Irland: Scharfe Konfrontation zwischen Regierung und Orden

18. Juli 2011 in Aktuelles


Einige der Orden, die sich an der Abfindung von Opfern sexuellen Missbrauchs beteiligen, wollen ein geplantes Treffen mit Bildungsminister Ruairi Quinn am Freitag boykottieren


Dublin (kath.net/KAP) Gleich an mehreren Fronten muss die irische Kirche sich derzeit im "Troubleshooting" in Folge des Missbrauchsskandals üben. Dabei verschärft sich aber auch die Auseinandersetzung zwischen Regierung und Orden. So berichtet die Tageszeitung "Irish Times" am Montag, dass einige der Orden, die sich an der Abfindung von Opfern sexuellen Missbrauchs beteiligen, ein geplantes Treffen mit Bildungsminister Ruairi Quinn am Freitag boykottieren wollen.

Quinn hatte in den vergangenen Tagen gefordert, die Orden müssten sich zur Hälfte an den Entschädigungs- und Gerichtskosten von 1,36 Milliarden Euro beteiligen. Dagegen machen die Orden laut dem Zeitungsbericht nun geltend, eine entsprechende Vereinbarung sei nie getroffen worden. Entgegen den Worten des Ministers sei davon auch im Untersuchungsbericht der Ryan-Kommission von 2009 keine Rede.

Die "Irish Times" zitiert einen unbenannten Ordensmann, der Quinn vorwirft, die Bedürfnisse der Opfer aus den Augen verloren zu haben und eine ideologische Position einzunehmen: "Er weiß ganz genau, dass wir nicht in der Lage sind, die Hälfte der Entschädigungssumme zu bezahlen." Für das Treffen am Freitag gebe es nicht einmal eine Tagesordnung. "Man kann uns nicht einfach so einberufen und auf diese Art und Weise belehren", so die Quelle.

Weiter sagte er laut der Zeitung, die Orden hätten einer gleichwertigen Beteiligung an den Kosten nie zugestimmt und seien nicht zu Nachverhandlungen bereit. "Wir haben lediglich einer freiwilligen Beteiligung zugestimmt, und uns wurde gesagt, dass wir so viel wie irgend möglich beisteuern sollen. Nun heißt es, das sei nicht genug." Die Ordensgemeinschaften wollten zudem sicherstellen, dass das Geld auch wirklich direkt an die Opfer ausgezahlt werde und nicht an den Staat.

Unterdessen erneuerte Außenminister Eamon Gilmore in einem Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Sender RTE seine Kritik am Vatikan. Der in der vergangenen Woche veröffentlichte Untersuchungsbericht über sexuellen Missbrauch in der Diözese Cloyne sei "vernichtend" und zeige das Versagen des Vatikans und der Kirche beim Schutz irischer Kinder. Er erwarte eine baldige Antwort aus Rom auf die in dem Bericht erhobenen Anschuldigungen.

Ärger über "abgetauchten" Bischof

Dublins Erzbischof Diarmuid Martin bekundete unterdessen "Wut" über die Missachtung der Kinderschutzrichtlinien der Kirche. "In Cloyne und vielleicht auch an anderen Orten gab es einige, die sich selbst über die Regeln gestellt haben, die der Papst für die gesamte Kirche aufgestellt hat", so Martin in einer Predigt.

Allerdings dürften gute Priester, die seit Jahren unbescholten dienten, nun nicht zu Sündenböcken gemacht werden. Nach der Predigt forderte Martin in einer Pressekonferenz den damaligen Bischof von Cloyne, John Magee, auf, sich seiner Verantwortung zu stellen.

Magee, der sich derzeit vermutlich in den USA aufhält, war in dem Untersuchungsbericht besonders scharf kritisiert worden. Bisher hat er sich nicht dazu geäußert. Martin sagte, es wäre gut, wenn Magee nach Irland zurückkäme. Er könne sich freilich nicht vorstellen, dass Magee je wieder als Priester ein Amt in der Kirche bekleiden könne.

Martin verlangte vom kirchlichen Kinderschutzamt außerdem die Veröffentlichung von internen Untersuchungen in drei weiteren Diözesen; deren Ergebnisse werden für Ende Juli erwartet. "Ich sehe keinen Sinn in solchen Untersuchungen, wenn sie nicht öffentlich gemacht werden", so der Dubliner Erzbischof.

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