Wenn ich auch nur Sein Gewand berühre, werde ich geheilt

28. Juni 2012 in Spirituelles


In Lourdes ereignen sich vor allem Heilungen bei der Sakramentsprozession. Ein Kommentar zum Sonntagsevangelium von P. Bernhard Sirch


Illschwang (kath.net) B - 13. Sonntag im Jahreskreis, 1. Lesung: Weish 1, 13-15; 2, 23-24, 2. Lesung: 2 Kor 8:7.9.13-15, Evangelium: Mk 5, 21-43

Im Sonntagsevangelium hören wir von zwei Wundererzählungen, wobei die Heilung einer Frau von ihren Blutungen in die Erzählung der Auferweckung eines toten Mädchens eingeschoben ist. Schon am Ende der Heilung der Frau mit ihren Blutungen wird deutlich, warum diese Erzählung eingeschoben wurde. Jesus sagt zu der Frau: "Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen" (Mk 5,34). Dem Evangelisten geht es um die Mitwirkung des Menschen bei einem Wunder.

Um die Mitwirkung des Menschen bei einem Wunder geht es auch bei der Erweckung des Mädchens des Synagogenvorstehers: "Die Leute, die zum Haus des Synagogenvorstehers gehörten, sagten zu Jairus: Deine Tochter ist gestorben. Warum bemühst du den Meister noch länger? Jesus, der diese Worte gehört hatte, sagt zu dem Synagogenvorsteher: Sei ohne Furcht, glaube nur!" (Mk 5,35.36). Jesus macht dem Synagogenvorsteher Mut und bekräftigt ihn. Lass' die Leute nur reden: "Sei ohne Furcht, glaube nur!". Das ist seine Aufgabe bei diesem Wunder.

Wir haben eine falsche Sicht der Wunder und denken: nur Gott handelt, was natürlich bei einigen Wundern Jesu der Fall ist: z.B. bei der Auferweckung des Jünglings von Naïn. Aber selbst bei diesem Wunder gibt Jesus der Witwe den Auftrag: "Weine nicht!" (Lk 7,13). Das ist ihre Aufgabe.

Wir sehen bei den eben gehörten Wundern des heutigen Evangeliums, dass bei beiden Wundern die Frau, bzw. der Synagogenvorsteher mitgewirkt haben: "Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen" (Mk 5,34), bzw. "Sei ohne Furcht, glaube nur!" (Mk 5, 36). Wenn ein Wunder geschehen soll, dürfen wir nicht tatenlos dastehen, sondern wir müssen mitwirken. Glaube ist keine Einbahnstraße von Gott her, sondern eine lebendige Straße des Aufeinander Zugehens von Gott und Mensch. In einem dialogischen Glauben erhebt sich der Mensch zu Gott. Viele Menschen ersehnen ein Wunder, tun aber nichts dazu!

Schauen wir nun dieses erste Wunder genauer an. Um Jesus waren viele Menschen und es war sogar ein Gedränge: "Viele Menschen folgten ihm und drängten sich um ihn. Darunter war eine Frau, die schon zwölf Jahre an Blutungen litt. Sie war von vielen Ärzten behandelt worden und hatte dabei sehr zu leiden; ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden" (Mk 5, 24-26).

Es wird eigens gesagt, dass diese Frau an ihrer Krankheit "sehr zu leiden" hatte und schon "von vielen Ärzten behandelt" wurde. Sie hatte auf Grund der zahllosen Behandlungen kaum mehr ein Vertrauen in die Ärzte: "Ihr ganzes Vermögen hatte sie ausgegeben, aber es hatte ihr nichts genutzt, sondern ihr Zustand war immer schlimmer geworden" (Mk 5, 24-26). In Ihrer Ausweglosigkeit setzte sie nun ihr ganzes Vertrauen in Jesus. Nur er kann ihr noch helfen: "Sie hatte von Jesus gehört. Nun drängte sie sich in der Menge von hinten an ihn heran und berührte sein Gewand. Denn sie sagte sich: Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt. Sofort hörte die Blutung auf, und sie spürte deutlich, dass sie von ihrem Leiden geheilt war" (Mk 5, 27-29). Wir sehen hier ein Beispiel des absoluten Vertrauens in Jesus. Sie spricht Jesus gar nicht an und bittet um Heilung, sondern sie ist überzeugt: "Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt" (Mk 5, 28).

