Sind wir auf dem Weg in eine christlich-islamische Republik?

19. August 2012 in Deutschland


Zur Entscheidung zum evangelisch-muslimischen Religionsunterricht in Hamburg - Ein Gastkommentar von Elisabeth Motschmann


Hamburg (kath.net/idea)
Der Hamburger Senat hat weitgehende Vereinbarungen mit drei muslimischen Verbänden sowie der Alevitischen Gemeinde getroffen; nur die Bürgerschaft muss nun noch zustimmen, Bremen wird in Kürze folgen. Die Tatsache, dass vertragliche Regelungen mit den Muslimen erarbeitet werden, ist sicherlich notwendig. Schließlich leben etwa vier Millionen Muslime in Deutschland; in Hamburg sind es ca. 130.000, in Bremenrund 40.000. Das Zusammenleben mit diesen großen Bevölkerungsgruppen muss geregelt werden. Darauf haben die Muslime Anspruch. Allerdings sollten alle Maßnahmen die Integration voranbringen – und nicht Parallelgesellschaften etablieren.

Integration heißt, sich an die Gegebenheiten im Gastland anzupassen – nicht umgekehrt
Integration bedeutet die Bereitschaft, sich in ein anderes Land zu integrieren. Daraus folgt, dass ausländische Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund, Asylbewerber oder Zugewanderte sich verpflichten, die Landessprache zu lernen, die Gesetze zu respektieren und die ihnen fremde Kultur zu tolerieren. Niemand hingegen kann die Forderung erheben, dass ein Religionswechsel nötig ist, wenn man in ein anderes Land wechselt.

Integration ist ein Geben und Nehmen. Beide Seiten sind gefordert und zu Respekt und Toleranz aufgerufen. Das alles ist unbestritten.

Betrachtet man jedoch die bisher veröffentlichten Inhalte des geplanten Abkommens in Hamburg, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier der Weg geebnet wird für eine „christlich-islamische Republik“. Vorgeschlagen wird eine Gleichstellung christlicher und islamischer Feiertage. Spannend dürfte die Frage sein, welche der islamischen Feiertage dazu gehören. Schließlich gibt es eine Reihe von islamischen Festtagen:

1. Ramadan: 20. Juli 2012

2. Fest des Fastenbrechens: 19.–21. August 2012

3. Opferfest : 25. Oktober 2012.

Weitere wichtige Tage im islamischen Kalender sind:
Mevelid (Geburtstag des Propheten Muhammad): 2./4. Februar 2012
Islamisches Neujahrsfest (1434 n. H.): 15. November 2012
Ashura-Fest (Fasten- und Rettungstag des Propheten Moses): 24. November 2012

Ist die Gleichbehandlung christlicher und muslimischer Feiertage das Ziel?

In den Vereinbarungen des Hamburger Senats mit den Muslimen brauchen an bis zu drei Tagen muslimische Schüler nicht zur Schule zu kommen. Arbeitnehmer können sich den Tag ebenfalls freinehmen, müssen ihn jedoch nachholen. Warum Muslime ihre Feiertage nachholen sollen, Christen jedoch nicht, ist bei einer „Gleichberechtigung“ der Feiertage nicht nachvollziehbar. Das wird dann am Ende das Bundesverfassungsgericht zu klären haben. Oder geht es hier nur um einen ersten Schritt? Dann würde die völlige Gleichbehandlung christlicher und muslimischer Feiertage in absehbarer Zeit folgen. Man fragt sich, was wohl die Arbeitgeber zu einer solchen Regelung sagen? Sie müssten nämlich für die Kosten aufkommen, die ein solcher Beschluss nach sich ziehen würde. Im Übrigen muss jedem klar sein, dass dies nicht das Ende der Übernahme islamischer Traditionen sein wird. Weitere werden folgen – so sicher wie das Amen in der Kirche.

