Eine neue Dienstanweisung für den Unterteufel

6. Februar 2011 in Spirituelles


Außerordentlich Erhellendes für die gegenwärtige Zölibatsdiskussion. Seit Jahrzehnten wurde wieder eine Dienstanweisung für einen Unterteufel in der Oberwelt abgefangen - Eine KATH.NET-Glosse der besonderen Art von Dr. Helmut Müller.


Koblenz (kath.net)
C. S. Lewis beginnt sein Buch Dienstanweisung für einen Unterteufel mit den Worten: „Ich habe nicht vor, zu erklären, wie der Briefwechsel, den ich hier veröffentliche, in meine Hände gefallen ist.“ Ich auch nicht, wie ich den untenstehenden abgefangen habe. (Helmut Müller)

Mein lieber Wormwood,

Du teilst mir mit, ein Papstbesuch in Deutschland stünde an. Ich darf gar nicht an das letzte Jahr in England denken, als wir alle unsere Freunde medial so gut vorbereitet wähnten und der Papst dann binnen einer Woche die ganze Insel für sich einnahm. Das darf nicht noch einmal vorkommen.

Dieses Mal greifen wir ganz anders an. Und zwar bei denen, die uns am wenigsten ernst nehmen, bei den Theologen. Das sind kluge Leute. Seit Jahren ist es uns ja gelungen, ihnen diese Klugheit zu Kopfe steigen zu lassen, und seit Jahrhunderten lehrt die höllische Akademie, bei Tugenden anzusetzen. Die sind unverdächtig. Bei Lastern ist jeder auf der Hut. Klugheit aber ist eine Kardinaltugend.

Wer klug ist, glaubt oft, für andere mitdenken zu müssen. Wir sollten sie also ermuntern, Memoranden, gemeinsame Erklärungen, offene Briefe oder ähnliches zu veröffentlichen, möglichst mit Berufung auf einen Kompetenzbegriff. Hans Wurst und Lieschen Müller werden dann sehr beeindruckt sein und denken: „Ja endlich sagt das mal jemand. Gut, dass es Leute gibt, die das wirklich so sagen können, wie ich es nicht kann. Gott sei Dank gibt es noch mutige Leute und Querdenker.“

Ich schlage vor, zunächst katholische CDU-Politiker zu animieren, aus Sorge und einer gewissen Laienkompetenz für das Christliche sprechen zu müssen. Das ist alles unverdächtig. Dazu kommen noch hoch geschätzte Bürgertugenden, etwa das rechte Wort zur rechten Zeit gefunden zu haben. Mit dem Ansatz bei den Tugenden sind uns vor allem seit dem II. Vaticanum bei vielen Theologen wahre Geniestreiche gelungen. Ich denke an die Rede vom menschenfreundlichen Gott.

Der wahre, tatsächliche Glaube an diese für uns abscheuliche Tatsache ist das Schlimmste was uns passieren kann. Aber das Geniale daran: Wir haben sie darin bestärkt in unzähligen Predigten, Liedern, Fortbildungswochenenden, Büchern, Firm- und Kommunionkatechesen ständig darüber zu reden. Der Erfolg dieser Instruktion ist so gewaltig, dass jetzt keinem braven Kirchgänger mehr begreiflich zu machen ist, dass ein menschenfreundlicher Gott ernsthaft den Zölibat für Priester verbindlich will, dass Buße unverzichtbar in die Kommunion- und Firmkatechese gehört oder dass junge Leute erst in der Ehe ihre Sexualität ausleben dürfen und Männer Männer und Frauen Frauen nicht als Sexpartner haben dürfen. Man kann sich buchstäblich nicht vorstellen, dass ein menschenfreundlicher Gott dafür kein Verständnis haben kann, denn er habe sie ja wohl so geschaffen. Es war einfach ein genialer Wurf unseres Vaters aus der Tiefe, dass es ihm seit der Aufklärung zunehmend gelungen ist, unser Wirken in der Welt auszublenden.

Bleibt dann dennoch Tragik übrig, sollten wir wieder bei einer Tugend ansetzen, eben beim Glauben und zwar wieder an den menschenfreundlichen Gott. Wir sollten nur darauf achten, dass sie nicht ernsthaft beten und wirklich etwas von Gott erwarten.

Wenn sie aber tatsächlich beten, dann doch so, dass sie bloß einander Mut zu sprechen oder gesellschaftliche Missstände in Gebetssprache analysieren und Taten folgen lassen, aber nicht die richtigen, sondern flache Hierarchien fordern, Dialogoffensiven in Teilkirchen ausrufen, mit Problemen und Themen, die nur universalkirchlich gelöst werden können. Sorge bereitet mir nur, dass sie bemerken, die Evangelischen haben das ja alles, was sie fordern, und dennoch keine blühenden Kirchenlandschaften.

Das war letztens leider in Spiegel-online zu lesen. Ich habe mich fürchterlich darüber aufgeregt. Das wird noch ein Nachspiel haben.

In unserer Presseabteilung werden Köpfe rollen. Ich bin noch etwas ratlos, wie wir unsere dort aufgegangene Taktik jetzt wieder so vernebeln, dass sie nicht die richtigen Schlüsse ziehen. Vielleicht sollten wir das Institut für kumpelhafte Ökumene unserer höllischen Akademie mit ins Boot nehmen.