Das ist ihr Glaube, ihre feste Überzeugung und tut alles, um wenigstens das Gewand Jesu zu berühren: "Im selben Augenblick fühlte Jesus, dass eine Kraft von ihm ausströmte, und er wandte sich in dem Gedränge um und fragte: Wer hat mein Gewand berührt? Seine Jünger sagten zu ihm: Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt? Er blickte umher, um zu sehen, wer es getan hatte. Da kam die Frau, zitternd vor Furcht, weil sie wusste, was mit ihr geschehen war; sie fiel vor ihm nieder und sagte ihm die ganze Wahrheit" (Mk 5, 30-33). Viele Menschen hatten Jesus bei dem Gedränge berührt und wurden nicht geheilt. Nur durch die Berührung der Frau ging eine Kraft von Jesus aus. "Jesus aber sagte zu ihr: Meine Tochter, dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden! Du sollst von deinem Leiden geheilt sein" (Mk 5, 34). Wenn wir Christus im Glauben berühren, geht von Christus eine Kraft aus, die Heilung bringt. Der hl. Chrysostomus weist auf dieses gläubige, bewußte Berühren Jesu hin: "Der Herr hatte gefragt: 'Wer hat mich berührt?', das heißt mit Überlegung und Glaube, denn die, die sich aus der Menge um mich drängen, berühren mich nicht, weil sie nicht mit Glaube und Überlegung zu mir kommen".

Wir feiern in diesem Jahr das "Jahr des Glaubens", das am 11. Oktober 2012 beginnt Wir können an diesem Evangelium sehen, dass vor allem der Glaube, das absolute Vertrauen der verzweifelten Frau ausschlaggebend war für die Heilung. Auch wir haben heute die Möglichkeit Jesus zu begegnen: Jesus ist gegenwärtig in den Zeichen von Brot und Wein. In Lourdes ereignen sich vor allem Heilungen bei der Sakramentsprozession. Diese Geheilten hatten ebenfalls den festen Glauben und nahmen viele Schwierigkeiten auf sich, um an dieser Sakramentsprozession teilzunehmen, wo ihnen Jesus begegnet.

Besonders Papst Benedikt XVI. ist bestrebt, die Verehrung des heiligsten Altarsakraments wieder neu zu beleben. So können auch sie Jesus begegnen im heiligsten Altarsakrament, ja sie dürfen Jesus Christus sogar bei der hl. Kommunion in sich aufnehmen und können Zwiesprache mit ihm halten. Jesus will ihnen nahe sein, er läßt sich von Ihnen berühren; tun sie dies und sie werden ebenfalls spüren, "dass eine Kraft von Jesus ausströmte" (Mk 5, 30). Der Herr festige Ihren Glauben und gebe ihnen Kraft, wie er der Frau in ihrer aussichtslosen Lage Kraft und Heilung schenkte. Ich durfte in meinem priesterlichen Tun eine Frau kennen lernen und ihr die hl. Kommunion bringen, die nachweislich jahrelang nur von der heiligen Kommunion lebte; wir können dabei auch an Nikolaus von Flüe denken, der in den letzten 19 Jahren seines Lebens außer der heiligen Kommunion nichts zu sich nahm; er trank lediglich das frische Quellwasser aus einem nahen Bach. Leider bereiten sich viele Gläubige und auch Priester viel zu wenig auf die hl. Kommunion vor, wo wir mit Gott in Berührung kommen, ja, er uns zur Speise gibt.

Schauen wir nun auf die Haltung des Jairus: "Während er noch am See war, kam ein Synagogenvorsteher namens Jaïrus zu ihm. Als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte ihn um Hilfe an; er sagte: Meine Tochter liegt im Sterben. Komm und leg ihr die Hände auf, damit sie wieder gesund wird und am Leben bleibt" (Mk 5, 21-23). Der Synagogenvorsteher sagt zu Jesus: "Komm". Wir können uns fragen, haben wir schon Jesus einmal ganz bewußt zu uns, in unser Inneres eingeladen und es auch ausgesprochen: "Komm". Vielleicht wartet Jesus auch auf so eine Einladung von uns. Jaïrus lädt Jesus ein, weil er der absoluten Überzeugung ist, Jesus kann seine im Sterben liegende Tochter gesund machen. So sucht Jaïrus Jesus, bis er ihn am See findet. Dann sehen wir seine Haltung Jesus gegenüber, die auch wir haben sollen: "Als er Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte ihn um Hilfe an" (Mk 5, 22). Allein schon auf Grund dieser Haltung unterscheidet sich Jaïrus von der "großen Menschenmenge, die sich um Jesus versammelte": "Als er (Jaïrus) Jesus sah, fiel er ihm zu Füßen und flehte ihn um Hilfe an" (Mk 5, 22). Jaïrus hatte volles Vertrauen, dass Jesus seine Tochter heilen kann. Nun kommt aber noch etwas ganz Wesentliches hinzu: "Während Jesus noch redete, kamen Leute, die zum Haus des Synagogenvorstehers gehörten, und sagten (zu Jaïrus): Deine Tochter ist gestorben. Warum bemühst du den Meister noch länger?" (Mk 5, 35). Die Frage kommt sofort in Jaïrus hoch: Was soll er jetzt tun? Dass Jesus Krankheiten heilen kann, davon ist er überzeugt. Ist dieser Jesus aber auch Herr über Leben und Tod?

