Kapellari gegen alarmistischen Umgang mit Problemen

1. Jänner 2012 in Österreich


Grazer Bischof in Silvesteransprache: Kirche ist nicht gelähmt, Priestermangel wird Seelsorge "nicht zusammenbrechen" lassen - Plädoyer für ein "neues Sprechen über Gott".


Graz (www.kath.net/ KAP)
Gegen einen "alarmistischen Umgang mit Problemen und Defiziten, der die Kirche in Österreich von anderen Ländern sehr unterscheidet" hat sich der Grazer Bischof Egon Kapellari ausgesprochen. Er "rede kein Problem klein", doch sei die Kirche "nicht gelähmt"; sie bewege sich und werde dies weiter tun - "freilich nicht in einem Tempo, das alle zufriedenstellt", räumte der Bischof bei der Jahresschlussandacht am Silvestertag im Grazer Dom ein. Er gab zu bedenken, "dass sich die katholische Kirche seit dem jüngsten Konzil wohl mehr bewegt hat als fast alle anderen christlichen Kirchen". Dies müsse jeweils in Einheit mit der ganzen Weltkirche und dem Papst als Nachfolger des Petrus geschehen, stellte Kapellari klar.

Ohne die Pfarrer-Initiative und deren "Aufruf zum Ungehorsam" ausdrücklich zu nennen, mahnte Bischof Kapellari: "Mit dem Prinzip Gehorsam, das selbstverständlich keinen blinden Gehorsam meint, darf nicht leichtfertig umgegangen werden. Auf solchem liegt nie ein Segen." Kapellari äußerte die Überzeugung, "dass ein Widerstand gegen manche sehr plausibel erscheinende Veränderungen auch prophetisch sein kann".

Durch den Priestermangel werde die Seelsorge "nicht zusammenbrechen", gab Kapellari weiter zu bedenken. Allein in der Steiermark seien mit den ca. 460 Priestern auch fast 300 Frauen und Männer als Pastoralassistenten und in Pfarrsekretariaten tätig. Hinzu kämen 1000 im Religionsunterricht und Tausende ehrenamtlich tätige Christen. Freilich könnten nicht alle kirchlichen Strukturen und Dienste flächendeckend so bleiben wie bisher, so der Bischof. Er hält Veränderungen für nötig, "die manchmal wehtun, aber im Ganzen unvermeidlich sind und auch gutes Neues hervorbringen".

An den sogenannten Heiße-Eisen-Themen werde man in der Kirche weiterhin arbeiten, Grenzziehungen müssten dabei besser argumentiert werden. "Eine Fixierung darauf, die uns oft auch von außerhalb der Kirche auferlegt wird, hilft aber nicht weiter, sondern lähmt uns zum Schaden der Kirche und der ganzen Gesellschaft", warnte Kapellari. Denn die derzeit "instabile" Zivilgesellschaft habe "die stabilisierende Kraft der christlichen Kirchen und zumal der katholischen Kirche sehr nötig".

Auch für Kirche gilt: "Fürchtet Euch nicht!"

"Fürchtet Euch nicht!": An diesen Ruf aus dem Weihnachts- und auch aus dem Osterevangelium, der für Christen stets "ein Hoffnungsanker war und bleiben wird", sei gerade angesichts von Jahresrückblicken zu erinnern, in denen viel von Katastrophen die Rede sei und "viel Grund zur Furcht" gegeben werde. Kapellari nannte die Furcht vor Kriegen und Terror, vor Hunger, Umweltzerstörung, vor "Gottlosigkeit in manchen westlichen Gesellschaften, die nicht nur edle Atheisten, sondern sehr viel mehr Inhumanes ausprägen würde". Das "Fürchtet Euch nicht!" sollte - so der Bischof - auch den Weg der katholischen Kirche in Österreich begleiten.

Bischof Kapellari plädierte eindringlich für ein "neues Sprechen über Gott". Wenn er und andere Bischöfe immer wieder unterstrichen, dass die Frage nach Gott gerade heute vordringlich sei, stelle dies "keine Ausrede und keine Ablenkung von kontroversen Fragen der Kirchenverfassung" dar. Alle Mitarbeiter der Kirche stünden heute gemeinsam vor der "dringlichen Aufgabe, über Gott im beruflichen wie im privaten Alltag so zu sprechen, dass dies nicht peinlich ist, sondern zu einem tieferen Nachdenken führt". Ein einmal in jeder Woche allein durch hauptamtliche Laien und Geistliche geführtes Gespräch über die Frage "Wie geht es Ihnen und wie geht es mir als Mensch und Christ?" könnte einen "gewaltigen positiven Ruck im Land ergeben", so der Grazer Bischof.

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