Wie Bergsteiger, welche das Grandiose des Gipfels nicht kennen

14. Juli 2011 in Spirituelles


Heute kommen viele Gelehrte der Theologie, auch Bischöfe und Gremien, ohne Christus aus und verirren sich in vom Zeitgeist geprägter Gschaftelhuberei. So löschen sie den Geist Christi aus. Ein Kommentar von P. Bernhard Sirch zum Sonntagsevangelium


Illschwang (kath.net) A - 16. Sonntag im Jahreskreis. 1.Ls.: Weish. 12, 13.16-19.
2. Ls.: Röm 8, 26-27 und Ev.: Mt 13, 24-43 (*17.7.2011)

Im heutigen Evangelium hören wir drei Gleichnisse, die immer beginnen mit: "Mit dem Himmelreich ist es wie..." (Mt 13, 24.31.33). Auch im Evangelium des letzten Sonntages hat Jesus vom Himmelreich gesprochen und sagt zu den Jüngern: "Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu erkennen" (Mt 13,11), bzw. "das Wort vom Reich" (Mt 13,18). Halten wir hier ein wenig inne. Klar wird deutlich, auf was es Jesus ankommt: Unser Ziel ist das Himmelreich. Stellen Sie sich einmal vor, ein Pfarrer predigt tatsächlich über das Himmelreich. Wahrscheinlich haben Sie noch kaum eine Predigt über das Himmelreich gehört. Wir können daran erkennen. wie weit wir gedanklich von Jesus entfernt sind, der uns beten gelehrt hat: "Dein Reich komme". Wenn wir das Ziel aus dem Auge verlieren, dann haben wir auch keine Lösung für unsere jetzigen Probleme und verlieren uns in Innerweltlichkeit. Die Mönchsregel Benedikts gibt als Leitmotiv an: "Suchet zuerst das Reich Gottes" (2. Kap., Vers 35; Mt 6, 53).

Ohne die Sehnsucht nach dem Himmelreich gleichen wir Bergsteigern, die von der Mühe des Aufstiegs gelähmt sind, weil uns das Grandiose es Gipfels nie vor Augen geführt wird, bzw. vorenthalten wird. Der Mensch wird nicht nur von der Gegenwart und Vergangenheit geprägt, sondern vor allem auch von der Zukunft, für uns Christen ist die Zukunft: das Himmelreich.

Die Menschen kamen zu Jesus und er stieg auf einen Berg und lehrte sie Göttliches, nicht wie die Schriftgelehrten, die den Menschen nichts zu sagen hatten, denen aber das Göttliche, das Zündende, fehlt und dann sind alle Forderungen Jesu sinnlos und bleiben der Welt verhaftet. Nicht nur Gelehrte, sondern auch Bischöfe und Gremien kommen in Prioritäten, die sie sich setzen, ohne dem Göttlichen, ohne Christus aus und verirren sich in vom Zeitgeist geprägte eifrige Gschaftelhuberei und löschen so den Geist Christi, Christus aus, der kaum mehr vorkommt. Papst Pius X. hatte als Wahlspruch: "omnia instaurare in Christo: Alles in Christus erneuern".

Zuerst müssen wir uns Gedanken machen über unser Ziel: "Unsere Heimat aber ist im Himmel" (Phil 3,20). Das gemeinsame Ziel vereint uns. Wenn das Ziel klar ist, dann sind auch Fragen nach dem Weg leichter lösbar und wir verlieren uns nicht in nur innerweltliche Forderungen, die dem christlichen Weg diametral gegenüber stehen. Die geistig-geistliche Ausbildung muß im Vordergrund stehen und dann können Gremien tagen. Wenn wir "nach dem Bild des Himmlischen gestaltet" (1 Kor 15,49) sind, dann können wir auch im Sinne Christi Entscheidungen treffen.

Bei allen Schwierigkeiten des menschlichen Weges zu diesem himmlischen Ziel, ist Gott souverän über allem, wie wir in der 1. Lesung hören: "Weil du über Stärke verfügst, richtest du in Milde und behandelst uns mit großer Nachsicht; denn die Macht steht dir zur Verfügung, wann immer du willst. ...Du hast deinen Söhnen die Hoffnung geschenkt, daß du den Sündern die Umkehr gewährst" (Weish 12, 18.29). Die Umkehr geht nicht automatisch vor sich. Immer wieder müssen wir Sünder Gott um die Gnade der Umkehr bitten. So beten wir im heutigen Schlussgebet: "Barmherziger Gott, höre unser Gebet... Gib, dass wir die Gewohnheiten des alten Menschen ablegen und als neue Menschen leben".

Wir haben schon im Evangelium des vergangenen Sonntags "Vom Sämann" gesehen: Jesus weiß, wie schwer Umkehr ist, er weiß, was passiert, wenn wir sein Wort aufnehmen wollen, aber es nicht verstehen: "Immer wenn ein Mensch das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und nimmt alles weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurdet" (Mt 13,19).

Wie sehr der Böse bei unserem Weg zum Himmel die Finger im Spiel hat, erleben wir im heutigen Evangelium im Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen; es ist ein Sondergut des Matthäus. Der Same ist das Wort. "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Mann, der guten Samen auf seinen Acker säte" (Mt 13, 24).

