Bischof Overbeck: Dialogprozess darf Kirche nicht spalten

12. Jänner 2012 in Deutschland


"Es bestehe die «reale Gefahr, dass wir uns in unserer Kirche so zerstreiten, dass Brücken abgebrochen und die bestehende Einheit aufgegeben werden"


Bochum (kath.net/KNA) Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck hat die deutschen Katholiken gemahnt, im Dialogprozess über die Zukunft der Kirche «emotional abzurüsten». Es bestehe die «reale Gefahr, dass wir uns in unserer Kirche so zerstreiten, dass Brücken abgebrochen und die bestehende Einheit aufgegeben werden», sagte er am Donnerstag bei einer Tagung der Universität Bochum zum 50-jährigen Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). «Auf Barrikaden lässt sich bekanntlich schlecht miteinander reden.»

Die deutschen Bischöfe hatten mit Blick auf den Missbrauchsskandal in der Kirche und zurückgehende Zahlen an Katholiken, Gottesdienstbesuchen und Priestern im Herbst 2010 zu einem Dialogprozess aufgerufen. Overbeck gehört einer Steuerungsgruppe der Bischofskonferenz zu diesem Prozess an. Der Essener Bischof lehnte einen Rückzug «in eine vermeintlich heile katholische Sonderwelt» ab. Die Kirche müsse innerhalb der Welt von heute auskunftsfähig werden. Er hoffe, «dass uns auch heute Männer und Frauen geschenkt werden, die in Kunst und Literatur, in der theologischen wie in der profanen Wissenschaft, in Wirtschaft und Politik aus ihrer katholischen Glaubensüberzeugung heraus etwas zu sagen haben».

Zugleich warnte der Bischof mit Blick auf die Reformprozesse in den Bistümern und Gemeinden davor, «durch einzelne Retuschen schmucker Fassaden innere Ruinen aufrecht zu erhalten» und sich auf die «Logik reiner Bestandskonservierung» zu konzentrieren. In diesem Zusammenhang räumte der Ruhrbischof ein, dass die «in den deutschen Diözesen gegenwärtig praktizierte Lösung mit großflächigen Pfarreinheiten nicht das letzte Wort» sei, sondern nur eine «für die Priester wie für die Gemeinden stressige Übergangslösung». Auf diese Weise seien aber Freiräume und Gestaltungschancen zu gewinnen.

Mit Blick auf politische und gesellschaftliche Dialogprozesse betonte der Bischof, der Dialog innerhalb der Kirche habe andere Ziele. «Es geht bei uns doch nicht um Machtkommunikation, sondern um Glaubenskommunikation.» Ziel bei der Suche nach Wahrheit müsse Konsens und nicht der Kompromiss sein. Anstelle «eines Lamentos» über unzureichende Zustände in der Kirche sei es notwendig, gewissenhaft zu analysieren, Ideen zusammenzutragen und die visionäre Kraft der christlichen Botschaft in dieser Welt wirksam werden zu lassen.

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