Barbara Wenz: Die erste Beichte...

31. Oktober 2011 in Interview


Über die großen Stationen auf ihrer Reise zum katholischen Glauben erzählt Barbara Wenz exklusiv im KATH.NET-Interview - Von Petra Lorleberg


Linz (kath.net/pl) Was sind eigentlich die wichtigen Schritte, wenn ein Mensch katholisch werden will? Barbara Wenz erzählt im Interview von ihren persönlichen Knackpunkten, von Um- und Abwegen, und warum sie jetzt endlich sagen kann: „Mehr Liebe habe ich tatsächlich in keiner einzigen Religion dieser Welt entdecken können“.


kath.net: Frau Wenz, wann wurden Sie katholisch? Wie waren Sie zuvor in Sachen Religion unterwegs?

Barbara Wenz: Ich bin am 15. Oktober 2007, dem Tag der Hl. Teresa von Avila, in die katholische Kirche eingetreten, in meiner deutschen Heimatgemeinde im kleinsten Kreis, vor dem ausgesetzten Allerheiligsten. Danach gab es noch gemütlich ein Glas Sekt und Chips im Pfarrhaus, ein paar Tage später meine erste Beichte und am Sonntag darauf dann meine hl. Erstkommunion.

Eine Taufe war nicht notwendig, ich bin als Baby evangelisch getauft worden. Ich habe auch als Jugendliche den protestantischen Konfirmandenunterricht zur Vorbereitung auf meine Konfirmation besucht, aber da ging es eigentlich schon los mit den Ungereimtheiten: Luther sprach noch vom Allerheiligsten Altarsakrament, ich hatte seinen Katechismus gelesen, aber als ich meinen Pfarrer danach fragte, konnte er mir keine Antwort geben. Im Abendmahl gab es bei uns einfach nur Brot und Wein - nix mit Altarsakrament. Wozu sich dann aber auf Luther berufen? Das schien mir einfach nicht zusammen zu passen.

Gleichzeitig hatte ich schon immer ein großes Interesse an dem, was Katholiken, was die anderen Weltreligionen glaubten. Ich kann mich nicht mehr richtig erinnern, aber ich meinte wohl, der Auffassung gewesen zu sein, dass alle großen Religionen einen Abglanz der göttlichen Wahrheit wiedergeben würden, aber weil sie letztlich, wie ich dachte, von Menschen "gemacht" seien, eben immer nur einen Splitter von "Gott" einfangen könnten.

Ich hatte ja damals Jesus Christus noch nicht als Sohn Gottes erkannt, sondern lediglich als spirituellen Lehrer unter vielen.

Deshalb war es für mich auch nicht weiter wichtig, welcher Religion man nun angehören solle, sondern vielmehr eine Frage des persönlichen Geschmacks, wie bei der Kleiderwahl. So in etwa muss ich damals gedacht haben.

Nach Ausflügen in die Esoterik (Thoth-Tarot-Karten - nein, nicht bei Weltbild erstanden, sondern im Esoterik-Laden -, Reiki, Heilsteine, Geomantie, "keltisches Druidentum" usw.) landete ich zunächst beim tibetischen Buddhismus, dann beim Yoga und beim Hinduismus. Ich habe auch eine Ausbildung als Yoga-Lehrerin absolviert.

Positiv gesagt, der Sinn für das "Spirituelle" ist mir nie verloren gegangen, nur für das Christentum hatte ich mich nie mehr interessiert, vermutlich dank Uta Ranke-Heinemann, Deschner und Drewermann, die ich natürlich auch gelesen hatte.

Obwohl ich mit der katholischen Kirche damals nicht einverstanden war und viele Dinge nicht nachvollziehen konnte, war ich aber nie eine ausgesprochene Kirchenfeindin. Dafür hatte ich immer zu großen Respekt vor dem, was andere glauben, und dafür schätzte ich die Arbeit der katholischen Kirche, insbesondere ihr unbedingtes Eintreten für ein Recht auf Leben - auch wenn mir das persönlich nicht so richtig einleuchten wollte als "emanzipierte Frau" in manchen Fällen wie Verhütung oder Abtreibung - ganz besonders hoch ein.

Die Wende kam dann ziemlich unvermittelt und unerwartet. Nach ungefähr drei Jahren Yoga-Praxis mit Körperübungen und den dazugehörigen spirituellen Meditationstechniken - ich hatte u.a. eine Einweihung in Kundalini-Yoga sowie in das Mantra der indischen Göttin Saraswati erhalten und war außerdem eine glühende Verehrerin Shivas, des "tanzenden Gottes" - , setzte bei mir eine gewisse Unzufriedenheit ein.

