Bischof: Islamisten nutzen Anarchie für Gewalt gegen Kopten

12. März 2011 in Aktuelles


Koptischer Bischof von Rom: "Erst litten wir unter Regime Mubaraks, jetzt leben wir in tragischem Chaos ohne Polizei und Schutz".


Rom/Kairo (www.kath.net/ KAP)
Die Kopten sind nach Ansicht des koptisch-orthodoxen Bischofs von Italien, Barnaba El Soryany, die vorrangigen Opfer der neuen politischen Situation in Ägypten. "Zunächst waren wir enttäuscht, dass die Stunde der Freiheit an uns
vorbeigehen könnte, jetzt sind wir die ersten Opfer der Anarchie", sagte der Bischof der Turiner Zeitung "La Stampa" (Donnerstag-Ausgabe). Von dieser Anarchie profitierten in erster Linie die Fundamentalisten. Diese suchten jeden Vorwand zu Ausschreitungen gegen Christen und zur Zerstörung ihrer Kirchen.

"Erst litten wir unter dem Regime Mubaraks, jetzt leben wir in diesem tragischen Chaos, in dem es keine Polizei und keinen Schutz gibt", so der koptische Bischof von Rom und Turin. "Wir sind den islamischen Fundamentalisten ausgeliefert". Die Kopten hätten nun keine Fürsprecher mehr.

Dienstagabend war es in Kairo zu blutigen Zusammenstößen zwischen Muslimen und Kopten gekommen. Nach Angaben der ägyptischen Generalstaatsanwaltschaft starben elf Menschen - sechs koptische Christen und fünf Muslime. Mehr als hundert Menschen wurden verletzt. Seit Anfang Jänner 2011 wurden mindestens 44 Kopten
ermordet und drei Kirchen niedergebrannt.

Die Mehrheit der ägyptischen Muslime "ist für uns", hob Bischof Soryany hervor. Aber gegen die Integralisten gebe es keinen Schutz. "Niemand garantiert die Unversehrtheit unserer Gläubigen. In den Gemeinden breitet sich Angst aus, die Menschen denken an Flucht ins Ausland, in Sicherheit". Dennoch sei weiterhin der Dialog mit den
moderaten Muslimen und mit der neuen Führung des Landes notwendig.

Die Integralisten suchten ständig einen neuen Vorwand für Gewalt gegen Christen, sagte der Bischof im Interview mit "La Stampa". Einmal gehe es um die angebliche Zwangsbekehrung eines Muslims, dann wieder um Liebe zwischen einem Christen und einem muslimischen Mädchen: "Jeder Vorwand kann für ein Blutbad instrumentalisiert
werden".

Nach dem Sturz Hosni Mubaraks hätten sich die Christen mehr Freiheit erhofft, aber die Lage habe sich dramatisch verschlechtert. "Hoffen wir, dass Ägypten nicht wie der Iran oder Pakistan wird", so der koptische Bischof. "Viele Muslime versichern uns, dass die Fundamentalisten nicht an die Macht kommen, und dass die Mehrheit
der Ägypter sie nicht in der Regierung will."

Vatikan-Botschafterin wieder in Rom

Unterdessen ist die ägyptische Vatikan-Botschafterin, die Anfang Jänner zu Konsultationen nach Kairo zurückbeordert worden war, wieder auf ihren Dienstposten zurückgekehrt. Wie die ägyptische Vertretung beim Heiligen Stuhl am Donnerstag "Kathpress" gegenüber bestätigte, befindet sich die Diplomatin "seit einigen Tagen" wieder
in Rom. Lamia Aly Hamada Mekhemar war nach der Forderung von Papst Benedikt über einen besseren Schutz für die Christen in Ägypten noch von der Regierung Hosni Mubaraks zur Berichterstattung in die Zentrale gerufen worden.

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