Boom in der 'Oase geistlicher Kraft'

21. November 2010 in Österreich


Die Tagung der österreichischen Bischöfe im Zisterzienserstift im Wienerwald lenkt den Blick auch auf die besondere Entwicklung des Stiftes in den vergangenen Jahren - 'Kathpress'-Hintergrundbericht von Henning Klingen


Wien (kath.net/KAP)
Ein Besuch von Papst Benedikt XVI. im Jahr 2007, ein weltweiter Millionen-Erfolg mit der CD "Chant. Music for paradise" und eine weiter wachsende Klostergemeinschaft - wenn man P. Karl Wallner, Pressesprecher des Stiftes Heiligenkreuz, Erfolgsautor und zugleich Rektor der stiftseigenen Philosophisch-Theologischen Hochschule, auf diese Superlative anspricht, wiegelt er ab. Es gehe nicht um den "Hype", sondern um Qualität, immer stehe bei allen Projekten der Glaube und die gelebte Spiritualität im Zentrum.

Und er zitiert den Ordensvater Bernhard von Clairvaux: "Zuerst muss man brennen, dann erst leuchten." Letztlich sei es diese Verwurzelung, die die Menschen auch nach Heiligenkreuz ziehe – wie sonst sei erklärbar, dass sich täglich Menschen zur Vigil um 5.15 Uhr in der Stiftskirche einfinden, fragt Wallner zurück.

Der "Hype" um die "singenden Mönche" ist dennoch in den letzten Monaten und nach unzähligen Interviews und Medienauftritten Wallners etwas abgeebbt - zum Glück und zum Wohl der Klostergemeinschaft, wie P. Wallner einräumt. Stattdessen trat das idyllisch in den Hügeln des Wienerwaldes gelegene Stift wegen seiner erstaunlich hohen Eintrittszahlen an jungen Mönchen in den Fokus der Öffentlichkeit: Inklusive Novizen gehören derzeit 88 Zisterzienser zum Stift, der Altersschnitt liegt bei nur 45,8 Jahren. "So eine Welle von jungen Leuten, die unser Leben teilen wollen, gab es zuletzt im Mittelalter", so P. Wallner.

Tatsächlich atmet das Stift Geschichte. Gegründet im Jahr 1133 durch den Hl. Leopold von Österreich und gelegen auf der Via Sacra Austriaca, einem wichtigen Pilgerweg nach Mariazell, ist es eines von aktuell rund 30 österreichischen Stiften. Zu seinen Besonderheiten gehört dabei zweifellos die Tatsache, dass es bis heute ohne Unterbrechung - also auch ohne Aufhebung etwa zur Zeit des Josephinismus im 18. Jahrhundert - Bestand hat.

"Knieende Theologie" und W-LAN

Heute gehören zum Stift die Hochschule "Benedikt XVI.", das überdiözesane Priesterseminar "Leopoldinum", die Priorate "Neukloster" (Wr. Neustadt) und "Bochum-Stiepel" (Deutschland) und ein Klostergründungsprojekt in Sri Lanka. Seelsorgerisch betreut das Stift außerdem 21 Pfarren in drei Diözesen.

An die 20 Studenten der Hochschule, die weltweit die einzige Hochschule des Zisterzienserordens ist, werden jedes Jahr zu Priestern geweiht. Insgesamt sind 120 der aktuell 186 Studenten auf dem Weg zur Priesterweihe. Zentraler, bis heute geltender Impuls, der 1802 zur Gründung der Hochschule führte, war die Schaffung eines "Gegenpols" zu einer "Verweltlichung der Theologie". Man setze auf eine theologische Linie, in der "Intellektualität und Spiritualität eng verbunden sind". "Knieende Theologie" nennt Abt Gregor Henckel-Donnersmarck diese Form des Theologietreibens gerne emphatisch und unter Verweis auf Benedikt XVI.

Das Geheimnis des Erfolges liegt laut P. Wallner in der "unkomplizierten Freude im Glauben", die man als junger Mensch in Heiligenkreuz erfahren könne - natürlich stets "in einer treuen Verbundenheit mit dem Heiligen Vater und dem kirchlichen Lehramt". "Wir sind mit Begeisterung katholisch", bringt er es auf den Punkt. Reizvoll wirke auch die lebendige Jugendseelsorge und eine weite Offenheit für Gäste und Suchende, die im Stift willkommen geheißen werden. Vor allem strahle die feierliche Liturgie "eine große Faszination" aus: "Wir halten die Messe und das Chorgebet ganz nach den Normen des Zweiten Vatikanischen Konzils; doch wir haben das Latein beibehalten." Der Zauber des Erhabenen, des gänzlich Anderen sei es, der viele Menschen in die Gottesdienste des Stifts zieht.

Doch da im Leben junger Mönche nicht nur Liturgie, sondern auch Laptop und WLAN eine wichtige Rolle spielen, gehört wohl auch die starke Präsenz des Stiftes und seiner Aktivitäten im Internet zum Geheimnis des Erfolges. Sei es die viel frequentierte Website (www.stift-heiligenkreuz.org), Videos auf "Youtube" oder Gruppen auf "Facebook" - kaum ein Stift in Österreich hat sich auf die Möglichkeiten multimedialer Kommunikation so intensiv eingelassen wie Heiligenkreuz, berichtet
P. Wallner nicht ohne einen gewissenStolz: "Wir haben eben viele junge Mitbrüder, die schon mit diesen Medien aufgewachsen sind. Und jetzt nützen die das Internet, um apostolisch hinauszuwirken."

Papstbesuch und Fitnessraum

Den Besuch Papst Benedikts XVI. am 9. September 2007 empfinde man im Stift noch immer als großes Geschenk - ebenso seine Worte über den Wert und die Zukunft klösterlichen Lebens, die man bis heute meditiere. Damals bezeichnete der Papst das Stift als "Oase geistlicher Kraft" - ein Wort, das den Mönchen zugleich Bestätigung und Antrieb sei, so P. Wallner: "Wir sehen im Papstbesuch aber vor allem einen Auftrag für die Zukunft."

Doch Heiligenkreuz steht nicht nur für innere, für geistliche Kraft. So kann das Stift durchaus auch dem bekannten Diktum des Dichters Juvenal, demzufolge nur in einem mens sana auch ein corpore sano wohnen kann ("ein gesunder Geist in einem gesunden Körper"), etwas abgewinnen - und er findet sich wohl behütet hinter den dicken Stiftsmauern in einem stilvollen, lichtdurchfluteten Gewölbe ein eigener, professionell ausgestatteter Fitnessraum.

Eingerichtet von Florian Henckel-Donnersmarck - Oscarpreisträger und Neffe des Abtes -, wird der Raum von den jungen Mönchen zum körperlichen Ausgleich vom geistigen Studium genutzt. Und damit man unter der Last der kiloschweren Hanteln den höheren Sinn nicht aus den Augen verliert, wird der Raum unter den Mönchen auch scherzhaft "Präparatorium ad Martyrium" genannt.

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