Warum sind wir noch protestantisch?

23. September 2012 in Aktuelles


500 Jahre Trennung sind genug! Andreas Theurer, bis vor kurzem evangelischer Pfarrer, schrieb das aufsehenerregende Buch: „Warum werden wir nicht katholisch?“ – Leseprobe 5


Stuttgart – Augsburg (kath.net) Andreas Theurer (Foto) war bisher evangelischer Pfarrer und bereitet sich aktuell mit seiner Frau darauf vor, in die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche aufgenommen zu werden. In seinem Buch „Warum werden wir nicht katholisch?“ gibt er Rechenschaft über die theologischen Fragen seiner Entscheidung.

Beim Deutschlandbesuch von Papst Benedikt XVI. im September 2011 wurden von evangelischer Seite teilweise hohe Erwartungen genährt, dass der Papst dem Protestantismus entgegenkommen und sie endlich als Kirche anerkennen könnte. Das ging so weit, dass er sich in Erfurt genötigt sah, darauf hinzuweisen, dass theologische Fragen keine Verhandlungsgegenstände sein können, bei denen man Kompromisse schließen und sich irgendwo in der Mitte treffen könne. Vielmehr kann Kircheneinheit nur mithilfe eines ernsthaften Ringens um die Wahrheit gefunden werden. Dabei ist es nicht hilfreich, wenn wir Evangelischen immer neue Sonderlehren und Abweichungen von der apostolischen und altkirchlichen Lehre in unseren Gemeinden einführen. Der Papstbesuch hat es wieder neu deutlich gemacht: die größten Hindernisse für die Ökumene liegen heute nicht (mehr) bei der katholischen Kirche und beim Papst, sondern bei uns! Wir sind selbst schuld, dass uns „Rom“ nicht als Kirche im Vollsinn anerkennen kann.

Zu einigen Problemen, die wohl die wichtigsten Unterschiede in Lehre und Praxis zwischen dem Protestantismus und der katholischen Kirche betreffen, habe ich versucht, in diesem Büchlein Denkanstöße für evangelische Leser und Leserinnen zu geben. Ich hoffe, es ist mir gelungen, deutlich zu machen, dass die Kircheneinheit auch auf der theologischen Ebene möglich wäre, wenn wir Evangelischen nur wollten! Aber dazu müssten wir auf manche liebgewonnene Rechthaberei und einige Irrtümer verzichten.

Warum werden wir nicht katholisch? – Das war die Ausgangsfrage. Man kann sie auch andersherum stellen: Welche katholischen Glaubensaussagen sind so furchtbar falsch und heilsgefährdend, dass es gerechtfertigt ist, um ihretwillen den Leib Christi zu zerreißen? Verleugnen wir Christus, wenn wir den Papst als das irdische Oberhaupt der Christenheit anerkennen? Oder wenn wir zugeben, dass es erlaubt ist, auch die vor Gottes Thron stehenden Heiligen um ihr fürbittendes Gebet zu bitten? Müssen wir als Evangelische um Christi willen die Kircheneinheit verhindern, damit wir weiterhin unsere Sonderlehren beibehalten können, mit denen wir uns sowohl von der biblisch-apostolischen Lehre wie auch von allen katholischen, orthodoxen und altorientalischen Kirchen weltweit absetzen?

Im Jahre 1517 entzündete sich die Reformation an den Fragen des Ablasshandels und der Rechtfertigungslehre. Der Ablasshandel ist schon lange abgeschafft, und im Jahr 1999 wurde schließlich in einer in einer Gemeinsamen Erklärung des Lutherischen Weltbundes und des Päpstlicher Rates zur Förderung der Einheit der Christen festgestellt, dass auch in der Rechtfertigungslehre kein wirklicher Dissens mehr besteht und die gegenseitigen Verurteilungen aus der Reformationszeit den heutigen Positionen der Gesprächspartner nicht mehr gerecht werden.

Nun nähert sich mit dem Jahr 2017 das 500-jährige Reformationsjubiläum und immer deutlicher wird auf protestantischer Seite das Bemühen, die seither hinzugekommenen Unterschiede zu betonen und sich damit als „Kirche der Freiheit“ gegenüber dem dogmatisch und ethisch festgelegten Katholizismus zu profilieren. Dass die Spaltung der Christenheit dadurch nur noch immer mehr vertieft wird und der Protestantismus sich selbst immer weiter von seinen einstmals in Bibel und Bekenntnis gegebenen Grundlagen entfernt, wird dabei unsererseits zumeist achselzuckend in Kauf genommen.

Ich bin sicher: Wäre Luther eine katholische Kirche entgegengestanden, wie wir sie heute kennen, so hätte er gewiss nicht die Kirchenspaltung riskiert, und es wäre auch kaum ein wirklich frommer Mensch auf die Seite der Reformation getreten. Was uns heute trennt, ist auf katholischer Seite nicht so gravierend, dass es die Spaltung wert ist.

Wenn wir aber das einsehen und erkennen, kann es doch für gläubige Evangelische nur eine Konsequenz geben: die Trennung muss beendet werden! Es gibt keinen Grund, uns weiterhin von der Gemeinschaft mit dem Papst und der Katholischen Kirche fernzuhalten.

500 Jahre sind genug!

Wir sollten vielmehr dem Wort Jesu trauen, der zu Petrus, dem Amtsvorgänger der römischen Päpste, sagte:
„Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.“ (Lk 22,31).

Ich bin überzeugt: Es ist soweit. Wir brauchen diese Stärkung im gemeinsamen Eintreten für das Evangelium unseres Herrn Jesus Christus!

kath.net-Lesetipp:
Andreas Theurer
Warum werden wir nicht katholisch?
Denkanstöße eines evangelisch-lutherischen Pfarrers
Augsburg 2012 (2. Aufl.)
96 Seiten, Paperback Dominus Verlag
EURO 6,50

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Zur Leseprobe 1: Warum werden wir nicht katholisch?

Zur Leseprobe 2: 'Sola scriptura' oder Apostolizität?

Zur Leseprobe 3: Was bedeutet 'Apostolische Sukzession'?

Zur Leseprobe 4: Die evangelische Lehre vom 'Allgemeinen Priestertum aller Gläubigen'

kath.net-Interview mit Andreas Theurer: “Ich trete mit voller Zustimmung in die katholische Kirche ein“

Foto Andreas Theurer: © Dominusverlag


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