Gewaltsame Eskalation um Wallfahrtsorte im Heiligen Land

2. März 2010 in Weltkirche


Israel will biblische Grabstätten im Westjordanland, die auch für Muslime Wallfahrtsstätten sind, in sein "nationales Erbe" aufnehmen. Kulturpflege wird dadurch "zu einer hochpolitischen Aktion".


Jerusalem (Kath.net/Zenit.org )
Im Heiligen Land ist die Sicherheitslage derzeit wieder äußerst angespannt. In der vergangenen Woche lieferten sich palästinensische Steinewerfer fast täglich Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften in Hebron im Westjordanland, wie Associated Press berichtete. Am Sonntag sprangen die Unruhen auf den Tempelberg in Jerusalem über, wobei 22 Personen verletzt wurden. Am Vormittag warfen dort arabische Jugendliche Steine auf Besucher und die israelische Polizei schritt ein.

Beobachter, darunter Franziskanerpater Robert Jauch von der Kustodie des Heiligen Landes, fürchten eine weitere Eskalation. "Gott Dank für jeden Tag, an dem die Reaktionen nicht noch gewalttätiger werden", sagt Pater Robert Jauch. Hintergrund der Auseinandersetzungen ist die Kritik an der Entscheidung der israelischen Regierung vom 21. Februar, unter anderem die „Patriarchen-Gräber" in Hebron sowie das „Rachel-Grab" in Bethlehem in einem Plan für „nationales Erbe" aufzunehmen. Israelische Medien berichteten, dass die Entscheidung auf Druck aus national-religiösen Kreisen erfolgte.

Die biblischen Grabstätten liegen im Westjordanland. Die israelische Regierung erklärte, sie wolle die bedeutenden archäologischen Orte instand halten und deshalb Gelder dafür bereit halten. Kritikern hält sie entgegen, dass sie keinen ausschließlichen Anspruch erhebe, sondern sowohl jüdische als auch islamische Kultstätten gleichermaßen pflegen wolle. Im Gespräch mit ZENIT befürchtet jedoch Pater Robert Jauch: „Die offiziellen Erklärungen der Regierung vermögen weder die Palästinenser noch andere kritische Beobachter, wenn sie bereit sind, genau hinzuschauen, zufrieden zu stellen." Da Israel bezahle, signalisiere es damit Besitzansprüche auf die fraglichen Stätten. Kulturpflege werde hier zu einer „hochpolitischen Aktion".

Das Rachel-Grab sei immer auch Wallfahrtsort der Muslime gewesen. „Bei unerfülltem Kinderwunsch, bei Problemen in der Schwangerschaft, für die Bitte um eine gute Geburt etwa. In so wichtigen Lebensbereichen aller Menschen jeglicher religiöser Überzeugung spielen offensichtlich die religiösen Besonderheiten keine so große Rolle, und die Menschen rücken in ihrem existenziellen Hoffen und Bitten über manche Grenzen hinweg zusammen", sagt der deutsche Franziskanerpater.

Der jordanische König Abdullah appellierte am Sonntag bei einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas laut israelischen Medienberichten an die internationale Gemeinschaft, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um heilige Stätten im Osten Jerusalems vor unilateralen Schritten Israels zu bewahren". Abbas hatte zuvor die israelische Entscheidung als „Angriff auf die heiligen Stätten" bezeichnet. Die Hamas und Islamischer Dschihad riefen gar zu einem neuen Aufstand auf.


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