Neuer Piraten-Geschäftsführer: Evangelisch und 'polyamant'

1. Mai 2012 in Deutschland


Die Piratenpartei traf sich vom 28. bis 29. April zu ihrem Bundesparteitag in Neumünster. Auf dem Programm standen vor allem Personalentscheidungen. idea-Redakteur Dennis Pfeifer hat sich die neue Parteispitze und deren Forderungen angesehen.


Wetzlar (kath.net/idea) Irgendwie anders, etwas verrückt und skurril – so wirkt die Piratenpartei auf ihre Beobachter. Genauso schillernd ist der auf dem Bundesparteitag am 29. April in Neumünster neu gewählte politische Geschäftsführer, Johannes Ponader (Berlin). Der 35-Jährige, der 74,4 Prozent der Delegiertenstimmen auf sich vereinen konnte, bezeichnet sich selbst als „Gesellschaftskünstler“. Er verdient sein Geld als freischaffender Autor, Schauspieler und Regisseur. Ponader, der nach eigenen Angaben Mitglied der evangelischen Kirche ist, bezeichnet sich als „polyamant“. Unter Polyamorie versteht man das Zusammenleben mit mehreren Partnern bzw. Partnerinnen. Über seine näheren Lebensumstände wollte Ponader auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea allerdings keine Angaben machen. Der Generalsekretär des evangelischen Fachverbandes für Sexualethik und Seelsorge „Weißes Kreuz“, Rolf Trauernicht (Ahnatal bei Kassel), erläuterte die Lebensweise auf Anfrage von idea: „Weltanschaulich stellt das polyamore Konzept die Vorstellung in Frage, dass Zweierbeziehungen die einzig erstrebenswerte, beste oder mögliche Form des Zusammenlebens darstellen. Es bejaht, dass ein Mensch mit mehreren Personen zur gleichen Zeit glückliche Liebesbeziehungen unterhalten kann. Teilweise schließen solche Partnerschaften mehrere Generationen ein.“ Nach Schätzungen leben bis zu 6.000 Menschen in Deutschland polyamant. Trauernicht wundert der Lebensstil Ponaders nicht: „Die Piratenpartei verfolgt ohnehin das Ziel, die Ehe abzuschaffen und alternativen Lebensformen mehr Raum zu geben. Ihr Grundsatzpapier zur ‚Geschlechter- und Familienpolitik‘ ist absurd und geradezu antibiblisch.“ Insofern sei es nur bezeichnend, dass der Geschäftsführer diesen Lebenswandel für sich gewählt habe. Unter anderem lehnt die Piratenpartei die Erfassung des Merkmals „Geschlecht“ durch staatliche Behörden ab. Sie fordert die Aufhebung des Inzestverbots und die vollständige rechtliche Gleichstellung von Ehe und eingetragener Partnerschaft.

Neuer Vorsitzender ein „überzeugter Katholik“

Ein Kontrastprogramm zu Ponader liefert der neue Bundesvorsitzende der Piratenpartei, Bernd Schlömer (Hamburg). Der 41-jährige Beamte ist Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium und kümmert sich dort um Verwaltung der beiden Hochschulen der Bundeswehr. Der nach Angaben der Nordwest-Zeitung (Oldenburg) „überzeugte Katholik“ absolvierte sein Abitur am Meppener Gymnasium Marianum, einer Privatschule in Trägerschaft der Schulstiftung des Bistums Osnabrück. Schlömer ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Forderung: Religion privatisieren

Bei ihrem Bundesparteitag im Dezember hatten sich die Piraten für eine strikte Trennung von Religion und Staat ausgesprochen. Die Partei forderte, „finanzielle und strukturelle Privilegien für einzelne Glaubensgemeinschaften“ abzuschaffen. Auch der Einzug von Kirchensteuern durch die Finanzämter und die behördliche Erfassung der Religionszugehörigkeit sollen nach dem Willen der Partei wegfallen. In den zurückliegenden Landtagswahlkämpfen in Berlin und im Saarland waren die Piraten mit der Forderung aufgetreten, Religion zu privatisierern. In Schleswig-Holstein, wo am 6. Mai gewählt wird, lehnt der Landesverband jede „religiös motivierte Wissensvermittlung“ ab.


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