Ich hatte einfach keinen Zugang zu diesen fremdartigen indischen "Göttern", vielarmig, manche wie Ganesha sogar mit Elefantenköpfen, es gab keine Beziehung zu ihnen, sie waren abstrakt - eben keine Menschen; selbst wenn sie als "Avatare" zu den Menschen hinabstiegen, blieben sie "Aliens", Wesen, zu denen ich einfach keine persönliche Verbindung aufbauen konnte.

Zu der Zeit muss ich gerade auch mal wieder eine Verfilmung von "Anatevka" gesehen haben, denn ich weiß noch, dass ich Tevje, den jüdischen Milchmann, wenn er hinausrannte aufs Feld, um mit seinem Gott zu streiten, zu argumentieren und zu verhandeln, einfach nur wundervoll und beneidenswert fand. Mit Shiva konnte man, besser ich, das nämlich ganz und gar nicht! *lächelt*

kath.net: Gab es für Sie ein Schlüsselerlebnis auf dem Weg in die katholische Kirche?

Barbara Wenz: Es gibt ja immer ungezählte Faktoren bei einer Konversion, Einflüsse, Momente, Impulse, Anstöße, die ineinander greifen. Zu nennen wäre in meinem Falle unbedingt auch noch eine - damals touristische - Fahrt aus purer Neugierde nach Manoppello zum Volto Santo.

Da Sie aber konkret nach dem Schlüsselerlebnis fragen, also jenes, welches die Pforte des Weges öffnete, der zum Nachdenken und letztlich zu meiner Bekehrung führte, dann ist das ganz bestimmt der Abend, an dem Johannes Paul II. starb.

Ich entsinne mich noch, ich fühlte mich zunächst ungeheuer belästigt. Zu lange war der schwerkranke Papst schon in den Medien breitgetreten worden. Versuchte, die Bilder aus Rom wegzuzappen. Kehrte immer wieder zu den Übertragungen zurück. Zu den Aufnahmen der singenden und betenden Menschen auf dem Petersplatz in Rom.

Das hat mich so berührt, dass ich am Ende, unter Tränen, versucht habe, seit langer Zeit wieder ein christliches Gebet zu sprechen - für diesen Papst, der mir zu seinen Lebzeiten eher wenig bedeutet hatte. Ich denke schon, dass dieser Moment eine Initialzündung war, und ich bin mir sehr sicher, dass ich nicht der einzige "Ungläubige" gewesen bin, der an diesem Abend auf den Weg gebracht wurde. Was mir sein Nachfolger Benedikt XVI. bedeutet, darüber habe im Beitrag Der Papst meines Lebens" für das vatican-magazin.de spezial zum Papstbesuch in Deutschland geschrieben."

kath.net: Wenn man von außen auf den katholischen Glauben schaut, gibt es häufig Anfragen zu folgenden Themen: Papstamt, Eucharistie, Beichte, Maria und die Heiligen. Welches Thema war eigentlich für Sie der schwierigste Brocken – und zu welchen Ergebnis kamen Sie?

Barbara Wenz: Eucharistie! Vielmehr: Realpräsenz! Ich hatte unter anderem auch große Bedenken, ob ich die Morallehre der Kirche wirklich für mich annehmen könnte, wenigstens rational und intellektuell vertreten jedenfalls, in der Umsetzung ist ja wohl niemand von uns perfekt, aber die allergrößte Hürde war definitiv für mich als Ex-Protestantin, dass ich nun an die Realpräsenz Christi in der konsekrierten Hostie glauben sollte. Gerne! Nur WIE? Ich bin ein Mensch, der auch theoretisch relativ gut Sachverhalte erfassen kann, aber hier half alles nichts. Mir wurde zwar viel Gnade während dieses Prozesses zuteil, Dinge, die auf mich völlig unerwartet und unverdient sozusagen herabfielen, aber die Realpräsenz Christ zu erkennen gehörte nun einmal nicht dazu.

Jetzt war Arbeit angesagt. Über Monate hinweg besuchte ich die Hl. Messe, natürlich ohne zu kommunizieren, aber was mir am Ende einen echten Zugang eröffnet hat, war der konsequente Besuch der "Stillen Anbetung", wo ich mir, ich will das nicht verschweigen, anfangs doch dämlich vorkam. Ich sitze hier vor einem Stück Brot in einer Monstranz? Und stelle dem Brot Fragen? Hm.

Also saß ich da und kniete und kniete und schaute und schaute- ja, ich glotzte - und am Besten waren die Momente, in denen ich resigniert den Kopf senkte und mein Gesicht in meinen Händen vergrub.

