P. Lombardi dementiert wieder Medien-These zu 'Vatileaks'

6. Juni 2012 in Aktuelles


Papstsprecher Lombardi musste, wie schon so oft, eine neue These dementieren, die verschiedene Medien aufgestellt haben. Diesmal: Kammerdiener Paolo Gabriele war kein 'Doppelagent'


Vatikan (kath.net) Vatikansprecher P. Federico Lombardi musste am Dienstag wieder einmal eine neue These zu „Vatileaks“ dementieren, die italienische Medien zum Fall der veröffentlichten Vatikanpapiere aufstellten. Die Dementis sind in den beiden Wochen seit der Festnahme von Kammerdiener Gabriele bereits zu einem festen Bestandteil der tägliche Pressebriefings im Vatikan geworden.

Die neueste These, die P. Lombardi dementierte, lautete, der verhaftete Kammerdiener Paolo Gabriele sei eine Art "Doppelagent" gewesen. Gabriele sei bereits vor Monaten als Täter enttarnt worden, die Ermittler der vatikanischen Gendarmerie hätten aber an weitere Namen gelangen wollen, und so habe der Kammerdiener gegen Zusicherung einer milden Behandlung die Sündenbockrolle übernommen und weiterhin mit Wissen von Papstvertrauten Dokumente an Journalisten weitergegeben. Ziel sei die Aushebelung der Spitze des "Netzwerks" gewesen, so die Vermutung. Insbesondere in englischsprachigen Zeitungen - z.B. "The Telegraph" - wurde in diese Richtung spekuliert. Erstmals hatte der "Corriere de la Sera" diese Vermutung aufgeworfen. Diese These wies P. Lombardi klar zurück: Der "Corriere"-Bericht "entbehrt jeder Grundlage".

Vernehmung Gabrieles begonnen

Am Dienstag begannen die formellen Vernehmungen Gabrieles. Lombardi bestätigte, dass es nicht erstaunlich wäre, wenn - wie am Wochenende geschehen - weitere Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen würden. Gabriele ist weiterhin der einzige Beschuldigte. Der Vatikan hat bisher auch kein Rechtshilfegesuch an Italien gestellt, das italienische Staatsbürger betreffen könnte.

Am Pressebriefing am Dienstag nahm auch ein Richter des Vatikanischen Gerichts, Paolo Papanti-Pelletier, teil. Er erläuterte, dass die Rechtsgrundlage eines möglichen Prozesses das 1929 nach italienischem Vorbild erstellte und seither in einigen Punkten aktualisierte vatikanische Straf- beziehungsweise Strafprozessrecht bilden würde.

Wie lange die Ermittlungen andauern, lasse sich nicht vorhersagen, sagte Papanti-Pelletier. Sollte Gabriele der Prozess gemacht werden, werde der auf jeden Fall öffentlich sein. Gabriele könnte 100 Tage in einem der Arresträume der Vatikan-Gendarmerie in Untersuchungshaft bleiben. Denkbar sei aber, dass er in Hausarrest überstellt wird. Am Sonntag konnte Gabriele etwas frische Luft atmen: Er durfte in Begleitung zweier Gendarmen, aber ohne Handschellen, in einer Kirche im Vatikan zum Gottesdienst.

Gabriele wird schwerer Diebstahl vorgeworfen, dafür drohen ein bis sechs Jahre Haft, in besonders schweren Fällen zwei bis acht Jahre.

Nuzzi verrät Informanten nicht

Der 43-jährigen Fernsehjournalist Gianluigi Nuzzi, dessen Buch "Sua Santita" ("Eure Heiligkeit") demnächst auf Deutsch erscheinen soll, verrät weiterhin nicht, wer ihm die Geheimpapiere zugespielt hat. Er habe mehrere Informanten gehabt: "Vatikanbürger und -beschäftigte", die das Amtsgeheimnis verraten hätten. Sie fühlten sich "frustriert, weil machtlos gegenüber widerrechtlichen Übergriffen, persönlichen Interessen und unterdrückten Wahrheiten".

Aus dem ihm zugespielten Archiv eines verstorbenen Kurienbeamten hatte Nuzzi vor drei Jahren ein Buch über die dubiosen Finanzgeschäfte der Vatikanbank gemacht (auf deutsch erschienen unter "Vatikan AG"). Damit hat er sich offenbar bei den Dissidenten in der Kurie empfohlen und scheint so an die neuen Dokumente gekommen zu sein. Bestochen jedenfalls, so versichert Nuzzi, habe er niemanden.

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