Jesus gibt in Vers 37 bis 43 selber die Deutung des Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen. Wenn man die Deutung heranzieht, würde der Text von Vers 24 bis 30 so lauten: Der Menschensohn bringt der Welt Gutes: die Söhne seines himmlischen Reiches. Während die Leute schliefen, kam der Teufel und streut die Söhne des Bösen in die Welt. Die Söhne des Menschensohnes merken es und fragen den Menschensohn: "Sollen wir gehen und es ausreißen? Er entgegnete: Nein, sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus. Laßt beides wachsen bis zur Ernte" (Mt 13, 28-29).

Dem Menschensohn ist das Gute so wertvoll, daß er das Unkraut nicht ausreißen läßt, da vielleicht beim Ausreißen des Unkrauts auch der Weizen ausgerissen werden könnte. So wichtig ist jedes Weizenkorn inmitten einer Welt des "Unkrauts". Dies ist ein Aufruf an uns: inmitten einer Umwelt des Bösen "Weizenkorn" zu sein. Vielleicht sollte man das Evangelium überschreiben: Die Geduld Gottes in dieser Welt. Man spürt genau: der Menschsohn steht souverän über der Welt. Durch das Eindringen des Bösen findet kein Besitzerwechsel statt. Die Söhne des himmlischen Reiches stehen den Söhnen des Bösen in dieser Welt gegenüber, wobei dieser Kampf, diese Kampfarena oft auch im Menschen selber stattfindet.

Die Souveränität Gottes, wie wir sie in der ersten Lesung gehört haben, zeigt sich auch im Gleichnis vom Senfkorn, das zwar sehr klein ist, aber ein mächtiger Baum wird, oder vom Sauerteig, der den ganzen Sauerteig durchsäuert. Wenn Jesus im Gleichnis vom Unkraut das Unkraut nicht ausreißen lässt und Sorge hat, "sonst reißt ihr zusammen mit dem Unkraut auch den Weizen aus" (Mt 13, 28-29) so gilt dies vor allem für das Senfkorn: "Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Senfkorn, das ein Mann auf seinen Acker säte. Es ist das kleinste von allen Samenkörnern, sobald es aber hochgewachsen ist, ist es größer als die anderen Gewächse und wird zu einem Baum, so daß die Vögel des Himmels kommen und in seinen Zweigen nisten" (Mt 13, 31.32). "Mit dem Himmelreich ist es wie mit dem Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war" (Mt 13, 33).

Wir haben oft Angst, das Böse könnte in dieser Welt überhand nehmen und wir müssen dreinschlagen. Uns fehlt das Vertrauen auf Gott: "Es gibt keinen Gott, Herr, außer dir, der für alles Sorge trägt; daher brauchst du nicht zu be­weisen (Weish 12, 13). Weil wir kein Vertrauen haben ist uns der Ratschlag des Menschensohnes nicht nachvollziehbar: "Laßt beides wachsen bis zur Ernte" (Mt 13, 30). Wie schwer fällt es uns: Geduld zu üben. Vielleicht sollten wir in unserem persönlichen Umfeld üben: auch wenn wir von Unrecht hören, oder gar selber Unrecht erfahren müssen: geduldig zu sein und allein auf Gott zu vertrauen. Wenn uns dies nur schwer gelingen will, sollten wir vielleicht daran denken, daß Gott auch mit uns geduldig ist. Wenn wir es fertig bringen, geduldig zu sein und nicht hart zu urteilen, wird sich Gott von unserer Geduld nicht übertreffen lassen, er wird mit uns geduldiger sein.

Die zweite Lesung ermutigt uns: "Der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an. Denn wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können. Und Gott, der die Herzen erforscht, weiß, was die Ab­sicht des Geistes ist: Er tritt so, wie Gott es will, für die Heiligen ein" (Röm 8, 26.27).

So sehr in dieser Welt die Geduld Gottes hervorgehoben werden muß, ge­nauso klar hebt der Menschensohn die klare Scheidung der Kinder des Reiches und der Kinder des Bösen hervor. "Wenn dann die Zeit der Ernte da ist, werde ich den Arbeitern sagen: Sammelt zuerst das Unkraut und bindet es in Bündel, um es zu verbrennen; den Weizen aber bringt in meine Scheune" (Mt 13, 30).

Jesus gibt die Erklärung: "Die Ernte ist das Ende der Welt; die Arbeiter bei dieser Ernte sind die Engel. Wie nun das Unkraut aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen. Dann werden die Gerechten im Reich ihres Vaters wie die Sonne leuchten. Wer Ohren hat, der höre!" (Mt 13, 39-43).

Man kann sich fragen, welcher Prediger wagt es, den Tag des Gerichtes und der großen Scheidung den Menschen vor Augen zu stellen? Ist es nicht viel leichter, über die Geduld, die Barmherzigkeit Gottes zu reden, was den Menschen, was uns selber schmeichelt? Wir sind aufgerufen uns mit unserem freien Willen für das Himmelreich zu entscheiden und zwar in dieser Welt, wo das Böse ebenso eine Realität ist wie der gute Samen und sich dieser Kampf auch in uns selber abspielt.

Das heutige Tagesgebet kann unser ständiges Gebet sein: "Herr, unser Gott, sieh gnädig auf alle, die du in deinen Dienst gerufen hast. Mach uns stark im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe, damit wir immer wachsam sind und auf dem Weg deiner Gebote bleiben. Darum bitten wir durch Jesus Christus unsern Herrn". Christus möchte uns in sein Himmelreich führen und uns den Weg und die Gefahren aufzeigen.

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