‚Pro Ecclesia’: Unterschriften für 69 Bischöfe – eine Aufschlüsselung

16. März 2011 in Aktuelles


Den zu ihrer Frühjahrsvollversammlung zusammengetretenen Bischöfen der DBK wurde die Petition ‚Pro Ecclesia überreicht: kein ‚Gegenmemorandum’, sondern Bitten an die Hirten. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Am heutigen Mittwoch wurde dem Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, P. Hans Langendörfer SJ, die Petition „Pro Ecclesia“ zusammen mit allen Unterschriftenlisten und einigen aufschlüsselnden Analysen überreicht. Wie Langendörfer im Vorfeld der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Paderborn erklärt hatte, sei es grundsätzlich üblich, dass der Sekretär derartige Petitionen entgegennehme, um den Verlauf der Vollversammlung nicht zu belasten.

Die Petition ist dann zusammen mit der beigefügten Dokumentation an alle 27 Diözesanbischöfe weitergeleitet worden. Bereits vor der Versammlung der Bischofskonferenz hatte das Anliegen der Petition unter anderen beim Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, sowie bei den Kardinälen Joachim Meisner und Walter Brandmüller wohlwollende Aufnahme gefunden (auch wenn letzterer kein Mitglied der Konferenz ist, aber für viele Gläubige in Deutschland eine besondere Stütze darstellt).

Die Petition „Pro Ecclesia“ war am 8. Februar 2011 als öffentliche Antwort auf den Brief von acht CDU-Politikern und das später von über 200 Theologen unterzeichnete Memorandum „Kirche 2011“ entstanden. Sowohl die Politiker als auch die Theologen forderten die Bischöfe zu einschneidenden „Reformen“ in der Kirche auf, die sich vor allem in einer Distanzierung von Kirche, deren Lehren und den Bischöfen artikulierten. Ziel der Petition „Pro Ecclesia“ ist es, sich deutlich und vernehmbar an die Seite der Bischöfe zu stellen und die Einheit mit dem Papst und der universalen Kirche zu bekunden. Die Bischöfe werden als Hirten gebeten, einen Dialog nicht als „Dialog zwischen den obersten Etagen von Elfenbeintürmen“ und fern vom Kirchenvolk auf rein strukturell gefassten Ebenen zu führen. Es soll klar gemacht werden, dass Dialog nicht heißen kann, die Grundfeste der Kirche und deren Lehre zu Verfügung zu stellen.

Im Gegensatz zu einem fragwürdigen und vielfach aufgrund seiner Flachheit kritisierten pseudotheologischen Anspruch des „Memorandums“ ist bezeichnend, dass die Petition „Pro Ecclesia“ nicht „theologisch“ im Sinne einer soziologisch orientierten historisch-kritischen Universitätstheologie konzipiert ist oder theologisch stilisierte „Impulse“ geben will. Vielmehr kommt durch das „Bitten der Herde“ eine vertrauensvolle „scientia fidei“ zum Ausdruck, eine „Theologie der Kleinen“, wie dies Papst Benedikt XVI. einmal in Bezug auf Bernadette Soubirous, Therese von Lisieux, Josephine Bakhita, Teresa von Kalkutta oder Damiaan de Veuster gesagt hatte. Sinn der Petition ist es, als „einfacher Gläubiger“ und voll verankert in der Wahrheit der Kirche den Hirten eine Sorge mitzuteilen, die einem gelebten Glauben im Atem der Überlieferung der Kirche entspringt, um sich in neuer Weise an die Hirten halten zu können, im Vertrauen auf die Gnade der den Priester und Bischof auszeichnenden „tria munera“ des Lehrens, Heiligens und Leitens.

Dabei steht eine derartige gelebte „scientia fidei“ einem vermeintlich autonomen Vernunftgebrauch entgegen, der, wie Benedikt XVI. mit einer Parabel vom Hochmut des „kleinen Fischfangs“ sagte, oft auch in der Theologie festzustellen sei: „Man fischt in den Wassern der Heiligen Schrift mit einem Netz, das nur Fische bis zu einer bestimmten Größe fangen kann. Alles was größer ist, passt nicht in dieses Netz hinein und darf daher nicht existieren. Auf diese Weise wird das große Geheimnis Jesu, des menschgewordenen Gottessohnes, auf den historischen Jesus verkürzt: eine tragische Gestalt, ein Gespenst ohne Fleisch und Blut, ein Mensch, der im Grab geblieben, verwest und wirklich gestorben ist. Mit dieser Methode kann man zwar einige Fische ‚fangen’, doch das große Geheimnis bleibt ausgeschlossen, da sich der Mensch zum Maß aller Dinge macht: diese Vorgehensweise trägt einen Hochmut in sich, der zugleich eine große Dummheit ist, da sie einige Methoden absolut setzt, die die großen Wirklichkeiten nicht zu fassen vermögen; sie gehört zu jener akademischen Geisteshaltung, die wir bei den Schriftgelehrten feststellen konnten, die den Heiligen Drei Königen antworten: das geht mich nichts an; ich bleibe in meiner Existenz verschlossen, die davon nicht berührt wird. Es handelt sich dabei um jene Spezialisierung, die zwar alle Details sieht, der aber der Blick aufs Ganze fehlt“ (1.12.2009). Und der „Blick aufs Ganze“ war die einzige und bestimmende Motivation der Verfasser der Petition, was durch die Vielzahl der Unterzeichner bestätigt worden ist.

