Der Vatikan und die Blogger – Beginn einer wunderbaren Freundschaft

5. Mai 2011 in Jugend


Am 2. Mai trafen sich 150 Blogger auf Einladung des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel und des Päpstlichen Rates für Kultur. Ein „first step“ in eine interessante Zukunft. Von Barbara Wenz


Rom (kath.net/wz) Als Anfang April 2011 die gemeinsame Ankündigung des Päpstlichen Rates für die sozialen Kommunikationsmittel und des Päpstlichen Rates für Kultur für ein Bloggermeeting im Vatikan wie ein Lauffeuer um den virtuellen Globus ging, war die Überraschung groß. Wahrscheinlich war niemand erstaunter darüber als die internationale katholische Bloggergemeinde selbst. Mit unschlagbarer Lässigkeit hatten die Veranstalter angekündigt, dass eine Email mit Link auf das eigene Blog genüge, um sich zu bewerben. Schließlich waren es 750 Blogger – es waren ausdrücklich auch nichtkatholische Internetpublizisten eingeladen, die sich für eine Teilnahme an dem Treffen interessierten. Am Ende entschied dann das Los über die Vergabe der 150 Plätze.

Und so kam es, dass am 2. Mai 2011 am späten Nachmittag im Kongresssaal des Palazzo Pio X sich eine bunte und äußerst gut gelaunte Gemeinde zusammen fand, um gemeinsam mit offiziellen Vertretern der Kirche einen ersten Schritt aufeinander zuzugehen. Unter den teilnehmenden Bloggern selbst gab es jedenfalls keine Berührungsängste – Menschen, die einander noch nie zuvor gesehen hatten, lagen sich in den Armen, fielen sich um den Hals, begrüßten einander wie gute alte Freunde – die meisten lesen einander teils schon jahrelang, ohne sich bisher persönlich begegnet zu sein.

Unter großem Hallo also wurden die iPads, die Netbooks, die Notebooks, die Blackberries und digitalen Fotoapparate ausgepackt und sich in das bereit gestellte WLAN-Netz eingeloggt, dessen Belastbarkeit bald darauf fast an seine Grenzen geraten sollte. Denn das Bloggermeeting sollte von vorneherein nicht nur für die unmittelbar Teilnehmenden stattfinden, sondern auch für die „community“ draußen an den Monitoren weltweit. Und so wurde nicht nur aufmerksam zugehört, nachgefragt und diskutiert, sondern auch eifrig getwittert und gefacebookt, zur Freude der daheimgebliebenen Interessierten.

Obwohl die Bloggerszene eine relativ junge, frische Szene ist, waren alle Altersklassen bei dem Meeting vertreten; darunter auch erfreulich viele bloggende Ordensleute und Priester. Leider konnte S. Em. Gianfranco Kardinal Ravasi, der Präsident des Päpstlichen Kulturrates, entgegen der Ankündigung, nicht anwesend sein, um das Meeting zu eröffnen. An seiner Stelle begrüßte S. E. Erzbischof Claudio Maria Celli, Präsident des Päpstlichen Rates für soziale Kommunikationsmittel die Anwesenden und drückte dabei insbesondere die Wertschätzung und hohe Aufmerksamkeit von offizieller Seite für die bloggende Community aus.

Richard Rouse, Leiter der Abteilung Kommunikation und Sprache im Päpstlichen Kulturrat, erläuterte in seiner Eröffnungsrede zusätzlich, was man insbesondere nicht mit diesem Treffen nicht wolle, etwa schlicht festzustellen, dass Bloggen per se etwas Gutes sei und das Internet aus mehr bestünde als Pornografie, oder Blogs als Ersatz für professionellen Journalismus zu bewerben. Ihm und den anderen Kirchenoffiziellen ginge es vor allem darum, einen Dialog zu etablieren, in dessen Verlauf die Blogger ihre Hoffnungen, Wünsche und Anliegen äußern, damit beide Seiten voneinander lernen könnten. Es war darum sinnvoll, das Meeting in zwei Teile zu splitten:

Während des ersten Segments kamen prominente und erfahrene internationale Blogger zu Wort, die ihre persönlichen Sichtweisen zu ihrer Tätigkeit erläuterten. Dabei wurden durchaus auch selbstkritische Töne angeschlagen, denn natürlich birgt das subjektive und persönliche Publizieren im Internet auch Fallstricke, vor allem wenn es vor einem christlichen Hintergrund geschehen soll. Doch nicht nur das persönliche Ego steht dabei so manches Mal im Wege – die Sprache kam auch auf feindselige bis blasphemische Attacken, auf die man sich als Christ im Internet immer gefasst zu machen hat und auf die man sinnvoll reagieren muss – entweder kaltblütig ignorieren als eine Möglichkeit, oder aber, wenn eine konstruktive Diskussion möglich ist, in eine solche einzusteigen – eben Rede und Antwort zu stehen, wenn wir nach unserem Glauben und unserer Hoffnung gefragt werden.

