Schönborn: 'Die Sexualisierung ist mitschuldig, das ist ein Faktum'

5. März 2010 in Österreich


Wiener Kardinal unterstützt die These des Augsburger Bischofs Walter Mixa, dass die sexuelle Revolution Mitschuld an den Missbrauchsfällen hat - Kritik an Caritas-Präsident Küberl, Helmut Schüller und dem Verein "Priester ohne Amt"


Wien (kath.net)
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat am Freitag in einem Kurier-Interview noch einmal zum Problem sexuellen Missbrauchs in der Kirche Stellung genommen und betont, dass das Problem sexueller Missbrauch genauso alt sei wie die Welt. "Aber dass es in den Siebziger- und Achtzigerjahren in so massiver Weise gewachsen ist, das ist erst durch das Öffentlichwerden von Fällen bewusst geworden. Da haben die Medien eine entscheidende Rolle gespielt, vor allem aber jene Menschen, die sich getraut haben zu sprechen. Das muss unser aller Anliegen in der Gesellschaft sein, dass wir Menschen, die Opfer geworden sind, ermutigen zu sprechen."

Schönborn verwehrte sich aber gegen eine Kollektivschuld in der Kirche. "Es gibt keine Kollektivschuld. Weder von der Gesellschaft noch von der Kirche. Die Schuld tragen immer Menschen." Kritik übt der Kardinal auch an Caritas-Präsident Küberl, der gemeint hat, die Kirche müsse endlich lernen, die Dinge nicht bis zum letzten Moment zu verleugnen und zu verräumen. Wörtlich sagte Schönborn: "Das ist ein Pauschalurteil. Aber jedes Mal, wo etwas verleugnet wird, ist es eine Schande."

Keine Angst hat Schönborn vor den Drohungen des Vereins "Priester ohne Amt", der verurteilte Priester, die weiter in der Seelsorge tätig sind, outen möchte und betont, dass ihm keine solchen Fälle aus seiner Amtszeit bekannt seien. Der Verein müsse hier aufpassen, was er tue. Hier gehe es auch um den den Datenschautz. "Wenn jemandes Straffälligkeit verjährt ist, dann hat er vor dem Gesetz das Recht auf einen Leumund. Deshalb ist das Outen von solchen Namen ein durchaus problematischer Vorgang.", mahnte der Kardinal.

Zurückgewiesen wird von Schönborn auch die Behauptungen von Helmut Schüller, der drei Ursachen für Übergriffe Geistlicher auf Kinder und Jugendliche an sieht: Den Pflichtzölibat, die Sexualmoral und die autoritären Strukturen in der katholischen Kirche. "Ich würde keiner einzigen dieser Ursachen pauschal zustimmen. Wenn der Zölibat Schuld hätte, dann dürfte es in den Familien keinen Missbrauch geben.", verwehrte sich Kardinal Schönborn.

Zustimmung findet bei Schönborn die These des Augsburger Bischofs Walther Mixa, der der sexuellen Revolution Mitschuld an den Missbrauchsfällen gibt. Wörtlich betonte der Wiener Kardinal: "Absolut! Die Sexualisierung ist mitschuldig, das ist ein Faktum. Bitte erinnern Sie sich an das Jahr 1968. Diese Welle der sexuellen Freizügigkeit hat damals die ganze Gesellschaft erfasst. Ich brauch' gar nicht die Mühl-Kommune als negatives Beispiel nennen. Es gab Zeiten, in denen das in intellektuellen Kreisen durchaus hofiert wurde."

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