Analyse der Petition

Die Gesamtzahl der Unterzeichner der Petition „Pro Ecclesia“ beläuft sich auf 13.928 (Endstand: Freitag, 11. März). Besonders zu vermerken ist, dass die Mehrzahl der Unterzeichner auf elektronischem Weg unterschrieben hat (Email, Online-Modul). Allein dieser Tatbestand lässt bereits vor der Sichtung der einzelnen Unterzeichner darauf schließen, dass sich in einem großem Maß junge Menschen beteiligt haben. Den Daten ist eine große Unterstützung seitens Schülern, Studenten und Seminaristen zu entnehmen.

Gerade die hohe Anzahl von Priesteramtskandidaten bildet eine besondere und interessante Überraschung. Statistisch gesehen entsprechen die 79 Unterzeichner ungefähr der Zahl eines Jahrgangs von Neupriestern oder 75 Prozent der Neueintritte in die Seminarien (Stand: 2010). Fast jeder der 79 bedankte sich ausdrücklich und herzlich für die Möglichkeit, endlich nun auch entsprechend einem „sentire cum Ecclesia“ zu Wort kommen zu können. Mit ihrer Unterschrift bekräftigten die künftigen Priester gleichzeitig ihr tiefempfundenes „Ja“ zum priesterlichen Zölibat. Auch 514 Priester haben den Appell an die Bischöfe unterschrieben. Zu diesen kommen 73 Diakone, 544 Ordensleute, 86 Religionslehrer und 94 Studenten der Theologie. Nur 5 Pastoralreferenten und 24 Gemeindereferenten können neben 51 als Küster ihren Dienst Leistenden verzeichnet werden.

Die weiteren Unterzeichner sind: Lehrer (468), Künstler (134); Journalisten/ Redakteure/Publizisten/Verleger (85); Ärzte/Zahnärzte (195); Juristen (145); Professoren/Dozenten (141); Schüler (230); Studenten (439); Techniker (52); Ingenieure (276); Heil- und Pflegeberufe (326); Mathematiker/Informatiker (70); Naturwissenschaftler (72); Kaufmännische Berufe (399); Banker und Bankkaufleute (54); Handwerklich- gewerbliche Berufe (342).

Auffällig ist auch das Interesse von Katholiken weltweit an der Petition (USA, Südamerika, Ägypten, Russland und ganz Europa). Ihre Unterschriften und Wortmeldungen zeigen, dass hier keine „Fundamentalisten“, Rückwärtsgewandte oder „Traditionalisten“ am Werk sind (was auch immer diese Klischeeworte bedeuten wollen), sondern ganz „normale“ Katholiken, welche ihre Hirten, die Nachfolger der Apostel, nachdrücklich um Beistand bitten und sie ihres Gebets versichern.

Um die Gesamtzahl der Unterzeichner einordnen zu können, muss darauf hingewiesen werden, dass die Initiative vom Großteil der Standardmedien ignoriert wurde. Von besonderem Interesse ist die Tatsache, dass die Initiative „aus dem Internet“, oder, um es mit einem Wort Benedikts XVI. zu formulieren, aus einem immer größer und wichtiger werdenden Landstrich des „digitalen Kontinents“ heraus entstanden ist und dort jenseits der üblichen Mainstream-Medien intensiv und produktiv diskutiert wurde und wird. Einmal mehr wurde deutlich, dass das katholische Internet mit seinen „Blogoszesen“, seinen freien und nicht von anderen Interessen geleiteten Informationsmöglichkeiten und –angeboten immer mehr als „1-zu-1-Bild“ von Kirche erkennbar wird und der Übergang vom „Virtuellen“ zur Wirklichkeit fließend und konkret ist. Dass es für diese katholische, im Verhältnis zu anderen Realitäten überdurchschnittlich junge Welt ein großes Anliegen ist, in Treue zur Lehre der Kirche, ihren Hirten und dem Papst ihren Glauben zu leben, dürfte und sollte gerade die Bischöfe immer mehr interessieren, denn: indringlich wird kommuniziert, dass Zukunft dort ist, wo Gott ist, und die Zukunft nicht in der dialogal organisierten Umstrukturierung im Hinterherlaufen von dem Zeitgeist entsprechenden Moden und Tendenzen bestehen kann.

Fazit

Obwohl eine Petition davon lebt, dass sie unterzeichnet wird, sind nicht die Zahlen das Wesentliche (auch wenn diese ein unübersehbares statistisches Mittel darstellen). Ziel der Initiative war es nicht, sich als „Gegenmemorandum“ zu gestalten, damit sich die Kinder im großen Sandkasten „Kirche“ gegenseitig etwas an den Kopf werfen können. Im Mittelpunkt stand vielmehr das Glaubenszeugnis, das nie auf Gruppen reduziert werden kann, sondern den Einzelnen völlig einnimmt. Dies hat dann dazu geführt, dass viele bisher im allgemein üblichen Geschrei stumm und ungehört Gebliebene befreit aufatmen und einmal ihre Anliegen deutlich vortragen konnten.

Mit der Übergabe der Petition an die deutschen Oberhirten findet die Initiative kein Ende, sondern muss eindeutig in die nächste und notwendige Phase übergehen: in die Phase des neuen Anfangs in der Herzmitte der Kirche und der Lehre, zusammen mit den Bischöfen „cum et sub Petro“.



© 2011 www.kath.net