Ich wollte doch so gerne - aber ich konnte mir nicht vorstellen, wie.

Momente der Resignation wechselten sich ab mit sozusagen Tevje-haften Phasen des Aufbegehrens! Ich machte dem "Brot" Vorwürfe! Ich hielt ihm vor, dass "es" - natürlich nannte ich "es" bereits schon Jesus innerlich - jetzt schon mal zuschauen müsse, wenn es mich in seiner heiligen Kirche haben wolle, dass ich diese Hürde nun auch noch nehmen könne!

Keine Antwort.
Nichts. Es war zum Verzweifeln.

Und dann erinnerte ich mich an meine Yoga-Ausbildung. Die wirklich nicht ganz umsonst gewesen ist: Barbara, da ist einfach noch zu viel EGO! Das kannte ich doch, das war doch eine, freilich anders formulierte, Passage aus dem Vaterunser, nämlich "Dein Wille geschehe".

Und von diesem Punkt an ging ich in die Stille Anbetung und setzte mich zuversichtlich, voller Hoffnung und guten Mutes vor das Allerheiligste. Ich fragte nicht mehr nach dem WIE, ich ging einfach hin und sagte: "Herr, hier bin ich." Mehr nicht. Und das einfach aushalten.

Und als irgendwann die deutliche Antwort kam: "Und hier bin ICH!" - vielleicht hat er auch etwas alttestamentarischer gesagt: "Und ich bin DA!"- , da wusste ich, es war so weit. Ich konnte den Termin für den Kircheneintritt endlich festmachen.

kath.net: Die Beichte – darf ich Sie fragen, Frau Wenz? Das ist ja gerade für viele völlig unverständlich, wieso wir Katholiken ausgerechnet Schwierigkeiten und Versagen einem anderen Menschen offen erzählen. M welchen Gefühlen waren Sie auf Ihre erste Beichte zugegangen? Wie ging es Ihnen in dieser Beichte?

Barbara Wenz: Ganz ehrlich? Mir gings hundsmiserabel.

Der Punkt war, ich hatte Beichte im Prinzip theoretisch und rational völlig verstanden. Es schien mir ganz einfach zu sein. So nach dem Motto, der Priester ist der Telefonhörer zu Gott oder ähnlich. Ich ging sehr optimistisch und positiv gestimmt zu meiner ersten, zu meiner Generalbeichte.

Ich denke, ich war auch gut vorbereitet. Ich hatte ja jede Menge aufs Tapet zu bringen - an die vierzig Jahre! Und ich fing ganz frohgemut an und redete weiter und weiter und auf einmal ging die Heulerei los.

Dass da doch so viel war, was ich zwar immer gewusst und auch innerlich bereut hatte, aber zum ersten Mal nun laut aussprach, das erschütterte mich.

Dabei war der Priester auch nicht das Problem. Ich hatte volles Vertrauen zu ihm. Ich wusste, ich konnte ihm wirklich alles sagen. Aber ich empfand das schon auch als ganz anders, als mit Freunden über irgendwelche Verfehlungen sprechen, die einem auf der Seele liegen und wo es hauptsächlich um freundschaftlichen Beistand und ein bisschen laienpsychologischen Rat geht.

Ich stand ernsthaft vor Gott und Jesus Christus, an den ich nun endlich glaubte, und ein Mann saß neben mir in seiner Vermittlerfunktion, und seine Aufgabe war es, sich dieses ganze Elend anzuhören, nicht, um es zu relativieren oder wegzudiskutieren, sondern um mir nachher eine Lossprechung zu geben, die eigentlich kein anderer Mensch sonst spenden kann, als ein geweihter Priester, weil Gott ihm diese Vollmacht übertragen hat [vgl. Joh 20,21-23].

Das war ein bisschen der overload für mich, damit hatte ich nicht gerechnet. Hinzu kam, ich empfing die Lossprechung - und ich hatte erhofft, dass ich das jetzt sofort und ganz tief drinnen auch spüren würde. (Das war nun wieder der Nachteil mit dem Yoga, da spürt man ziemlich viel, was auch immer es zu bedeuten hat, aber das Nachspüren ist da immer ganz wichtig gewesen.)

Und jetzt spürte ich rein gar nichts! Ausgerechnet bei dieser so wichtigen Lossprechung meiner Generalbeichte! Ich konnte einfach nicht spüren, denken, glauben, fühlen, dass Gott mir tatsächlich vergeben hatte. Vielleicht ist das auch ein persönliches Problem von mir, wenn ich einen guten Tag habe, schiebe ich es auf meine protestantischen Wurzeln *schmunzel*.

