Warum zu Guttenberg auf einem Werte-Kongress auftreten kann

23. Februar 2011 in Deutschland


Würde ein christlicher Wertekongress nur Referenten einladen, die völlig makellos sind, könnte niemand auftreten - Mose nicht wegen Totschlags, Abraham nicht wegen Lüge, David nicht wegen Mordes und Ehebruchs... Von Horst Marquardt


Nürnberg (kath.net/idea) Wohl kein Begriff ist in den letzten Jahren so häufig gebraucht worden wie „Werte“. So gut wie jede Bank, Versicherung oder Partei hat sich das Etikett zugelegt: „Wir sind werteorientiert.“ Aber welche Werte sind eigentlich gemeint? Für die eine Bank ist der Mitarbeiter wert-voll, der die meisten Finanzprodukte verkauft. Für eine andere zählt, dass Kunden langfristig zufrieden sind. Sie vermittelt deshalb nur sichere, seriöse Anlagen. Für die eine Partei heißt „werteorientiert“, liberal zu sein gegenüber allen Lebensformen, für die andere gilt nur die Ehe zwischen Mann und Frau als „wertegemäߓ. Unter Werten versteht also jeder etwas anderes, fehlt diesem Begriff doch jede Verankerung beispielsweise im religiösen Bereich. Von daher ändern sich die Wertevorstellungen auch immer schneller.

Jetzt wird in Medien über den – wie es heißt – „größten deutschen Wertekongress“ vom 24. bis 26. Februar in Nürnberg berichtet. Es geht um den Kongress christlicher Führungskräfte unter dem Motto „Mit Werten in Führung gehen“. Hier geht es um eindeutig christliche, von Jesus im Neuen Testament geforderte Werte. Sie sind teilweise aus den alttestamentlichen Zehn Geboten bekannt: Wir sollen nicht lügen, betrügen, ehebrechen, sondern den Feiertag halten und allem voran Gott allein die Ehre geben. Jesus hat diesem noch hinzugesetzt: die Feindesliebe und die Vergebungsbereitschaft.

Müssen Redner fehlerlos sein?

Können angesichts solch klarer Wertevorstellungen nur fehlerlose Referenten bei dem Kongress mit 3.500 Teilnehmern auftreten? Die Frage wird an uns Verantwortliche gestellt, ist doch seit langem als bekanntester Redner Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg vorgesehen. Auch bei anderen Mitwirkenden wurden wir aufgefordert, sie wieder auszuladen, weil man bei ihnen Fehler oder theologische Irrtümer sieht.

Paulus dürfte dann nicht reden

Doch es würde keinen christlichen Wertekongress geben, wenn man nur Referenten einladen dürfte, die völlig makellos wären. Denn es gibt sie nicht. Keiner würde auch von sich behaupten, fehlerlos zu sein. Entsprechend sollten wir es auch von niemandem erwarten. Fast alle großen biblischen Gestalten könnten bei solchen Vorgaben bei einem christlichen Wertekongress nicht auftreten: Mose nicht wegen Totschlags, Abraham nicht wegen Lüge, David nicht wegen Mordes und Ehebruchs und Paulus nicht, weil er als einstiger Christenverfolger gleich mehrere Menschen auf dem Gewissen hatte.

Gott allein weiß um alles

Es kann unter uns Christen nicht darum gehen, dass vermeintlich Sündlose über Sünder richten. Nach Jesu eigenen Worten ist es immer so, dass Sünder Sünder ermahnen, die Sünde zu meiden – egal ob es sich nun um ethisches oder theologisches Fehlverhalten handelt. Und vergessen wir nicht: Es gibt Sünden, die bekannt werden, so dass der Sünder am Pranger steht. Aber um die ganz große Mehrheit von Sünden weiß eben nur Gott allein – und ihm sollten wir das endgültige Urteil im Jüngsten Gericht überlassen.

Der Autor, Pastor Horst Marquardt (Wetzlar), ist Vorsitzender des Kongresses christlicher Führungskräfte und des idea-Trägervereins.



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