Im Großen und Ganzen, so sieht es jedenfalls Hw. Roderick Vonhogen (http://sqpn.com), überwiegen die Chancen des Austauschs im Internet die Risiken bei weitem – für ihn als Priester sei es eine fantastische Möglichkeit, Menschen über seine eigene Gemeinde hinaus weltweit zu erreichen. Elizabeth Scalia (http://www.patheos.com/community/theanchoress), brachte es während ihres Vortrags nochmals auf den Punkt, als sie ausrief: Lasst uns dafür beten, dass sich unser Engagement in den Sozialen Medien weiter ausbreitet! Die Kirche braucht uns – und wir können ihr helfen!

In der Tat, angesichts der kläglich uninformierten oder zum Teil auch bewusst desinformierenden Berichterstattung in den Massenmedien zu katholischen Themen und Neuigkeiten stellen die kirchentreuen katholischen Blogger eine wachsende „fünfte Macht“ dar, die mittlerweile auch vom professionellen Journalismus nicht mehr ignoriert werden kann. Ausgerechnet in Deutschland, dem Heimatland des derzeitigen Papstes, wird so wenig und so schlecht darüber informiert, was Benedikt XVI. wirklich sagt und tut, während bei jeder regionalen italienischen Tageszeitung etwa Neuigkeiten vom Heiligen Vater regelmäßig auf Seite 1 oder Seite 3 zu finden sind. Hier leisten deutschsprachige katholische Nachrichtenportale und Blogger wahre Pionierarbeit.

In den USA und in Frankreich ist man dabei schon etwas weiter als in Deutschland: François Jeanne Beylot (http://fjb.blogs.com), wies zum Beispiel darauf hin, dass im Laufe des letzten Jahres französische Tageszeitungen weitaus häufiger katholische Blogger zitierten hatten als den Sprecher der französischen Bischofskonferenz.

Nach einem „aperitivo“ und „caffè“ ging es dann in die zweite Runde mit Pater Federico Lombardi, dem Pressesprecher des Heiligen Stuhls als prominentester Vertreter für die offizielle kirchliche Seite. Und der signalisierte in seiner Rede überdeutlich: „Wir haben verstanden!“ Die Kirche wolle und müsse zuhören, was die Menschen ihr zu sagen haben. Deshalb sei ein Austausch zwischen der sich immer größeren Raum erobernden Subkultur der Blogger und dem Glauben der Kirche notwendig, eine vermehrte Annäherung und vertiefte Kommunikation zwischen Vatikan und Blogosphäre.

Der Jesuitenpater versäumte dabei nicht, kurz, aber deutlich auf die spirituelle Gefahr des Egozentrismus hinzuweisen, die wohl den meisten Anwesenden durchaus bewusst war und ist. Lombardis Aussage, er selbst informiere sich jeden Morgen nach der Heiligen Messe auf einigen ausgewählten Blogs, was in der Medienwelt aktuell vor sich gehe, stieß bei den Anwesenden durchaus auf Begeisterung. Auch der Papst sei sehr interessiert und sich sehr klar darüber, was in der Welt der Neuen Medien vor sich gehe. Insbesondere betonte der Pressesprecher des Heiligen Stuhls, wie notwendig die Hilfe der Blogger sei, wenn es darum ginge, theologisch und sprachlich schwer zugängliche vatikanische Dokumente in die „Alltagssprache zu übersetzen“ und somit einer breiteren Masse von Interessierten leichter vermitteln zu können. Letztlich könne die Botschaft des Heiligen Vaters so auch transparenter und klarer transportiert werden.

Im weiteren Verlauf wurde noch verschiedene Medieninitiativen vorgestellt, darunter die geplante – noch nicht freigeschaltete – neue Internetplattform www.news.va, die einen äußerst ansprechenden visuellen Eindruck macht und mehrere vatikanische Informationskanäle und Medienauftritte wie den Osservatore Romano, Radio Vatikan usw. auf einer Seite bündeln wird.

Am Ende der Veranstaltung, die von beiden Seiten als „piccola iniziativa“, als „first step“, als eine erste Begegnung ohne gegenseitige Berührungsängste gedacht war, stand die Frage eines Teilnehmers, die wohl das Gefühl der meisten Anwesenden ausdrückte: „Wann kommt das nächste Meeting?“ Zwar gab es darauf noch keine konkrete Antwort, aber als vorläufiges Fazit kann gelten, dass das Interesse und die Achtsamkeit füreinander weiter gestiegen ist – durch diese bemerkenswerte Einladung an die Blogger von Seiten des Vatikans. Nach dem gemeinsam gebeteten Vater Unser - jeder Teilnehmer in seiner Muttersprache – war zumindest der offizielle Teil zu Ende. Der inoffizielle Teil setzte sich dann bis spät in den Montag Abend bzw. Dienstag früh in einer römischen Kneipe fort. Unterdessen hat die Nachbereitung des Meetings, das Veröffentlichen von Bildern, Videos und persönlichen Impressionen, die Diskussion über Themen des Meetings in der Bloggerszene längst begonnen.


Der Blog von Barbara Wenz



kathTube: Video vom Bloggertreffen




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