Das Ende des christlichen Religionsunterrichts

Vorgesehen ist darüber hinaus, dass sich in Hamburg die evangelische Kirche und die muslimischen Gemeinden die Verantwortung für den Religionsunterricht an den Schulen gleichberechtigt „teilen“. Diese Regelung soll zunächst für fünf Jahre gelten. Hier interessiert die inhaltliche Umsetzung. Sollen die Religionen im Unterricht vermengt werden – oder soll es getrennte Unterrichtseinheiten geben? Geraten bei dieser Regelung Katholiken und Juden in eine nicht hinreichend berücksichtigte Minderheitenposition? Dazu heißt es in einer Pressemitteilung des Hamburger Senats vom 14. August 2012: „Damit wird es in Hamburg künftig einen Religionsunterricht für alle Schülerinnen und Schüler geben, der auch von den islamischen Religionsgemeinschaften verantwortet und auch von islamischen Religionslehrern erteilt wird.“ Dieses Vorhaben bedeutet das Ende des konfessionellen bzw. christlichen Religionsunterrichts, so wie er im Grundgesetz geregelt ist. Dort heißt es in Artikel 7,3: „Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt.“

Offenbar sind die „christlichen“ Verhandlungspartner eingeknickt

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Verhandlungspartner auf der Seite des Hamburger Senats ihre eigenen Positionen und ihren eigenen Glauben aufgegeben haben – bis hin zur Selbstverleugnung. Es ist kein Selbstbewusstsein, kein Einstehen und Eintreten für unsere christlich-jüdischen Wurzeln mehr erkennbar – obwohl sie sich insgesamt bewährt haben und Grundlage unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung sind.

Wenn man sich in der Welt umsieht, kann niemand daran gelegen sein, dass wir eine zunehmende Islamisierung unseres Landes auch nur anstreben. Man denke nur an die Christenverfolgung in vielen islamischen Ländern. Den Christen in der islamischen Welt kann man nur die Religionsfreiheit wünschen, die in unserem Land und der westlichen Welt dankenswerter so selbstverständlich ist. Und man kann nur hoffen, dass sich aufgeklärte Muslime dafür weltweit einsetzen.

Weitere Forderungen zur Übernahme islamischer Traditionen werden folgen

Eines muss uns allen klar sein: der Hamburger Vertragsentwurf wird nicht das Ende, sondern erst der Anfang der Forderungen aus der islamischen Gemeinschaft sein. Schritt für Schritt wird die Übernahme islamischer Traditionen und Werte – hoffentlich nicht auch noch der Scharia! – eingefordert werden.

Religionsfreiheit heißt nicht, dass die christliche Religion mit der islamischen gleichgesetzt wird. Religionsfreiheit heißt auch nicht, dass wir islamisches Gedanken-, Glaubens- und Kulturgut zunehmend annehmen. Dazu besteht kein Grund. Wir müssen alle anderen Religionen kennen, um Toleranz üben zu können – das ist aber etwas anderes! Hier wird in allen Schulen landauf, landab bereits jetzt Hervorragendes geleistet: Jeder Schüler lernt in den unterschiedlichen Fächern – insbesondere im Religionsunterricht – den Islam bzw. andere Religionen kennen.
Hoffentlich sind die anderen Bundesländer klüger
„Wir hoffen, dass dieser Vertrag auch für andere Bundesländer als Initialzündung angesehen wird“, sagte Aziz Alsandemir von der Alevitischen Gemeinde Deutschland.

Genau das kann man sich nicht wünschen! Warum sollten andere Bundesländer ihren im Grundgesetz verankerten konfessionellen Religionsunterricht aufgeben? Der berechtigte Wunsch, dass islamische Kinder in ihrer Religion unterrichtet werden, kann verwirklicht werden, ohne dass man den christlichen Unterricht reduziert, umkrempelt oder mit anderen Religionen vermengt.

Dieser Unterricht wird zumindest von vielen überzeugten christlichen Eltern abgelehnt werden. Und das aus gutem Grund. Angesichts des Werteverfalls in vielen Bereichen unserer Gesellschaft ist der christliche oder konfessionelle Religionsunterricht wichtiger denn je. Wer hier Abstriche macht, versündigt sich an den Kindern – und damit an kommenden Generationen. Es ist schlimm genug, dass wir ihnen Schulden hinterlassen. Noch schlimmer wäre es, wenn wir ihnen den christlichen Glauben und die damit verbundenen Werte schuldig blieben. Darum ist die Tatsache enttäuschend, dass die Kirchen die ersten waren, die den Vertrag des Hamburger Senats mit den Muslimen begrüßten. Hier bewahrheitet sich, was der anerkannte Islamkenner Peter Scholl-Latour erklärte: „Ich fürchte nicht die Stärke des Islam, sondern die Schwäche des Abendlandes.“

Die Autorin, Staatsrätin a. D. Elisabeth Motschmann, ist Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, Vorsitzende des EAK Bremen und kirchenpolitische Sprecherin der CDU Bremen.

Foto: (c) motschmann.net


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