Zeugen Jehovas wollen mit Kirchen gleichgestellt werden

21. Februar 2011 in Deutschland


Anhörung in Bremen: Verstoßen Glaube und Praxis gegen das Grundgesetz? Besserer Status würde der Gemeinschaft z.B. Mitsprache im Rundfunkrat von Radio Bremen sichern; sie könnte Kindergärten und Schulen gründen.


Bremen (kath.net/idea) Die Zeugen Jehovas streben bundesweit die rechtliche Gleichstellung mit den Kirchen an. In 12 der 16 Bundesländer hat die religiöse Sondergemeinschaft bereits den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. In Bremen und Nordrhein-Westfalen steht eine Entscheidung noch aus. Im Rechtsausschuss der Bremer Bürgerschaft fand dazu am 16. Februar eine Anhörung statt, bei der sowohl Aussteiger wie Vertreter der Zeugen Jehovas ihre Standpunkte darlegten.

Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben den Zeugen Jehovas den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts versagt mit der Begründung, Teile ihrer Lehre und Praxis ließen Rechtstreue gegenüber dem Grundgesetz vermissen. So werde das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens und der Ehe verletzt, weil Aussteiger mit Gemeinschaftsentzug belegt würden. Dies könne Familien auseinanderreißen. Mit ihrem Verbot von Bluttransfusionen gefährdeten die Zeugen Jehovas außerdem „Leib und Leben“.

Zeugen Jehovas: „Zerrbild“

Bei der Bremer Anhörung kritisierte Bernd Galeski vom Netzwerk Sektenausstieg (Barmstedt), wie die Zeitung Weser-Kurier berichtet, dass Aussteiger mit sozialer Isolation belegt würden. So dürfe ein Vater, der die Gemeinschaft verlässt, seine Kinder nicht mehr sehen. Ärzte berichteten von Fällen an Bremer Krankenhäusern, wo Kindern eine lebensrettende Bluttransfusion verweigert worden sei. Nur durch richterliche Verfügung habe man ein Frühgeborenes mit Blutarmut behandeln können, teilte Hans-Iko Huppertz von der Prof.-Hess-Kinderklinik mit.

Der Justitiar der „Wachtturm-Gesellschaft“ der Zeugen Jehovas, Gajus Glockentin, bezeichnete die Anhörung als „Inszenierung“, in der ein Zerrbild präsentiert werde. Die rund 2.000 Bremer Zeugen Jehovas würden mit Schmutz beworfen. Der Kontaktabbruch zu Aussteigern sei eine legitime Maßnahme. Der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts würde der Gemeinschaft zum Beispiel eine Mitsprache im Rundfunkrat von Radio Bremen sichern. Außerdem könnten sie Kindergärten und Schulen gründen.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin hatte den Zeugen Jehovas 2006 den Anspruch auf den Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts grundsätzlich zugebilligt. Im Einzelnen müssen die Bundesländer darüber entscheiden. Im Bundesgebiet gibt es rund 168.000 Zeugen Jehovas.


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