Wie das Grabtuch von Turin in die Hände der Päpste kam

24. April 2010 in Buchtipp


Jeden Samstag im April exklusive Leseproben aus dem neuen Buch von Paul Badde über das Grabtuch von Turin.


Rom (www.kath.net) Paul Badde hat vor wenigen Tagen sein neues Buch veröffentlicht, über das berühmte Grabtuch von Turin. Kath.net bringt exklusiv jeden Samstag im April Auszüge aus dem spannenden Buch:

Am Südrand der Champagne tauchte das Grabtuch zuerst in der Geschichte des Westens auf. Im Jahr 1353 soll es im Besitz des Ritters Gottfried von Charny nach Lirey gelangt sein. Dessen Frau, Jeanne de Vergy, stammte in direkter Linie von Othon de la Roche ab, der dabei war, als 149 Jahre zuvor in Konstantinopel der kaiserliche Palast und die Blachernen-Kirche geplündert hatte, in der das Grabtuch zuletzt gesehen worden war.

Man muss aber nach Lirey kommen, um zu begreifen, warum hier plötzlich etwas offen gezeigt wurde, das in den christlichen Metropolen bis dahin keiner gewagt hatte. Einen verlasseneren Flecken als Lirey zwischen seinen lehmigen Äckern muss man lange suchen. Bunte Äpfel liegen in diesem Herbst in rauen Mengen unter den Bäumen um die wenigen Fachwerkhäuser. Nichts erinnert an Champagner.

Ein Schild an der Tür des Kirchengemäuers in der Mitte des Fleckens empfiehlt, für die Schlüssel bei Monsieur Jacques Chevrot (9, rue des Bas Clausais) nachzufragen. Hat er auch noch Bücher, Unterlagen zur sindon (die hier noch Soudarion hieß)? Nein, nichts dergleichen. "Werfen sie die Schlüssel nachher einfach in meinen Briefkasten!"

Gesprächiger als Monsieur Chevrot ist der Zustand der Kirche. Spatzen flattern uns entgegen, als wir das Portal öffnen. Tote Fliegen und Vogelkot bedecken den Altar. Spinnweben bespannen einen alten Schrank, dessen Tür schräg in den Angeln hängt. An der Rückwand der Kirche ist ein Poem von Francois Villon an die Wand gepitscht. Lirey funkt nicht mehr. Das Grabtuch hat sich besser gehalten als diese Kirche.

Wie und wann genau das Grabtuch hierhin kam, liegt im Dunkeln. Gottfried von Charny war Träger der königlichen Schlachtstandarte und fiel am 19. September 1356 neben dem König von Frankreich in der Schlacht gegen die Engländer bei Poitiers. Danach erst organisierte seine Witwe im Jahr 1357 die erste bekannte Ausstellung des Grabtuchs vor der Kirche von Lirey, die sogleich viele Pilger anzog. Seitdem ist sein Verbleib in Europa für jeden Schritt wohl dokumentiert.

Henri de Poitiers, der Bischof aus dem nahen Troyes, mochte aber einfach nicht glauben, dass solch eine kostbare Reliquie in die Hände einer unbedeutenden Witwe gelangt sein konnte und setzte durch, dass die Ausstellung beendet wurde. Für 32 Jahre verschwand die Sindon danach wieder in der Burg der Charnys.

Doch 1389 wurde sie wieder in Lirey ausgestellt, feierlicher sogar als zuvor, "als würde der Leib Christi, unseres Herrn, selbst ausgesetzt: durch zwei Priester, die mit Alben, Stolen und Manipeln angetan sind, mit höchster Ehrerbietung, brennenden Fackeln und auf einer Tribüne, die eigens für diesen Zweck errichtet wurde", wie diesmal Pierre de Arcis, der neue Bischof von Troyes den Vorgang heftig kritisierte, der dabei auch noch einmal die Einschätzung seines Vorgängers in Erinnerung rief, dass es sich doch nur um eine Fälschung handeln könne.

"Die Sache verhält sich so, Heiliger Vater", schrieb er dazu an den Papst: "Vor einiger Zeit hat in der Diözese von Troyes der Dekan der Stiftskirche von Lirey fälschlich und betrügerisch, aus Habsucht und nicht aus Frömmigkeit, nur um des Gewinnes wegen, für seine Kirche ein schlau gemaltes Tuch besorgt, auf dem durch geschickte Kunst das zweifache Bild eines Mannes mit dessen Rück- und Vorderseite gemalt wurde, wobei er fälschlich vorgibt, dies sei das wirkliche Grabtuch, in welches unser Erlöser Jesus Christus im Grab eingehüllt lag und wo sich das ganze Bild des Heilands mit seinen Wunden abgebildet habe. Diese Geschichte hat sich nicht nur im Königreich Frankreich herumgesprochen, sondern in der ganzen Welt, so dass von überall Leute herbeikamen, um es zu besichtigen." Doch der wütende Bischof hatte das Tuch selbst nie gesehen

Und diese zweite Ausstellung war nun von Gottfried II. von Charny organisiert worden, dem Sohn Jeanne de Vergys, der sich eigens dafür die Erlaubnis Papst Clemens VII. geholt hatte. Dieser Papst war es auch, der die Debatte damals beendete, indem er die Ausstellung des Grabtuchs in Lirey großzügig gestattete - allerdings unter der Bedingung, dass es dort nicht "Sudarium" (oder Schweißtuch) genannt werden durfte. Dieses Tuch nämlich befinde sich in Rom, wo es regelmäßig den Pilgern gezeigt werde.

Der Streit um das Grabtuch war damit nicht zu beenden. 1418 vertrauten die Chorherren von Lirey es aus Furcht vor marodierenden Banden dem Grafen de la Roche an. Es war ein Abschied für immer, und der Beginn einer langen Rechtsfehde. In der Kollegiatskirche von Saint-Hippolyte am Ufer der Doubs blieb das Tuch 34 Jahre, und weder das Parlament in Dole noch der Gerichtshof von Besançon konnten die Witwe bewegen, die Reliquie zurück zu geben. Stattdessen übertrug sie es 1453 ebenso rechtswidrig wie rechtswirksam der Obhut des Herzoghauses der Savoyer, die es 1502 in der Kapelle ihres Schlosses nach Chambéry an den Rand der Alpen verbrachten.

Ludwig I. von Savoyen übertrug der Witwe für das Leintuch das Schloss Verambon bei Genf und andere Einkunftsquellen. Es war der letzte Besitzerwechsel, bevor Umberto II. von Savoyen die "Santa Sindone" 530 Jahre später in seinem Testament von 1983 der "Santa Sede" (dem "Heiligen Stuhl") vermachte. Darum heißt sein heutiger Besitzer Benedikt XVI. Über tausend Umwege ist das Grabtuch nun also in die Hände des Mannes zurückgekommen, dessen Vorgänger es auch am Anfang schon geborgen hatte. Petrus spielt für die dieser kostbaren Schriftrolle eine Schlüsselrolle. Der erste der Apostel hatte die Bilderschrift dieses heiligen Textes als allererster gelesen, am ersten Ostermorgen.

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