Gegen den Papst und seine 'spätantiken Männerkreise'

30. Juni 2012 in Deutschland


Das Cusanuswerk ist das katholische Begabtenförderungsinstitut Deutschlands. Wer sich uneingeschränkt zum Glauben und zur Lehre der Kirche bekennt, hat es trotzdem nicht leicht.


Bonn (kath.net/jg)
Das Cusanuswerk versteht sich als „das Begabtenförderungswerk der katholischen Kirche in Deutschland“. Trotzdem steht die Treue zur Kirche nicht in besonders hohem Kurs, wie eine neue Initiative innerhalb des Cusanuswerkes erfahren musste.

Die im Oktober 2011 gegründete Initiative „FIDES“ bekennt sich zum Glauben und zur Lehre der katholischen Kirche und möchte dieser „innerhalb des Cusanuswerks und außerhalb Raum und Stimme geben“. Ihre Gründer sind „der Amtskirche gegenüber grundsätzlich wohlwollend eingestellt“. Die Initiative „FIDES“ stößt innerhalb des Cusanuswerkes auf viel Unverständnis und Widerstand, wie KATH.NET in Erfahrung bringen konnte. In einem der Redaktion vorliegenden Mail kommt eine kirchenkritische Haltung zum Ausdruck, die im Cusanuswerk nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein dürfte. Die Verfasserin war bis vor kurzem Mitglied der Geistlichen Kommission des Cusanuswerks. Diese besteht aus drei Stipendiaten, die gemeinsam mit dem geistlichen Leiter ein geistliches Programm entwickeln.

Wenn Mitglieder der Initiative „FIDES“ der Amtskirche gegenüber wohlwollend eingestellt seien, dann seien sie „auch den Beschneidungen der Rechte von Frauen, der Pathologisierung Homosexueller, der Ausbreitung von AIDS durch das Kondomverbot und vielen anderen Verbrechen an der Menschheit gegenüber grundsätzlich wohlwollend eingestellt“, behauptet die Verfasserin des Mails. Diese Haltung wird gleich allen Verehrern von Papst Benedikt XVI. unterstellt. Wörtlich heißt es in dem Mail: „Es gibt einfach keinen ‚Benedetto!’-Ruf aus tiefstem Herzen, bei dem dieses Programm von Homophobie, Misogynie und Verachtung Andersdenkender nicht mitschwingt.“

In der Folge wird die Existenzberechtigung einer Initiative wie „FIDES“ in Frage gestellt. „Den Papst und seine ‚spätantiken Männerkreise’ zu glorifizieren und die eigene Katholizität über die Identifikation mit dem (sic) reaktionäreren Vertretern des Lehramts zu definieren, kann in einem Stipendienwerk, welches sich für Gleichberechtigung etc. einsetzt, nicht einfach so hingenommen, geschweige denn weg-toleriert werden.“

Die Zielsetzungen von FIDES sind geistlicher Natur. Es geht ihr um das mutige Bekenntnis des Glaubens ohne Angst vor politischer Unkorrektheit, um Neuevangeli-sierung, um die Erinnerung an die Verbindlichkeit der kirchlichen Lehre. Sie möchte „das geistliche Leben im Cusanuswerk aktiv mitgestalten“. Doch gerade diese Begriffe werden von der Verfasserin des Mails als Beweis für eine politische Zielsetzung der Initiative herange-zogen. „Mutig bekennen“, „ungeschmälertes Bekenntnis“, aber auch die von Benedikt XVI. eingeforderte „Hermeneutik der Kontinuität“ werden ohne weitere Erklärung zu „Kampfbegriffen konformistischer Strömungen der letzten Hundert (sic) Jahre“ erklärt. Daraus wird folgender Schluss gezogen: „Man muss schon bewusst die Augen verschließen, um diese Traditionslinien nicht zu sehen und damit, dass es hier von vorne herein nicht um das unbehelligte Ausüben der eigenen Frömmigkeit geht, sondern um ein politisches Programm.“

Auch ein Link zu KATH.NET auf der Internetseite der Initiative FIDES ist Gegenstand der Kritik. Die Verfasserin befürchtet negative Konsequenzen für ihren beruflichen Werdegang. „Betroffen bin ich allerdings beispielsweise dann, wenn meine potentiellen Arbeitgeber_innen auf der Suche nach ‚Cusanuswerk’ diesen Internetauftritt finden und davon ausgehen, dass auch zu meinen Anliegen ‚Homoperverse’ gesund beten und Abtreibung kriminalisieren zählen - kath.net, wo diese Dinge in menschenverachtenden Formulierungen zum alltäglich wiedergekäuten Standardrepertoire gehören, ist gleich der erste der von FIDES angeführten Links.“ Durch den Internetauftritt von FIDES sei die Marke „Cusanuswerk“ beschädigt, was die Arbeitssuche von Altcusanern und Stipendiaten möglicherweise erschweren werde, heißt es in den Mail weiter. Auf der Internetseite von FIDES werden allerdings weder Homosexualität noch Abtreibung erwähnt. Dazu ein Hinweis in eigener Sache: In keinem Artikel von KATH.NET werden Homosexuelle als „Homo-Perverse“ bezeichnet. Abtreibung wird vom II. Vaticanum ein "verabscheuungswürdiges Verbrechen" (Gaudium et spes 51) genannt.

Kirchenkritische Aussagen aus dem Cusanuswerk sind nichts Neues. 2011 hat der Vorstand des bischöflichen Begabtenförderungswerks das Theologenmemorandum „Kirche 2011: Ein notwendiger Aufbruch“ unterstützt. KATH.NET hat berichtet.

Link zur Initiative FIDES:
http://inifides.blogspot.de/


© 2012 www.kath.net