: „Die Eheschließung zwischen zwei Getauften, von denen der eine in der katholischen Kirche getauft oder nach der Taufe in sie aufgenommen worden ist, der andere Partner aber einer Kirche oder kirchlichen Gemeinschaft zugezählt wird, die nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche steht, ist ohne ausdrückliche Erlaubnis der zuständigen Autorität verboten“.

Gründe für die Änderungen

Die Änderungen hinsichtlich der Weihestufe des Diakonats innerhalb des Weiheordo sowie die Eliminierung der Formulierung „Abfall von der katholischen Kirche durch einen formalen Akt“ sind durch zwei Gründe motiviert.

Zunächst geht es dem obersten Gesetzgeber der Kirche um die Gewährleistung der notwendigen Einheit zwischen der theologischen Lehre und der kanonistischen Gesetzgebung, was sich bereits aus der Lehre des II. Vatikanischen Konzils ergibt. Für das Konzil verleiht die Weihe zum Diakon kein „untilgbares Prägemal“; die Diakone sind nicht zum Priestertum, sondern für den Dienst geweiht: „In der Hierarchie eine Stufe tiefer stehen die Diakone, welche die Handauflegung ‚nicht zum Priestertum, sondern zur Dienstleistung empfangen’. Mit sakramentaler Gnade gestärkt, dienen sie dem Volke Gottes in der Diakonie der Liturgie, des Wortes und der Liebestätigkeit in Gemeinschaft mit dem Bischof und seinem Presbyterium. Sache des Diakons ist es, je nach Weisung der zuständigen Autorität, feierlich die Taufe zu spenden, die Eucharistie zu verwahren und auszuteilen, der Eheschließung im Namen der Kirche zu assistieren und sie zu segnen, die Wegzehrung den Sterbenden zu überbringen, vor den Gläubigen die Heilige Schrift zu lesen, das Volk zu lehren und zu ermahnen, dem Gottesdienst und dem Gebet der Gläubigen vorzustehen, Sakramentalien zu spenden und den Beerdigungsritus zu leiten. Den Pflichten der Liebestätigkeit und der Verwaltung hingegeben, sollen die Diakone eingedenk sein der Mahnung des heiligen Polykarp: ‚Barmherzig, eifrig, wandelnd nach der Wahrheit des Herrn, der aller Diener geworden ist’“ (Lumen gentium, 29).

Dennoch wurde während der Ausarbeitung des neuen, 1983 veröffentlichten CIC der Diakonat unter den Weihestufen belassen, da dies die allgemeine Lehre war. Die neue Bestimmung beabsichtigt somit, die Verbindung zwischen den theologischen Errungenschaften und den gesetzlichen Normen wiederherzustellen.

Mit der Eliminierung der Formulierung „Abfall von der katholischen Kirche durch einen formalen Akt“ geht es dem obersten Gesetzgeber um die Sorge, dass die kirchrechtlichen Normen das pastorale Ziel verfolgen, auf das die Kirche ausgerichtet ist, um das Wohl der Gläubigen zu begünstigen.

Hinsichtlich des Abfalls von der katholischen Kirche durch einen formalen Akt hat die Lehre von jeher diese Rechtsvorschrift für unzureichend oder einer Integration bedürftig gehalten. Dadurch, dass diese Formulierung eliminiert wird, sollen auch die Schwierigkeiten beseitigt werden, zu denen es sowohl in der Seelsorge als auch in der Praxis der Kirchengerichte gekommen ist.

Im Bereich der Seelsorge ist es jetzt möglich, denen ein größeres Recht auf die Ehe zu gewährleisten, die vom Glauben abgefallen sind. Für die Kirchengerichte wird es nicht mehr zu Ehenichtigkeitsverfahren aus dem Grund kommen, dass der formal Abgefallene um keine Dispens (aufgrund anderer Konfessionszugehörigkeit und von der kanonischen Form der Ehe) gebeten und diese nicht erhalten hat, was Voraussetzung für die Feststellung einer Ungültigkeit der Ehe war.

Das Problem des „Abfalls von der katholischen Kirche durch einen formalen Akt“ stellt sich in erster Linie auch für einige Länder Mitteleuropas wie Deutschland und Österreich, die den Begriff des „Kirchenaustritts“ kennen und in denen sich die Frage stellte, ob durch die Erklärung eines Katholiken vor dem Finanzamt, nicht mehr zur öffentlichen Körperschaft der Kirche zu gehören, dieser kirchenrechtlich wie ein Ungetaufter zu betrachten sei. Diesbezüglich hatte der Päpstliche Rat für die Interpretation von Gesetzestexten zusammen mit der Kongregation für die Glaubenslehre bestimmt, worin die wesentlichen Requisiten der Offenlegung des Abfalls von der katholischen Kirche bestehen (Mitteilung an die Bischofskonferenzen vom 13. März 2006). Obwohl die Grundabsicht des Motu proprio andere Ziele verfolgt, verstärkte auch dieser Vorgang die Überzeugung, dass es angemessen sei, die Formulierung vom „Abfall von der katholischen Kirche durch einen formalen Akt“ zu streichen.

Die Mitteilung des Päpstlichen Rates für die Interpretation von Gesetzestexten vom 13.3.2006 hatte erklärt: „Der Abfall von der katholischen Kirche muss, damit er sich gültig als wirklicher ‚actus formalis defectionis ab Ecclesia’ darstellen kann (...), konkretisiert werden in: a) einer inneren Entscheidung, die katholische Kirche zu verlassen;
 b) der Ausführung und äußeren Bekundung dieser Entscheidung; 
c) der Annahme dieser Entscheidung von Seiten der kirchlichen Autorität“.

Dadurch, dass der oberste Gesetzgeber die Formel des formalen Abfalls von der katholischen Kirche eliminiert hat, ist nun auch jener, der sich durch seinen formalen Akt von der Kirche distanziert hat, an die kanonische Form der Ehe gehalten und wird nicht mehr wie ein Ungetaufter betrachtet. Somit ist er nicht mehr zu einer Dispens verpflichtet, wie dies bei den Mitgliedern anderer Kirchen oder kirchlicher Gemeinschaften nach wie vor der Fall ist (vgl. Can. 1124).

„Semel catholicus – semper catholicus“ (einmal katholisch, immer katholisch): der Gesetzgeber klärt eindeutig, dass ein formaler Abfall vom Glauben der Kirche das Prägemal der Taufe nicht auslöschen kann, da es untilgbar ist.


© 2012 www.kath.net