In seiner Verzweiflung kommt ihm nun Jesus zu Hilfe: "Jesus, der diese Worte gehört hatte, sagte zu dem Synagogenvorsteher: Sei ohne Furcht; glaube nur!" (Mk 5, 36). Jesus kommt Jaïrus zwar zu Hilfe und fordert gleichzeitig sein absolutes Vertrauen in Jesus und seinen Glauben.

Und nun geschieht das Wunderbare: "Und Jesus ließ keinen mitkommen außer Petrus, Jakobus und Johannes, den Bruder des Jakobus. Sie gingen zum Haus des Synagogenvorstehers. Als Jesus den Lärm bemerkte und hörte, wie die Leute laut weinten und jammerten, trat er ein und sagte zu ihnen: Warum schreit und weint ihr? Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur. Da lachten sie ihn aus. Er aber schickte alle hinaus und nahm außer seinen Begleitern nur die Eltern mit in den Raum, in dem das Kind lag. Er fasste das Kind an der Hand und sagte zu ihm: Talita kum!, das heißt übersetzt: Mädchen, ich sage dir, steh auf! Sofort stand das Mädchen auf und ging umher. Es war zwölf Jahre alt. Die Leute gerieten außer sich vor Entsetzen. Doch er schärfte ihnen ein, niemand dürfe etwas davon erfahren; dann sagte er, man solle dem Mädchen etwas zu essen geben" (Mk 5, 37-43).

Wir konnten an der Frau, "die schon zwölf Jahre an Blutungen litt", und an dem Synagogenvorsteher sehen, das Jesus nicht ohne die Mitwirkung der Menschen Wunder tut. Wesentlich bei beiden Wundern ist der Glaube der Frau und des Synagogenvorstehers. Wenn ein Wunder, eine wunderbare Heilung erfolgen soll, so ist dies nicht nur eine Sache von Jesus aus, sondern auch, und zwar wesentlich, von den Betroffenen aus, wie wir an den beiden Beispielen gesehen haben.

Schauen wir nun auf die Grundhaltung unserer Zeit. Unsere Grundhaltung gleicht der Grundhaltung zur Zeit Jesu, wie uns der Evangelist Markus im folgenden Kapitel hinweist: "In seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie" wird Jesus abgelehnt. Es fehlt also völlig der Glaube an Jesus, bzw. das absolute Vertrauen in Jesus Christus. Weil dieses Vertrauen fehlt, kann Jesus auch keine Wunder tun: "Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends hat ein Prophet so wenig Ansehen wir in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. Und er konnte dort kein Wunder tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie. Und er wunderte sich über ihren Unglauben" (Mk 6, 4-6a). Vielleicht wundert sich Jesus auch über unseren Unglauben und kann uns deswegen nicht helfen. Bitten wir vor allem im Jahr des Glaubens, wo uns der Papst auf diese unsere Schwachstelle aufmerksam macht, um das Geschenk des Glaubens, dass wir aus der tiefen Krise unseres Glaubens heraus kommen und Jesus Christus uns zuwenden. Unser christliches Leben braucht nicht nur eine kleine Korrektur, sondern es fehlt etwas Wesentliches: das absolute Vertrauen in Jesus, der Glaube an Jesus Christus.

Der hl. Petrus sagt ganz klar, "erfüllt vom Heiligen Geist: Ihr Führer des Volkes und ihr Ältesten! ... Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen" (Apg 4, 8.11.12). So beten wir im Ruf vor dem Evangelium: "Halleluja. Halleluja. Unser Retter Jesus Christus hat dem Tod die Macht genommen und uns das Licht des Lebens gebracht durch das Evangelium. Halleluja" (vgl. 2 Tim 1, 10).

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Engl. Lied: Wenn ich nur den Saum Seines Gewandes berühren könnte... (Nicole C. Mullen - One Touch)



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