Wenn unsere Taktik aufgeht, haben wir den Frust vorprogrammiert. Dann wird die Menschenunfreundlichkeit steiler kirchlicher Hierarchien gegenüber dem gepredigten menschenfreundlichen Gott geradezu unerträglich. Dann ist der Boden bereitet und der Papst kann kommen. Das Ziel bleibt, die letzten Päpste, viele Bischöfe und eine Reihe nicht ernstzunehmender Theologen als undemokratische Hierarchen und überhaupt als vorgestrige Finsterlinge darzustellen.

Sehr gut macht es sich, wenn wir die in den Jahrhunderten seit der Aufklärung erkannte Freiheit des Evangeliums gegen von der Hierarchie weiterhin vertretene naturrechtliche Begründungen ausspielen. Es macht mir eine diebische Freude, wenn sie dann den Gott der Schöpfung gegen den Gott der Offenbarung antreten lassen. Auch unsere humanistischen Freunde in der Oberwelt haben dann ihren Spaß daran, denn es war ihnen ja beim Papstbesuch in England gründlich verdorben worden.

Gelingt dieses Konzept, dann verheddern sie sich wieder im Kleinklein, dann jagen wir sie wieder mit Feuerlöschern einher, wenn in Wirklichkeit eine Überschwemmung hereinbricht, in dieser Periode der Geilheit warnen wir sie vor der Enthaltsamkeit des Zölibats, wie ich Dir vor Jahrzehnten schon einmal schrieb.

Dann sind sie für die uns vernichtenden Gedankengänge des Papstes immun, und der Papstbesuch in England ist gerächt. In Deutschland stehen die Chancen gut. Fast alle sind auf unsere Taktik hereingefallen zu meinen, der Priestermangel wäre Ursache für den Gläubigenmangel.

Bestärke sie weiter darin, die Qualitätsanforderung für den Zugang zum Priesterberuf zu senken, um die Quantität der Versorgung zu erhöhen. Wenn uns das gelingt, dreht sich die Abwärtsspirale weiter. Bringe sie unter allen Umständen davon ab, für Priesterberufungen zu beten, ermuntere sie lieber darin, den Mangel zu verwalten. Hindere sie daran, wirklich große Gedanken zu fassen, nach Gott zu fragen und Erlösung zu erbitten, nach dem Guten und Bösen zu fragen.

Suggeriere ihnen, Letzteres sei nicht möglich, es genüge das Bessere zu wählen und das Schlechtere zu meiden, dann können wir sicher sein, dass das Falsche getan wird. Sie sollen weiter auf den Missbrauch starren wie das Kaninchen auf die Schlange. Das lähmt. Sie sollen sich tausend Mal an die Brust schlagen und immer vergegenwärtigen, dass es Priester waren. Deutsche eignen sich wunderbar dazu. Seit dem letzten Jahrhundert haben sie Übung darin.

Es war ein wunderbarer Erfolg. Letztes Jahr führte die Presse sie wie einen Tanzbär am Nasenring durch die Manege. Sorge dafür, daß sie es jetzt möglichst lange selber tun. Sieh zu, dass das Ansehen der Priester so zerrüttet ist und jeder scheel angesehen wird, der den Zölibat freiwillig wählt. Schau zu, dass die Unterleibfixierung nicht nachlässt. Sie dürfen auf keinen Fall große Gedanken denken.

Ich denke noch genüsslich daran, wie wir das ganze Land von Flensburg bis Garmisch wegen eines Stückes Gummi so aufregen konnten, dass sie die fürchterlichen Worte im Rest des letzten Papstbuches gar nicht mehr wahrgenommen haben. An diesem Volk hatten wir im letzten Jahrhundert eh schon große Freude gehabt. Auch heute glauben sie wieder, sie seien der Nabel der Welt und an die Mächtigkeit und Klugheit ihrer Theologen. Es besteht begründete Hoffnung, dass sie das Reich Christi nicht nur zwischen Sylt und Etsch verzwergen, was ihnen schon gelungen ist, sondern auch universal politisch korrekt auf Brüsseler Normen stutzen.

Wenn wir das Reich Christi so zivilreligiös gebändigt haben, eröffnen sich neue Chancen. Mit Brüssel werden wir fertig, da brauchen wir keine zweitausend Jahre für. Dann endlich bricht das Reich der Finsternis aus, im letzten Jahrhundert waren wir schon nahe daran. Eine höllische Zeit bricht dann an.

Du merkst es, in den letzten Zeilen bin ich ins Schwärmen geraten. Warten wir den Papstbesuch in Berlin ab. Wenn unsere Taktik aufgeht, sind sie so zerstritten und mit sich selbst beschäftigt, dass unsere humanistischen Freunde in Berlin ihn mit Schimpf und Schande nach Rom zurückjagen. Vielleicht bricht ihm dabei das Herz, es ist ja sein Land und Papst sind die Deutschen schon lange nicht mehr.

Es wäre sowieso niemand so wenig stolz darauf gewesen, die meisten Theologen eh nicht. Ich bin gespannt, wie Du Dich anstellst.

Dein Dich liebender Oheim Screwtape

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Helmut Müller ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Katholische Theologie (Moraltheologie, Religionsphilosophie, Sozialethik) in Koblenz

Die Anti-Rom-Erklärung der Theologen

Sehen Sie auch auf kathTube: P. Johannes Lechner - Vortrag über Dienstanweisungen für den Unterteufel



BUCHTIPP
Der C. S. Lewis – Klassiker:
Dienstanweisungen für den Unterteufel
Neuausg. Illustrationen von H. E. Köhler. 19 cm
15. Auflage
Seitenzahl: 139
Preis: 10,30 Euro


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