Botschafter: Vatikan und Israel stehen kurz vor Einigung

12. Juli 2012 in Weltkirche


Israelischer Spitzendiplomat Lewy kehrt aus Rom nach Israel zurück - Lob für Verdienste Benedikts XVI. um die christlich-jüdische Verständigung


Rom (kath.net/KAP) Die vatikanisch-israelischen Verhandlungen über bislang offene Rechts- und Steuerfragen stehen nach Aussage des scheidenden israelischen Botschafters beim Heiligen Stuhl, Mordechay Lewy, kurz vor ihrem Abschluss. Es sei nicht ausgeschlossen, dass ein Abkommen noch vor der nächsten Vollversammlung der Verhandlungsdelegationen im Dezember unterzeichnet werde, sagte Lewy am Dienstag bei einer Bilanzpressekonferenz in Rom.

Die Verhandlungen zwischen Israel und dem Heiligen Stuhl, in denen es unter anderem um die traditionelle Steuerbefreiung katholischer Schulen, Hospize und Krankenhäuser sowie den rechtlichen Status von Klöstern und Pilgerstätten geht, dauern seit über 15 Jahren an. Zuletzt war von "substanziellen Fortschritten" die Rede.

Zugleich würdigte Lewy eine positive Entwicklung des Verhältnisses zwischen Heiligem Stuhl und Israel in den vergangenen Jahren. Er verwies auf die Entscheidung Israels, keine Visa mehr von Personen zu verlangen, die einen Pass des Heiligen Stuhls besitzen. Dies sei "eine echte Hochstufung" des Heiligen Stuhls auf die Ebene der mit Israel befreundeten Staaten, so der Botschafter. Lewy vertritt sein Land seit Mai 2008 beim Heiligen Stuhl und scheidet in den kommenden Wochen aus seinem Amt aus.

Der Botschafter hob auch die Verdienste Papst Benedikt XVI. für die christlich-jüdische Verständigung hervor. Dessen Zurückweisung der These von einer Kollektivschuld der Juden am Tod Jesu im zweiten Teil seines Jesus-Buches sei eine "hochwillkommene Bestätigung" der Aussagen des Zweiten Vatikanischen Konzils gewesen.

Causa Williamson war "Arbeitsunfall"

Die Aufhebung der Exkommunikation des traditionalistischen Bischofs und Holocaustleugners Richard Williamson durch den Papst im Jahr 2009 bezeichnete Lewy als "Arbeitsunfall". Zu der umstrittenen vom Papst neuformulierten Karfreitagsfürbitte für den alten Messritus sagte Lewy, dass für ihn nur die Überschrift "für die Bekehrung der Juden" ein "Problem" darstelle, nicht jedoch der Text von Benedikt XVI.

Lewy sprach sich zudem dafür aus, dass der Patriarchalvikar für die hebräischsprachigen Katholiken - darunter viele Arbeitsmigranten aus den Philippinen und Lateinamerika - in Israel wieder zum Bischof aufgewertet würde. Auch in Nazareth sei aus seiner Sicht ein lateinischer Bischofssitz vorstellbar.

Die katholische Gemeinde in Israel wachse, und sie verändere sich beständig, hob der Botschafter hervor: "Die Herabstufung des Leiters der hebräisch sprechenden katholischen Gemeinde von Bischof auf Vikar sollte rückgängig gemacht werden und wieder ein Bischof - wenn auch bloß ein Weihbischof - eingesetzt werden. Das wäre ein Signal in die richtige Richtung, nämlich die Bedeutung herauszustellen, die man dieser Gemeinde beimisst. Das wäre auch zukunftsweisend." Er würde einen solchen Schritt daher sehr begrüßen.

Der Unterzeichnung eines vatikanisch-israelischen Abkommens über Steuer- und Rechtsfragen stünden nur noch "einige juristische Fragen" im Wege, führte Lewy aus. Zum einen erfordere die zweisprachige Ausfertigung des Vertrags in Englisch und Hebräisch Zeit. Zum anderen müssten noch Fragen geklärt werden, die eine Zustimmung der Stadt Jerusalem oder der "Israel Nature and Parks Authority" erforderten und nicht in die Zuständigkeit der israelischen Verhandlungsdelegation fielen. Die Ratifizierung eines solchen Vertragswerks im israelischen Parlament ist nach Lewys Angaben nicht fraglich.

Zu Papst Pius XII., dem Kritiker bis heute ein "Schweigen" zum Holocaust vorwerfen, sagte Lewy, es handle sich um ein "komplexes, schmerzhaftes Thema", zu dem es im israelischen Außenamt keine einheitliche Meinung gebe: "Es ist ein sehr emotionales Thema." Unter Benedikt XVI. habe eine Seligsprechung Pius' XII. keine Priorität, so Lewys Einschätzung.

Er plädiere jedenfalls dafür, dieses Thema und die Frage der Öffnung des vatikanischen Geheimarchivs getrennt zu behandeln. Die Seligsprechung sei eine interne kirchliche Angelegenheit, "was wir uns aber durchaus wünschen, ist die Öffnung der Archive". Erst dann werde man sich eine fundierte Meinung bilden können.

Copyright 2012 Katholische Presseagentur, Wien, Österreich
Alle Rechte vorbehalten.


© 2012 www.kath.net