Ich habe das dann mit meinem geistlichen Begleiter auch besprochen, und es hat wirklich ein bisschen Übung gebraucht, bis ich das für mich klären konnte. Aber wichtig war, dass ich nicht resigniert habe. Ich bin weiterhin regelmäßig zur Beichte. Es ist ein bisschen parallel gelaufen wie mit dem Zugang zur Realpräsenz. Irgendwann habe ich mich selbst nicht mehr so wichtig genommen, und was ich jetzt spüre oder nicht. Und dann war es da.

Dabei sollte mein hardcore-Beichterlebnis erst noch kommen. In Deutschland spielt sich das ja relativ gemütlich ab, Beichtzimmerchen, Kerze an, man sitzt sich gegenüber. Bei den italienischen Kapuzinern hier im Dorf, bei denen ich das erste Mal in Italien beichtete, ist das auch sehr komfortabel, selbst im Beichtstuhl.

Aber einmal ging ich zu einem anderen Konvent. "Ich will beichten!", sagte ich, und ein kleines hutzeliges Franziskanermännchen führte mich ins "Beichtzimmer" des Santuarios. Mein Blick fiel auf die gemütliche Sitzecke und ich dachte, okay, same procedure, im Sesselchen, gemütlich, Kerze und so. Nix da. Das durchaus gütige Mönchlein deutete liebevoll auf eine Kniebank. Ich solle mich hinknien. Er nahm neben mir auf einem Stuhl Platz. Nun war meine Kniebank direkt unter einem riesigen hölzernen Kruzifix mit bemaltem Korpus in Überlebensgröße angebracht. Und ich arme Sünderin kniete auf Augenhöhe der durchbohrten Füße von Jesus Christus, direkt unterm Kreuz. Mamma mia.

Niemals war mein Vorsatz, nicht mehr zu sündigen, stärker, als nach dieser Beichte direkt unterm Kreuz. [Ist mir nicht ganz gelungen, aber anderes Thema.]

Der gütige Franziskaner nahm danach meine Hände in seine und fragte mich noch liebevoll, woher ich käme und wie gut es sei, dass ich konvertiert wäre, also es war keine irgendwie schreckliche, horrible Beichte, das will ich damit nicht sagen. Aber eben - ziemlich eindrücklich, doch.

Mein Problem mit den innerlichen Zweifeln, ob Gott mir wirklich vergeben würde, ist übrigens seit damals endgültig gelöst.

kath.net: Wer ist Ihr persönlicher Lieblingsheiliger und warum?

Barbara Wenz: Der Allerliebste, den ich habe, ist der Hl. Joseph von Copertino. Und zwar, weil mir, im Gegensatz zu ihm, schulische Leistungen, das Studium usw. immer sehr leicht gefallen sind. Ich war nicht unbedingt hochmütig deswegen, aber es war halt meine Welt. Ich habe immer sehr gerne gelernt, Sprachen, Philosophie, schwierige, komplizierte literarische Texte haben mich immer fasziniert.

Und da war also dieser bezauberende Heilige, den ich schon recht früh in meiner katholischen "Laufbahn" kennen lernte, der rein gar nichts konnte. Der schlicht zu blöd für alles war. Im ersten Kloster, in dem er war, haben sie ihn fortgejagt, weil er fortwährend das Geschirr zerdepperte und "zu dumm war, um schwarzes Brot von weißem zu unterscheiden." Ich meine, das ist an sich eine verheerende Feststellung, oder?

Also der Hl. Joseph von Copertino war wirklich zu rein gar nichts zu gebrauchen, und als es an die Prüfung ging, die entscheidend zur Zulassung zu seiner Priesterweihe war, hat er Blut und Wasser geschwitzt. Überflüssig zu sagen, dass ihn Latein völlig überforderte. Zufall, Glück, Fügung - nein, der Beistand der Hl. Gottesmutter hat ihm geholfen, die schwierige, notvolle Prüfung zu überstehen! Seither ist er Schutzpatron der Schüler, Studenten, Examenskandidaten und so weiter.

Vor den Menschen ein Taugenichts - vor Gott der Allergrößte. Der hl. Joseph von Copertino war von solch glühender Liebe erfüllt, dass es ihn in Ekstase förmlich hinwegtrug. Ja, er konnte fliegen. Tausende von Zeitgenossen haben das unter Eid bezeugt, dass sie ihn abheben sahen.

Sogar einen protestantischen deutschen Landesfürsten hat er zum rechten Glauben bekehren können. Ich sage: der vielleicht bezauberndste Heilige der katholischen Welt.

Das genaue Gegenteil davon, wie ich finde, ist die Hl. Edith Stein. Nicht, weil sie nicht bezaubern könnte, im Gegenteil! Aber sie bezaubert auf eine andere Art und Weise.

Wer so oft in seinem recht ungeordneten Leben schon weltlich verliebt war wie ich, den fasziniert besonders die eigene, individuelle Qualität, die bei jedem einzelnen unserer Heiligen zu Tage tritt, wenn sie sich in Gott verlieben.

kath.net: Meine letzte Frage: Mit welchem Bibelvers gehen Sie zurzeit innerlich um?

Barbara Wenz: Gar kein bestimmter, obwohl grad die Sache mit den "weiß getünchten Gräbern" recht aktuell zu sein scheint *lächelt*.

Ich befasse mich regelmäßig mit der Tageslesung, mal mehr, mal weniger intensiv. Durch das Stundengebet bin ich auch mit dem Magnifikat und dem Benedictus insbesondere sehr vertraut geworden, das sind Schriftstellen, an denen ich mich nie satt lesen kann.

Psalm 23 sagt mir immer sehr viel, den habe ich als Kind auswendig gelernt. Das sind so die Fundamente, auf die man als Erwachsener, der den Glauben wieder entdeckt hat, staunend und froh zurückgreifen kann.

Am Schönsten finde ich, neben dem Psalm "Mein Herz dichtet ein feines Lied, einem König will ich es singen", das Hohelied Salomos - und ich gestehe auch, es ist vermutlich dasjenige Buch der Heiligen Schrift, aus dem ich am meisten auswendig zitieren kann.

Matthäus 16, 16-19 sind natürlich die Verse, mit denen ich in meiner Zeit als Protestantin immer am wenigsten anfangen konnte. Tatsächlich ist er eine Stelle geworden, die wie mich wie keine andere immer wieder leiten, stärken, ermutigen kann, wenn in der Kirche mal wieder grad Matthäi am Letzten ist. Hinzu kommt, dass er natürlich in meiner alten Luther-Bibel - ja doch! - eine ungleich größere Kraft entfaltet, als in den katholischerseits so gebräuchlichen Übersetzungen. Es ist schon ein Unterschied, ob ich lese: und die Pforten der Hölle werden sie (die Kirche) nicht überwältigen [Luther], oder ob ich lese: und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwinden [Einheitsübersetzung].

Paulus habe ich dank des Paulus-Jahres vollständig neu entdecken können. Wie mag man sich fühlen, wenn man so eine radikale Konversion hinter sich gebracht hat, in dem Wissen, eigentlich ein Zeitgenosse Jesu zu sein und ihn komplett verpasst zu haben? Und dennoch die Gemeinden so voller geistiger Kraft, Eifer und Glut, mahnen und stärken konnte?

Wissen Sie, es ist genau das, was mir immer gefehlt hatte im Hinduismus. In Assisi, beim Treffen der Vertreter der Weltreligionen am 27. Oktober 2011, grüßte ein Inder die Versammlung: "Ich verneige mich vor dem Göttlichen in jedem von euch."

Aber das so konkret zu erfahren können, in dieser unermesslichen Fülle und Bandbreite, dazu musste ich katholisch werden. Jeder Einzelne von uns ist ein geliebter Sohn oder eine geliebte Tochter Gottes.

Doch nur wir Christen glauben, dass Gott sich uns gleichgemacht hat. Er ist nicht herabgestiegen und hat irgendwas diffus Göttliches mit uns geteilt, dabei erhaben bleibend. Er hat mit uns unser ganzes prachtvolles und zugleich elendigliches Menschsein erlebt und durchlitten. Bis zur bitteren Neige.

Mehr Liebe habe ich tatsächlich in keiner einzigen Religion dieser Welt entdecken können. Und darum glaube ich, dass Jesus Christus unser Herr und unser Erlöser jetzt und in Ewigkeit ist.

kath.net: Liebe Frau Wenz, herzlichen Dank für Ihr Glaubenszeugnis!

Barbara Wenz ist freie Journalistin und Autorin. Sie veröffentlichte bereits mehrfach auf kath.net sowie im vatican-magazin.de. Außerdem führt sie den Blog Elsas Nacht(b)revier

kath.net-Buchtipp:
Barbara Wenz
Poetische Pilgerorte. Reisen ins mystische Mittelitalien
MM Verlag
220 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
20,50 EUR

kathTube-Tipp: Catholic Converts - Willkommen zu Hause!



kathTube Lied: "Here I am, Lord!"



Foto Barbara Wenz: (c) kath.net/Barbara Wenz


© 2011 www.kath.net